5. jährigen Ehe-Stande mit keiner Gebärde, viel- weniger mit einem Worte betrübt. Zehen Monat nach unserer Verehligung kam ich mit einer jungen Tochter ins Kind-Bette, welche aber nach an- derthalb Jahren an Masern starb, doch wurde die- ser Verlust bald wiederum ersetzt da ich zum an- dernmahle mit einem jungen Sohne nieder kam, worüber mein Ehe-Mann eine ungemeine Freude bezeigte, und mir um soviel | desto mehr Liebes-Be- zeigungen erwiese. Bey nahe zwey Jahr hernach erhielt mein Wilhelm die betrübte Nachricht, daß sein leiblicher Vater auf dem Cap der guten Hoff- nung Todes verblichen sey, weil nun derselbe in er- meldten Lande vor mehr vls 30000. Thaler werth Güter angebauet und besessen hatte; als beredete er sich dieserwegen mit seinem eintzigen Bruder und einer Schwester, fassete auch endlich den Schluß, selbige Güter in Besitz zu nehmen, und seinem Geschwister zwey Theile des Werths her- aus zugeben. Er fragte zwar vorhero mich um Rath, auch ob ich mich entschliessen könte, Euro- pam zu verlassen, und in einem andern Welt- Theile zu wohnen, beschrieb mir anbey die Lage und Lebens-Art in selbigem fernen Lande aus der- massen angenehm, so bald ich nun merckte, daß ihm so gar sehr viel daran gelegen wäre, gab ich al- sofort meinen Willen drein, und versprach, in sei- ner Gesellschafft viel lieber mit ans Ende der Welt zu reisen, als ohne ihn in Amsterdam zu bleiben. Demnach wurde aufs eiligste Anstalt zu unserer Reise gemacht, wir machten unsere besten Sa- chen theils zu Gelde, theils aber liessen wir selbige
im
5. jaͤhrigen Ehe-Stande mit keiner Gebaͤrde, viel- weniger mit einem Worte betruͤbt. Zehen Monat nach unſerer Verehligung kam ich mit einer jungen Tochter ins Kind-Bette, welche aber nach an- derthalb Jahren an Maſern ſtarb, doch wurde die- ſer Verluſt bald wiederum erſetzt da ich zum an- dernmahle mit einem jungen Sohne nieder kam, woruͤber mein Ehe-Mann eine ungemeine Freude bezeigte, und mir um ſoviel | deſto mehr Liebes-Be- zeigungen erwieſe. Bey nahe zwey Jahr hernach erhielt mein Wilhelm die betruͤbte Nachricht, daß ſein leiblicher Vater auf dem Cap der guten Hoff- nung Todes verblichen ſey, weil nun derſelbe in er- meldten Lande vor mehr vls 30000. Thaler werth Guͤter angebauet und beſeſſen hatte; als beredete er ſich dieſerwegen mit ſeinem eintzigen Bruder und einer Schweſter, faſſete auch endlich den Schluß, ſelbige Guͤter in Beſitz zu nehmen, und ſeinem Geſchwiſter zwey Theile des Werths her- aus zugeben. Er fragte zwar vorhero mich um Rath, auch ob ich mich entſchlieſſen koͤnte, Euro- pam zu verlaſſen, und in einem andern Welt- Theile zu wohnen, beſchrieb mir anbey die Lage und Lebens-Art in ſelbigem fernen Lande aus der- maſſen angenehm, ſo bald ich nun merckte, daß ihm ſo gar ſehr viel daran gelegen waͤre, gab ich al- ſofort meinen Willen drein, und verſprach, in ſei- ner Geſellſchafft viel lieber mit ans Ende der Welt zu reiſen, als ohne ihn in Amſterdam zu bleiben. Demnach wurde aufs eiligſte Anſtalt zu unſerer Reiſe gemacht, wir machten unſere beſten Sa- chen theils zu Gelde, theils aber lieſſen wir ſelbige
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5. jaͤhrigen Ehe-Stande mit keiner Gebaͤrde, viel-
weniger mit einem Worte betruͤbt. Zehen Monat
nach unſerer Verehligung kam ich mit einer jungen
Tochter ins Kind-Bette, welche aber nach an-
derthalb Jahren an Maſern ſtarb, doch wurde die-
ſer Verluſt bald wiederum erſetzt da ich zum an-
dernmahle mit einem jungen Sohne nieder kam,
woruͤber mein Ehe-Mann eine ungemeine Freude
bezeigte, und mir um ſoviel | deſto mehr Liebes-Be-
zeigungen erwieſe. Bey nahe zwey Jahr hernach
erhielt mein Wilhelm die betruͤbte Nachricht, daß
ſein leiblicher Vater auf dem Cap der guten Hoff-
nung Todes verblichen ſey, weil nun derſelbe in er-
meldten Lande vor mehr vls 30000. Thaler werth
Guͤter angebauet und beſeſſen hatte; als beredete
er ſich dieſerwegen mit ſeinem eintzigen Bruder
und einer Schweſter, faſſete auch endlich den
Schluß, ſelbige Guͤter in Beſitz zu nehmen, und
ſeinem Geſchwiſter zwey Theile des Werths her-
aus zugeben. Er fragte zwar vorhero mich um
Rath, auch ob ich mich entſchlieſſen koͤnte, Euro-
pam zu verlaſſen, und in einem andern Welt-
Theile zu wohnen, beſchrieb mir anbey die Lage
und Lebens-Art in ſelbigem fernen Lande aus der-
maſſen angenehm, ſo bald ich nun merckte, daß
ihm ſo gar ſehr viel daran gelegen waͤre, gab ich al-
ſofort meinen Willen drein, und verſprach, in ſei-
ner Geſellſchafft viel lieber mit ans Ende der Welt
zu reiſen, als ohne ihn in Amſterdam zu bleiben.
Demnach wurde aufs eiligſte Anſtalt zu unſerer
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage folgte schon 1732. Zum Zeitpunkt der Digitalisierung stand nur die dritte Auflage von 1740 zur Verfügung. (Link zur Erstausgabe: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:gbv:3:1-459276)
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 411. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/425>, abgerufen am 24.11.2024.
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