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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740.

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er sich über meine in wenig Wochen völlig wieder er-
langte Gesundheit.

Nach der Zeit bemühete sich Ambrosius, seine
lasterhaffte Mutter und schändliche Schwestern,
vermittelst einer grossen Geld-Summe von der fer-
nern Inquisition zu befreyen, zumahlen da ich ihnen
das mir zugefügte Unrecht von Hertzen vergeben hat-
te, allein er konte nichts erhalten, sondern muste der
Gerechtigkeit den Lauff lassen, weil sie nach der Zeit
überzeugt wurden, daß dieses schon das dritte Kind
sey, welches seine zwey ältesten Schwestern geboh-
ren, und mit Beyhülffe ihrer Mutter ermordet hät-
ten, weßwegen sie auch ihren verdienten Lohn em-
pfingen, indem die Mutter nebst den zwey ältesten
mit dem Leben büssen, die jüngste aber in ein Zucht-
Hauß wandern muste.

Jedoch, ehe noch dieses geschahe, reisete mein
Ambrosius mit mir nach Amsterdam, weil er ver-
muthlich dieses traurige Spectacul nicht abwarten
wolte, ließ sich aber doch noch in selbigem Jahre
mit mir ehelich verbinden, und ich kan nicht anders
sagen, als daß ich ein halbes Jahr lang ein recht
stilles und vergnügtes Leben mit ihm geführet habe,
indem er eine der besten Handlungen mit seinem
Compagnon daselbst anlegte. Allein, weil das
Verhängniß einmahl beschlossen hatte, daß meiner
Jugend Jahre in lauter Betrübniß zugebracht
werden solten, so muste mein getreuer Ambrosius
über Vermuthen den gefährlichsten Anfall der ro-
then Ruhr bekommen, welche ihn in 17. Tagen
dermassen abmattete, daß er seinen Geist darüber
aufgab, und im 31. Jahre seines Alters mich zu

einer
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er ſich uͤber meine in wenig Wochen voͤllig wieder er-
langte Geſundheit.

Nach der Zeit bemuͤhete ſich Ambroſius, ſeine
laſterhaffte Mutter und ſchaͤndliche Schweſtern,
vermittelſt einer groſſen Geld-Summe von der fer-
nern Inquiſition zu befreyen, zumahlen da ich ihnen
das mir zugefuͤgte Unrecht von Hertzen vergeben hat-
te, allein er konte nichts erhalten, ſondern muſte der
Gerechtigkeit den Lauff laſſen, weil ſie nach der Zeit
uͤberzeugt wurden, daß dieſes ſchon das dritte Kind
ſey, welches ſeine zwey aͤlteſten Schweſtern geboh-
ren, und mit Beyhuͤlffe ihrer Mutter ermordet haͤt-
ten, weßwegen ſie auch ihren verdienten Lohn em-
pfingen, indem die Mutter nebſt den zwey aͤlteſten
mit dem Leben buͤſſen, die juͤngſte aber in ein Zucht-
Hauß wandern muſte.

Jedoch, ehe noch dieſes geſchahe, reiſete mein
Ambroſius mit mir nach Amſterdam, weil er ver-
muthlich dieſes traurige Spectacul nicht abwarten
wolte, ließ ſich aber doch noch in ſelbigem Jahre
mit mir ehelich verbinden, und ich kan nicht anders
ſagen, als daß ich ein halbes Jahr lang ein recht
ſtilles und vergnuͤgtes Leben mit ihm gefuͤhret habe,
indem er eine der beſten Handlungen mit ſeinem
Compagnon daſelbſt anlegte. Allein, weil das
Verhaͤngniß einmahl beſchloſſen hatte, daß meiner
Jugend Jahre in lauter Betruͤbniß zugebracht
werden ſolten, ſo muſte mein getreuer Ambroſius
uͤber Vermuthen den gefaͤhrlichſten Anfall der ro-
then Ruhr bekommen, welche ihn in 17. Tagen
dermaſſen abmattete, daß er ſeinen Geiſt daruͤber
aufgab, und im 31. Jahre ſeines Alters mich zu

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[409/0423] er ſich uͤber meine in wenig Wochen voͤllig wieder er- langte Geſundheit. Nach der Zeit bemuͤhete ſich Ambroſius, ſeine laſterhaffte Mutter und ſchaͤndliche Schweſtern, vermittelſt einer groſſen Geld-Summe von der fer- nern Inquiſition zu befreyen, zumahlen da ich ihnen das mir zugefuͤgte Unrecht von Hertzen vergeben hat- te, allein er konte nichts erhalten, ſondern muſte der Gerechtigkeit den Lauff laſſen, weil ſie nach der Zeit uͤberzeugt wurden, daß dieſes ſchon das dritte Kind ſey, welches ſeine zwey aͤlteſten Schweſtern geboh- ren, und mit Beyhuͤlffe ihrer Mutter ermordet haͤt- ten, weßwegen ſie auch ihren verdienten Lohn em- pfingen, indem die Mutter nebſt den zwey aͤlteſten mit dem Leben buͤſſen, die juͤngſte aber in ein Zucht- Hauß wandern muſte. Jedoch, ehe noch dieſes geſchahe, reiſete mein Ambroſius mit mir nach Amſterdam, weil er ver- muthlich dieſes traurige Spectacul nicht abwarten wolte, ließ ſich aber doch noch in ſelbigem Jahre mit mir ehelich verbinden, und ich kan nicht anders ſagen, als daß ich ein halbes Jahr lang ein recht ſtilles und vergnuͤgtes Leben mit ihm gefuͤhret habe, indem er eine der beſten Handlungen mit ſeinem Compagnon daſelbſt anlegte. Allein, weil das Verhaͤngniß einmahl beſchloſſen hatte, daß meiner Jugend Jahre in lauter Betruͤbniß zugebracht werden ſolten, ſo muſte mein getreuer Ambroſius uͤber Vermuthen den gefaͤhrlichſten Anfall der ro- then Ruhr bekommen, welche ihn in 17. Tagen dermaſſen abmattete, daß er ſeinen Geiſt daruͤber aufgab, und im 31. Jahre ſeines Alters mich zu einer C c 5

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 409. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/423>, abgerufen am 28.11.2024.