muste er mich einem guteen Meister der Sprachen übergeben, bey dem ich mich dergestalt angriff, daß ich binnen Jahres Frist mehr gefasset, als andere, die mich an Jahren weit übertraffen.
Eines Tages, da ich auf denjenigen Platz spatzi- ren gieng, wo ein neues Regiment Soldaten gemu- stert werden solte, fiel mir ein Mann in die Augen, der von allen andern Menschen sonderbar respecti- ret wurde. Jch fragte einen bey mir stehenden al- ten Mann: Wer dieser Herr sey? und bekam zur Antwort: Daß dieses derjenige Mann sey/ welcher der gantzen Nation Freyheit und Glückseeligkeit wie- der hergestellet hätte, der auch einem jeden Unter- drückten sein rechtes Recht verschaffte. Wie heisset er mit Nahmen? war meine weitere Frage, worauf mir der Alte zur Antwort gab: Er heisset Oliverius Cromwell, und ist nunmehro des gantzen Landes Protector.
Jch stund eine kleine Weile in Gedancken, und fragte meinen Alten nochmals: Solte denn dieser Oliverius Cromwell im Ernste so ein redlicher Mann seyn?
Jndem kehrete sich Cromwell selbst gegen mich, und sahe mir starr unter die Augen. Jch sahe ihn nicht weniger starr an, und brach plötzlich mit uner- schrockenem Muthe in folgende Worte aus: Mein Herr, verzeihet mir! ich höre, daß ihr derjenige Mann seyn sollet, der einem jeden, er sey auch wer er sey, sein rechtes Recht verschaffe, derowegen liegt es nur an euch, dieserwegen eine Probe an mir abzulegen, weil schwerlich ein gebohrner vornehmer Engelländer härter und unschuldiger gedrückt ist, als eben ich.
Crom-
muſte er mich einem guteen Meiſter der Sprachen uͤbergeben, bey dem ich mich dergeſtalt angriff, daß ich binnen Jahres Friſt mehr gefaſſet, als andere, die mich an Jahren weit uͤbertraffen.
Eines Tages, da ich auf denjenigen Platz ſpatzi- ren gieng, wo ein neues Regiment Soldaten gemu- ſtert werden ſolte, fiel mir ein Mann in die Augen, der von allen andern Menſchen ſonderbar reſpecti- ret wurde. Jch fragte einen bey mir ſtehenden al- ten Mann: Wer dieſer Herr ſey? und bekam zur Antwort: Daß dieſes derjenige Mann ſey/ welcher der gantzen Nation Freyheit und Gluͤckſeeligkeit wie- der hergeſtellet haͤtte, der auch einem jeden Unter- druͤckten ſein rechtes Recht verſchaffte. Wie heiſſet er mit Nahmen? war meine weitere Frage, worauf mir der Alte zur Antwort gab: Er heiſſet Oliverius Cromwell, und iſt nunmehro des gantzen Landes Protector.
Jch ſtund eine kleine Weile in Gedancken, und fragte meinen Alten nochmals: Solte denn dieſer Oliverius Cromwell im Ernſte ſo ein redlicher Mann ſeyn?
Jndem kehrete ſich Cromwell ſelbſt gegen mich, und ſahe mir ſtarr unter die Augen. Jch ſahe ihn nicht weniger ſtarr an, und brach ploͤtzlich mit uner- ſchrockenem Muthe in folgende Worte aus: Mein Herr, verzeihet mir! ich hoͤre, daß ihr derjenige Mañ ſeyn ſollet, der einem jeden, er ſey auch wer er ſey, ſein rechtes Recht verſchaffe, derowegen liegt es nur an euch, dieſerwegen eine Probe an mir abzulegen, weil ſchwerlich ein gebohrner vornehmer Engellaͤnder haͤrter und unſchuldiger gedruͤckt iſt, als eben ich.
Crom-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0362"n="348"/>
muſte er mich einem guteen Meiſter der Sprachen<lb/>
uͤbergeben, bey dem ich mich dergeſtalt angriff, daß<lb/>
ich binnen Jahres Friſt mehr gefaſſet, als andere, die<lb/>
mich an Jahren weit uͤbertraffen.</p><lb/><p>Eines Tages, da ich auf denjenigen Platz ſpatzi-<lb/>
ren gieng, wo ein neues <hirendition="#aq">Regiment</hi> Soldaten gemu-<lb/>ſtert werden ſolte, fiel mir ein Mann in die Augen,<lb/>
der von allen andern Menſchen ſonderbar <hirendition="#aq">reſpecti-</hi><lb/>
ret wurde. Jch fragte einen bey mir ſtehenden al-<lb/>
ten Mann: Wer dieſer Herr ſey? und bekam zur<lb/>
Antwort: Daß dieſes derjenige Mann ſey/ welcher<lb/>
der gantzen <hirendition="#aq">Nation</hi> Freyheit und Gluͤckſeeligkeit wie-<lb/>
der hergeſtellet haͤtte, der auch einem jeden Unter-<lb/>
druͤckten ſein rechtes Recht verſchaffte. Wie heiſſet<lb/>
er mit Nahmen? war meine weitere Frage, worauf<lb/>
mir der Alte zur Antwort gab: Er heiſſet <hirendition="#aq">Oliverius<lb/>
Cromwell,</hi> und iſt nunmehro des gantzen Landes<lb/><hirendition="#aq">Protector.</hi></p><lb/><p>Jch ſtund eine kleine Weile in Gedancken, und<lb/>
fragte meinen Alten nochmals: Solte denn dieſer<lb/><hirendition="#aq">Oliverius Cromwell</hi> im Ernſte ſo ein redlicher<lb/>
Mann ſeyn?</p><lb/><p>Jndem kehrete ſich <hirendition="#aq">Cromwell</hi>ſelbſt gegen mich,<lb/>
und ſahe mir ſtarr unter die Augen. Jch ſahe ihn<lb/>
nicht weniger ſtarr an, und brach ploͤtzlich mit uner-<lb/>ſchrockenem Muthe in folgende Worte aus: Mein<lb/>
Herr, verzeihet mir! ich hoͤre, daß ihr derjenige Mañ<lb/>ſeyn ſollet, der einem jeden, er ſey auch wer er ſey, ſein<lb/>
rechtes Recht verſchaffe, derowegen liegt es nur an<lb/>
euch, dieſerwegen eine Probe an mir abzulegen, weil<lb/>ſchwerlich ein gebohrner vornehmer Engellaͤnder<lb/>
haͤrter und unſchuldiger gedruͤckt iſt, als eben ich.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#aq">Crom-</hi></fw><lb/></div></body></text></TEI>
[348/0362]
muſte er mich einem guteen Meiſter der Sprachen
uͤbergeben, bey dem ich mich dergeſtalt angriff, daß
ich binnen Jahres Friſt mehr gefaſſet, als andere, die
mich an Jahren weit uͤbertraffen.
Eines Tages, da ich auf denjenigen Platz ſpatzi-
ren gieng, wo ein neues Regiment Soldaten gemu-
ſtert werden ſolte, fiel mir ein Mann in die Augen,
der von allen andern Menſchen ſonderbar reſpecti-
ret wurde. Jch fragte einen bey mir ſtehenden al-
ten Mann: Wer dieſer Herr ſey? und bekam zur
Antwort: Daß dieſes derjenige Mann ſey/ welcher
der gantzen Nation Freyheit und Gluͤckſeeligkeit wie-
der hergeſtellet haͤtte, der auch einem jeden Unter-
druͤckten ſein rechtes Recht verſchaffte. Wie heiſſet
er mit Nahmen? war meine weitere Frage, worauf
mir der Alte zur Antwort gab: Er heiſſet Oliverius
Cromwell, und iſt nunmehro des gantzen Landes
Protector.
Jch ſtund eine kleine Weile in Gedancken, und
fragte meinen Alten nochmals: Solte denn dieſer
Oliverius Cromwell im Ernſte ſo ein redlicher
Mann ſeyn?
Jndem kehrete ſich Cromwell ſelbſt gegen mich,
und ſahe mir ſtarr unter die Augen. Jch ſahe ihn
nicht weniger ſtarr an, und brach ploͤtzlich mit uner-
ſchrockenem Muthe in folgende Worte aus: Mein
Herr, verzeihet mir! ich hoͤre, daß ihr derjenige Mañ
ſeyn ſollet, der einem jeden, er ſey auch wer er ſey, ſein
rechtes Recht verſchaffe, derowegen liegt es nur an
euch, dieſerwegen eine Probe an mir abzulegen, weil
ſchwerlich ein gebohrner vornehmer Engellaͤnder
haͤrter und unſchuldiger gedruͤckt iſt, als eben ich.
Crom-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage folgte schon 1732. Zum Zeitpunkt der Digitalisierung stand nur die dritte Auflage von 1740 zur Verfügung. (Link zur Erstausgabe: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:gbv:3:1-459276)
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 348. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/362>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.