Ober-Richter trägt, meinen Vater und Mutter eines Diebstahls halber anklagt, und es dahin bringt, daß beyde zugleich plötzlich, unwissend warum, gefangen und in Ketten und Banden geschlossen werden.
Anfänglich vermeynet mein Vater, seine Fein- de am Königlichen Hofe würden ihn allhier aus- gekundschafft und feste gemacht haben, erschrickt aber desto hefftiger, als man ihn so wohl als meine Mutter wegen des Diebstahls, den sie bey der ver- storbenen Müllerin unternommen haben folten, zur rede setzt. Sintemal aber in diesem Stücke bey- de ein gut Gewissen haben, und fernere Weit- läufftigkeiten zu vermeiden, dem Ober-Richter die gantze Sache offenbahren, werden sie zwar nach fernern weitläufftigen Untersuchungen von des Müllers Anklage loß gesprochen, jedennoch so lan- ge in gefänglicher Hafft behalten, biß sie ihres Standes und Wesens halber gewissere Versiche- rungen einbrächten, weiln das Vorgeben wegen eines vertriebenen Schulmeisters falsch befunden worden, und der Ober-Richter, ich weiß nicht was vor andere verdächtige Personen, in ihrer Haut gesucht.
Mittlerweile lieff ich armer 6. jähriger Wurm in der Jrre herum, und nehrete mich von den Bro- samen, die von frembder Leute Tische fielen, hatte zwar öffters Erlaubniß, meine Eltern in ihren Ge- fängnisse zu besuchen, welche aber, so offt sie mich sahen, die bittersten Thränen vergossen, und vor Jammer hätten vergehen mögen. Da ich nun solchergestalt wenig Freude bey ihnen hatte, kam
ich
Ober-Richter traͤgt, meinen Vater und Mutter eines Diebſtahls halber anklagt, und es dahin bringt, daß beyde zugleich ploͤtzlich, unwiſſend warum, gefangen und in Ketten und Banden geſchloſſen werden.
Anfaͤnglich vermeynet mein Vater, ſeine Fein- de am Koͤniglichen Hofe wuͤrden ihn allhier aus- gekundſchafft und feſte gemacht haben, erſchrickt aber deſto hefftiger, als man ihn ſo wohl als meine Mutter wegen des Diebſtahls, den ſie bey der ver- ſtorbenen Muͤllerin unternommen haben folten, zur rede ſetzt. Sintemal aber in dieſem Stuͤcke bey- de ein gut Gewiſſen haben, und fernere Weit- laͤufftigkeiten zu vermeiden, dem Ober-Richter die gantze Sache offenbahren, werden ſie zwar nach fernern weitlaͤufftigen Unterſuchungen von des Muͤllers Anklage loß geſprochen, jedennoch ſo lan- ge in gefaͤnglicher Hafft behalten, biß ſie ihres Standes und Weſens halber gewiſſere Verſiche- rungen einbraͤchten, weiln das Vorgeben wegen eines vertriebenen Schulmeiſters falſch befunden worden, und der Ober-Richter, ich weiß nicht was vor andere verdaͤchtige Perſonen, in ihrer Haut geſucht.
Mittlerweile lieff ich armer 6. jaͤhriger Wurm in der Jrre herum, und nehrete mich von den Bro- ſamen, die von frembder Leute Tiſche fielen, hatte zwar oͤffters Erlaubniß, meine Eltern in ihren Ge- faͤngniſſe zu beſuchen, welche aber, ſo offt ſie mich ſahen, die bitterſten Thraͤnen vergoſſen, und vor Jammer haͤtten vergehen moͤgen. Da ich nun ſolchergeſtalt wenig Freude bey ihnen hatte, kam
ich
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Ober-Richter traͤgt, meinen Vater und Mutter
eines Diebſtahls halber anklagt, und es dahin
bringt, daß beyde zugleich ploͤtzlich, unwiſſend
warum, gefangen und in Ketten und Banden
geſchloſſen werden.
Anfaͤnglich vermeynet mein Vater, ſeine Fein-
de am Koͤniglichen Hofe wuͤrden ihn allhier aus-
gekundſchafft und feſte gemacht haben, erſchrickt
aber deſto hefftiger, als man ihn ſo wohl als meine
Mutter wegen des Diebſtahls, den ſie bey der ver-
ſtorbenen Muͤllerin unternommen haben folten, zur
rede ſetzt. Sintemal aber in dieſem Stuͤcke bey-
de ein gut Gewiſſen haben, und fernere Weit-
laͤufftigkeiten zu vermeiden, dem Ober-Richter die
gantze Sache offenbahren, werden ſie zwar nach
fernern weitlaͤufftigen Unterſuchungen von des
Muͤllers Anklage loß geſprochen, jedennoch ſo lan-
ge in gefaͤnglicher Hafft behalten, biß ſie ihres
Standes und Weſens halber gewiſſere Verſiche-
rungen einbraͤchten, weiln das Vorgeben wegen
eines vertriebenen Schulmeiſters falſch befunden
worden, und der Ober-Richter, ich weiß nicht was
vor andere verdaͤchtige Perſonen, in ihrer Haut
geſucht.
Mittlerweile lieff ich armer 6. jaͤhriger Wurm
in der Jrre herum, und nehrete mich von den Bro-
ſamen, die von frembder Leute Tiſche fielen, hatte
zwar oͤffters Erlaubniß, meine Eltern in ihren Ge-
faͤngniſſe zu beſuchen, welche aber, ſo offt ſie mich
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage folgte schon 1732. Zum Zeitpunkt der Digitalisierung stand nur die dritte Auflage von 1740 zur Verfügung. (Link zur Erstausgabe: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:gbv:3:1-459276)
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 342. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/356>, abgerufen am 25.11.2024.
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