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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740.

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lichen Gegen-Liebe von mir empfangen habt, als ein
rechtschaffener Mensch von einem honetten Frauen-
zimmer verlangen kan. Dem ohngeachtet habt ihr
euer veränderliches Gemüthe unmöglich verbergen
können. Jedoch es ist vorbey, und es soll euch
Seiten meiner alles hertzlich vergeben seyn. Jch
schwere auch zu GOtt, daß ich dieser wegen nim-
mermehr die geringste Feindschafft gegen eure Per-
son hegen, anbey aber auch nimmermehr eure Ehe-
Gattin werden will, weil die Furcht wegen der zu-
künfftigen Unbeständigkeit so wohl euch als mir bloß
zur beständigen Marter und Quaal gereichen würde.

Alle Anwesenden stutzten gewaltig hierüber,
wandten auch so wohl als der Neu-Verliebte allen
Fleiß und Beredsamkeit an, meine Schwester
ausbessern Sinn zu bringen, jedoch es halff alles
nichts, sondern der unbeständige Liebhaber muste
wohlverdienter weise nunmehro bey beyden
Schwestern durch den Korb zu fallen sich belie-
ben lassen.

Solchergestalt nun wurden wir beyden Schwe-
ster wiederum ziemlich einig, wiewohl die Eltern
mit unsern eigensinnigen Köpffen nicht allerdings
zufrieden waren, indem sich bey uns nicht die ge-
ringste Lust zu heyrathen, oder wenigstens mit
Manns-Personen umzugehen zeigen wolte.

Endlich, da nach erwehnten unglücklichen Hey-
raths-Tractaten fast anderthalbes Jahr verstrichen
war, fand ein junger, etwa 28. jähriger Cavalier
allerhand artige Mittel, sich bey meiner Schwester
einzuschmeicheln. Er hielt starcke Freundschafft
mit meinen Brüdern, nennete sich Alexander de

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lichen Gegen-Liebe von mir empfangen habt, als ein
rechtſchaffener Menſch von einem honetten Frauen-
zimmer verlangen kan. Dem ohngeachtet habt ihr
euer veraͤnderliches Gemuͤthe unmoͤglich verbergen
koͤnnen. Jedoch es iſt vorbey, und es ſoll euch
Seiten meiner alles hertzlich vergeben ſeyn. Jch
ſchwere auch zu GOtt, daß ich dieſer wegen nim-
mermehr die geringſte Feindſchafft gegen eure Per-
ſon hegen, anbey aber auch nimmermehr eure Ehe-
Gattin werden will, weil die Furcht wegen der zu-
kuͤnfftigen Unbeſtaͤndigkeit ſo wohl euch als mir bloß
zur beſtaͤndigen Marter und Quaal gereichen wuͤrde.

Alle Anweſenden ſtutzten gewaltig hieruͤber,
wandten auch ſo wohl als der Neu-Verliebte allen
Fleiß und Beredſamkeit an, meine Schweſter
auſbeſſern Sinn zu bringen, jedoch es halff alles
nichts, ſondern der unbeſtaͤndige Liebhaber muſte
wohlverdienter weiſe nunmehro bey beyden
Schweſtern durch den Korb zu fallen ſich belie-
ben laſſen.

Solchergeſtalt nun wurden wir beyden Schwe-
ſter wiederum ziemlich einig, wiewohl die Eltern
mit unſern eigenſinnigen Koͤpffen nicht allerdings
zufrieden waren, indem ſich bey uns nicht die ge-
ringſte Luſt zu heyrathen, oder wenigſtens mit
Manns-Perſonen umzugehen zeigen wolte.

Endlich, da nach erwehnten ungluͤcklichen Hey-
raths-Tractaten faſt anderthalbes Jahr verſtrichen
war, fand ein junger, etwa 28. jaͤhriger Cavalier
allerhand artige Mittel, ſich bey meiner Schweſter
einzuſchmeicheln. Er hielt ſtarcke Freundſchafft
mit meinen Bruͤdern, nennete ſich Alexander de

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[313/0327] lichen Gegen-Liebe von mir empfangen habt, als ein rechtſchaffener Menſch von einem honetten Frauen- zimmer verlangen kan. Dem ohngeachtet habt ihr euer veraͤnderliches Gemuͤthe unmoͤglich verbergen koͤnnen. Jedoch es iſt vorbey, und es ſoll euch Seiten meiner alles hertzlich vergeben ſeyn. Jch ſchwere auch zu GOtt, daß ich dieſer wegen nim- mermehr die geringſte Feindſchafft gegen eure Per- ſon hegen, anbey aber auch nimmermehr eure Ehe- Gattin werden will, weil die Furcht wegen der zu- kuͤnfftigen Unbeſtaͤndigkeit ſo wohl euch als mir bloß zur beſtaͤndigen Marter und Quaal gereichen wuͤrde. Alle Anweſenden ſtutzten gewaltig hieruͤber, wandten auch ſo wohl als der Neu-Verliebte allen Fleiß und Beredſamkeit an, meine Schweſter auſbeſſern Sinn zu bringen, jedoch es halff alles nichts, ſondern der unbeſtaͤndige Liebhaber muſte wohlverdienter weiſe nunmehro bey beyden Schweſtern durch den Korb zu fallen ſich belie- ben laſſen. Solchergeſtalt nun wurden wir beyden Schwe- ſter wiederum ziemlich einig, wiewohl die Eltern mit unſern eigenſinnigen Koͤpffen nicht allerdings zufrieden waren, indem ſich bey uns nicht die ge- ringſte Luſt zu heyrathen, oder wenigſtens mit Manns-Perſonen umzugehen zeigen wolte. Endlich, da nach erwehnten ungluͤcklichen Hey- raths-Tractaten faſt anderthalbes Jahr verſtrichen war, fand ein junger, etwa 28. jaͤhriger Cavalier allerhand artige Mittel, ſich bey meiner Schweſter einzuſchmeicheln. Er hielt ſtarcke Freundſchafft mit meinen Bruͤdern, nennete ſich Alexander de la U 5

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 313. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/327>, abgerufen am 17.05.2024.