Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740.

Bild:
<< vorherige Seite

Ungarische Gold. Gegen Westen zu stiegen wir
auf die Klippen, allwo uns der Alt-Vater den Ort
zeigete, wo vor diesen auf beyden Seiten des
Flusses ein ordentlicher und bequemer Eingang zur
Jnsul gewesen, doch hätte nunmehro vor langen
Jahren ein unbändig grosses Felsen-Stück densel-
ben verschüttet, nachdem es zerbosten, und plötz-
lich herab geschossen wäre, wie er uns denn in den
Verfolg seiner Geschichts-Erzählung deßfalls nähe-
re Nachricht zu ertheilen versprach. Jmmittelst
war zu verwundern, und lustig anzusehen, wie, dem
ohngeacht, der starcke Arm des Flusses seinen Aus-
fall allhier behalten, indem das Wasser mit gröster
Gewalt, und an vielen Orten etliche Ellen hoch,
zwischen dem Gesteine heraus stürtzte. Ohnfern
vom Flusse betrachteten wir das vortreffliche und
so höchst-nutzbare Saltz-Gebirge, in dessen ge-
machten Gruben das schönste Sal gemmae, oder
Stein-Saltz war, und etwa 100. Schritt von
demselben zeigte man uns 4. Lachen oder Pfützen,
worinnen sich die schärffste Sole zum Saltz-Sieden
befand, welche diejenigen Einwohner, so schön
Saltz verlangten, in Gefässen an die Sonne setzten,
das Wasser abrauchen liessen, und hernach das
schönste reinste Saltz aus dem Gefässe heraus
schabten, gewöhnlicher Weise aber brauchten alle
nur das feinste vom Stein-Saltze. Sonsten fand
sich in dasigen Feldern ein Wein-Gebürge von sehr
guter Art, wie sie uns denn nebst allerhand guten
Speisen, eine starcke Probe davon vortrugen; durch
den Wald war eine breite Strasse gehauen, allwo
man von der Alberts-Burg her, auf das unten

am

Ungariſche Gold. Gegen Weſten zu ſtiegen wir
auf die Klippen, allwo uns der Alt-Vater den Ort
zeigete, wo vor dieſen auf beyden Seiten des
Fluſſes ein ordentlicher und bequemer Eingang zur
Jnſul geweſen, doch haͤtte nunmehro vor langen
Jahren ein unbaͤndig groſſes Felſen-Stuͤck denſel-
ben verſchuͤttet, nachdem es zerboſten, und ploͤtz-
lich herab geſchoſſen waͤre, wie er uns denn in den
Verfolg ſeiner Geſchichts-Erzaͤhlung deßfalls naͤhe-
re Nachricht zu ertheilen verſprach. Jmmittelſt
war zu verwundern, und luſtig anzuſehen, wie, dem
ohngeacht, der ſtarcke Arm des Fluſſes ſeinen Aus-
fall allhier behalten, indem das Waſſer mit groͤſter
Gewalt, und an vielen Orten etliche Ellen hoch,
zwiſchen dem Geſteine heraus ſtuͤrtzte. Ohnfern
vom Fluſſe betrachteten wir das vortreffliche und
ſo hoͤchſt-nutzbare Saltz-Gebirge, in deſſen ge-
machten Gruben das ſchoͤnſte Sal gemmæ, oder
Stein-Saltz war, und etwa 100. Schritt von
demſelben zeigte man uns 4. Lachen oder Pfuͤtzen,
worinnen ſich die ſchaͤrffſte Sole zum Saltz-Sieden
befand, welche diejenigen Einwohner, ſo ſchoͤn
Saltz verlangten, in Gefaͤſſen an die Sonne ſetzten,
das Waſſer abrauchen lieſſen, und hernach das
ſchoͤnſte reinſte Saltz aus dem Gefaͤſſe heraus
ſchabten, gewoͤhnlicher Weiſe aber brauchten alle
nur das feinſte vom Stein-Saltze. Sonſten fand
ſich in daſigen Feldern ein Wein-Gebuͤrge von ſehr
guter Art, wie ſie uns denn nebſt allerhand guten
Speiſen, eine ſtarcke Probe davon vortrugen; durch
den Wald war eine breite Straſſe gehauen, allwo
man von der Alberts-Burg her, auf das unten

am
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0174" n="160"/>
Ungari&#x017F;che Gold. Gegen We&#x017F;ten zu &#x017F;tiegen wir<lb/>
auf die Klippen, allwo uns der Alt-Vater den Ort<lb/>
zeigete, wo vor die&#x017F;en auf beyden Seiten des<lb/>
Flu&#x017F;&#x017F;es ein ordentlicher und bequemer Eingang zur<lb/>
Jn&#x017F;ul gewe&#x017F;en, doch ha&#x0364;tte nunmehro vor langen<lb/>
Jahren ein unba&#x0364;ndig gro&#x017F;&#x017F;es Fel&#x017F;en-Stu&#x0364;ck den&#x017F;el-<lb/>
ben ver&#x017F;chu&#x0364;ttet, nachdem es zerbo&#x017F;ten, und plo&#x0364;tz-<lb/>
lich herab ge&#x017F;cho&#x017F;&#x017F;en wa&#x0364;re, wie er uns denn in den<lb/>
Verfolg &#x017F;einer Ge&#x017F;chichts-Erza&#x0364;hlung deßfalls na&#x0364;he-<lb/>
re Nachricht zu ertheilen ver&#x017F;prach. Jmmittel&#x017F;t<lb/>
war zu verwundern, und lu&#x017F;tig anzu&#x017F;ehen, wie, dem<lb/>
ohngeacht, der &#x017F;tarcke Arm des Flu&#x017F;&#x017F;es &#x017F;einen Aus-<lb/>
fall allhier behalten, indem das Wa&#x017F;&#x017F;er mit gro&#x0364;&#x017F;ter<lb/>
Gewalt, und an vielen Orten etliche Ellen hoch,<lb/>
zwi&#x017F;chen dem Ge&#x017F;teine heraus &#x017F;tu&#x0364;rtzte. Ohnfern<lb/>
vom Flu&#x017F;&#x017F;e betrachteten wir das vortreffliche und<lb/>
&#x017F;o ho&#x0364;ch&#x017F;t-nutzbare Saltz-Gebirge, in de&#x017F;&#x017F;en ge-<lb/>
machten Gruben das &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;te <hi rendition="#aq">Sal gemmæ,</hi> oder<lb/>
Stein-Saltz war, und etwa 100. Schritt von<lb/>
dem&#x017F;elben zeigte man uns 4. Lachen oder Pfu&#x0364;tzen,<lb/>
worinnen &#x017F;ich die &#x017F;cha&#x0364;rff&#x017F;te Sole zum Saltz-Sieden<lb/>
befand, welche diejenigen Einwohner, &#x017F;o &#x017F;cho&#x0364;n<lb/>
Saltz verlangten, in Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;en an die Sonne &#x017F;etzten,<lb/>
das Wa&#x017F;&#x017F;er abrauchen lie&#x017F;&#x017F;en, und hernach das<lb/>
&#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;te rein&#x017F;te Saltz aus dem Gefa&#x0364;&#x017F;&#x017F;e heraus<lb/>
&#x017F;chabten, gewo&#x0364;hnlicher Wei&#x017F;e aber brauchten alle<lb/>
nur das fein&#x017F;te vom Stein-Saltze. Son&#x017F;ten fand<lb/>
&#x017F;ich in da&#x017F;igen Feldern ein Wein-Gebu&#x0364;rge von &#x017F;ehr<lb/>
guter Art, wie &#x017F;ie uns denn neb&#x017F;t allerhand guten<lb/>
Spei&#x017F;en, eine &#x017F;tarcke Probe davon vortrugen; durch<lb/>
den Wald war eine breite Stra&#x017F;&#x017F;e gehauen, allwo<lb/>
man von der <hi rendition="#aq">Alberts</hi>-Burg her, auf das unten<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">am</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[160/0174] Ungariſche Gold. Gegen Weſten zu ſtiegen wir auf die Klippen, allwo uns der Alt-Vater den Ort zeigete, wo vor dieſen auf beyden Seiten des Fluſſes ein ordentlicher und bequemer Eingang zur Jnſul geweſen, doch haͤtte nunmehro vor langen Jahren ein unbaͤndig groſſes Felſen-Stuͤck denſel- ben verſchuͤttet, nachdem es zerboſten, und ploͤtz- lich herab geſchoſſen waͤre, wie er uns denn in den Verfolg ſeiner Geſchichts-Erzaͤhlung deßfalls naͤhe- re Nachricht zu ertheilen verſprach. Jmmittelſt war zu verwundern, und luſtig anzuſehen, wie, dem ohngeacht, der ſtarcke Arm des Fluſſes ſeinen Aus- fall allhier behalten, indem das Waſſer mit groͤſter Gewalt, und an vielen Orten etliche Ellen hoch, zwiſchen dem Geſteine heraus ſtuͤrtzte. Ohnfern vom Fluſſe betrachteten wir das vortreffliche und ſo hoͤchſt-nutzbare Saltz-Gebirge, in deſſen ge- machten Gruben das ſchoͤnſte Sal gemmæ, oder Stein-Saltz war, und etwa 100. Schritt von demſelben zeigte man uns 4. Lachen oder Pfuͤtzen, worinnen ſich die ſchaͤrffſte Sole zum Saltz-Sieden befand, welche diejenigen Einwohner, ſo ſchoͤn Saltz verlangten, in Gefaͤſſen an die Sonne ſetzten, das Waſſer abrauchen lieſſen, und hernach das ſchoͤnſte reinſte Saltz aus dem Gefaͤſſe heraus ſchabten, gewoͤhnlicher Weiſe aber brauchten alle nur das feinſte vom Stein-Saltze. Sonſten fand ſich in daſigen Feldern ein Wein-Gebuͤrge von ſehr guter Art, wie ſie uns denn nebſt allerhand guten Speiſen, eine ſtarcke Probe davon vortrugen; durch den Wald war eine breite Straſſe gehauen, allwo man von der Alberts-Burg her, auf das unten am

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/174
Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/174>, abgerufen am 24.11.2024.