cher Grösse ich mich ansänglich scheuete, derowegen Mons. van Leuven und Lemelie herbey rieff, wel- cher letztere so gleich ausrieff: Abermahls ein schönes Wildpret gefunden! Monsieur Albert, ihr seyd recht glücklich.
Wir hatten fast alle drey genug zu thun, ehe wir, auf des Lemelie Anweisung, dergleichen wunderba- re Creatur umwenden und auf den Rücken legen konten. Mit anbrechenden Morgen wurde eine mittelmäßige geschlachtet, Lemelie richtete dieselbe seiner Erfahrung nach appetitlich zu, und wir fan- den hieran eine ausserordentlich angenehme Speise, an welcher sich sonderlich Concordia fast nicht satt essen konte. Doch da dieselbe nachhero besondere Lust verspüren ließ ein Feder-Wildpret zu essen, wel- ches besser als die Kropff-Vögel schmeckte, gaben wir uns alle drey die gröste Müh, auf andere Arten von Vögeln zu lauren, und selbige zu schiessen.
Jm Klettern war mir leichtlich niemand über- legen, weil ich von Natur gar nicht zum Schwin- del geneigt bin, als nun vermerckte, daß sich oben auf den höchsten Spitzen der Felsen andere Gat- tunge Vögel hören und sehen liessen; war meine Verwegenheit so groß, daß ich durch allerhand Umwege immer höher von einer Spitze zur andern kletterte, und nicht eher nachließ, biß ich auf den allerhöchsten Gipffel gelangt war, allwo alle meine Sinnen auf einmahl mit dem allergrösten Vergnü- gen von der Welt erfüllet wurden. Denn es fiel mir durch einen eintzigen Blick das gantze Lust- Revier dieser Felsen-Jnsel in die Augen, welches rings herum von der Natur mit dergleichen star-
cken
cher Groͤſſe ich mich anſaͤnglich ſcheuete, derowegen Monſ. van Leuven und Lemelie herbey rieff, wel- cher letztere ſo gleich ausrieff: Abermahls ein ſchoͤnes Wildpret gefunden! Monſieur Albert, ihr ſeyd recht gluͤcklich.
Wir hatten faſt alle drey genug zu thun, ehe wir, auf des Lemelie Anweiſung, dergleichen wunderba- re Creatur umwenden und auf den Ruͤcken legen konten. Mit anbrechenden Morgen wurde eine mittelmaͤßige geſchlachtet, Lemelie richtete dieſelbe ſeiner Erfahrung nach appetitlich zu, und wir fan- den hieran eine auſſerordentlich angenehme Speiſe, an welcher ſich ſonderlich Concordia faſt nicht ſatt eſſen konte. Doch da dieſelbe nachhero beſondere Luſt verſpuͤren ließ ein Feder-Wildpret zu eſſen, wel- ches beſſer als die Kropff-Voͤgel ſchmeckte, gaben wir uns alle drey die groͤſte Muͤh, auf andere Arten von Voͤgeln zu lauren, und ſelbige zu ſchieſſen.
Jm Klettern war mir leichtlich niemand uͤber- legen, weil ich von Natur gar nicht zum Schwin- del geneigt bin, als nun vermerckte, daß ſich oben auf den hoͤchſten Spitzen der Felſen andere Gat- tunge Voͤgel hoͤren und ſehen lieſſen; war meine Verwegenheit ſo groß, daß ich durch allerhand Umwege immer hoͤher von einer Spitze zur andern kletterte, und nicht eher nachließ, biß ich auf den allerhoͤchſten Gipffel gelangt war, allwo alle meine Sinnen auf einmahl mit dem allergroͤſten Vergnuͤ- gen von der Welt erfuͤllet wurden. Denn es fiel mir durch einen eintzigen Blick das gantze Luſt- Revier dieſer Felſen-Jnſel in die Augen, welches rings herum von der Natur mit dergleichen ſtar-
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cher Groͤſſe ich mich anſaͤnglich ſcheuete, derowegen
Monſ. van Leuven und Lemelie herbey rieff, wel-
cher letztere ſo gleich ausrieff: Abermahls ein ſchoͤnes
Wildpret gefunden! Monſieur Albert, ihr ſeyd
recht gluͤcklich.
Wir hatten faſt alle drey genug zu thun, ehe wir,
auf des Lemelie Anweiſung, dergleichen wunderba-
re Creatur umwenden und auf den Ruͤcken legen
konten. Mit anbrechenden Morgen wurde eine
mittelmaͤßige geſchlachtet, Lemelie richtete dieſelbe
ſeiner Erfahrung nach appetitlich zu, und wir fan-
den hieran eine auſſerordentlich angenehme Speiſe,
an welcher ſich ſonderlich Concordia faſt nicht ſatt
eſſen konte. Doch da dieſelbe nachhero beſondere
Luſt verſpuͤren ließ ein Feder-Wildpret zu eſſen, wel-
ches beſſer als die Kropff-Voͤgel ſchmeckte, gaben
wir uns alle drey die groͤſte Muͤh, auf andere Arten
von Voͤgeln zu lauren, und ſelbige zu ſchieſſen.
Jm Klettern war mir leichtlich niemand uͤber-
legen, weil ich von Natur gar nicht zum Schwin-
del geneigt bin, als nun vermerckte, daß ſich oben
auf den hoͤchſten Spitzen der Felſen andere Gat-
tunge Voͤgel hoͤren und ſehen lieſſen; war meine
Verwegenheit ſo groß, daß ich durch allerhand
Umwege immer hoͤher von einer Spitze zur andern
kletterte, und nicht eher nachließ, biß ich auf den
allerhoͤchſten Gipffel gelangt war, allwo alle meine
Sinnen auf einmahl mit dem allergroͤſten Vergnuͤ-
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Kommentar zur DTA-Ausgabe
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage… [mehr]
1731 erschien die Erstausgabe. Die zweite Auflage folgte schon 1732. Zum Zeitpunkt der Digitalisierung stand nur die dritte Auflage von 1740 zur Verfügung. (Link zur Erstausgabe: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:gbv:3:1-459276)
Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/170>, abgerufen am 25.11.2024.
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