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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740.

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worauff alles in gantz verkehrten Zustande blieb, in-
dem der Fuß-Boden zu einer Seiten-Wand ge-
worden, und wir beyden Krancken uns in den Win-
ckel der Kammer geworffen, befanden. Weiter
weiß ich nicht, wie mir geschehen ist, indem mich ent-
weder eine Ohnmacht oder allzustarcker Schlaff
überfiel, aus welchem ich mich nicht eher als des an-
dern Tages ermuntern konte, da sich mein schwacher
Cörper auf einer Sand-Banck an der Sonne lie-
gend befand.

Es kam mir als etwas recht ungewöhnliches vor,
da ich die Sonne am aufgeklärten Himmel erblick-
te, und von deren erwärmenden Strahlen die aller-
angenehmste Erquickung in meinen Gliedern em-
pfieng. Jch richtete mich auf, sahe mich um, und
entsetzte mich gewaltig, da ich sonst keinen Men-
schen, als die Concordia, Mons. van Leuven, und
den Schiffs-Capitain Lemelie, ohnfern von mir
schlaffend, hinterwärts einen grausamen Felsen,
seitwärts das Hintertheil vom zerscheiterten Schif-
fe, sonsten aber nichts als Sand-Bäncke, Wasser
und Himmel sahe. Da aber die Seite, auf wel-
cher ich gelegen, nebst den Kleidern, annoch sehr kalt
und naß war, drehete ich selbige gegen die Sonne
um, und verfiel aufs neue in einen tieffen Schlaff,
aus welchem mich gegen Untergang der Sonnen
Mons. van Leuven erweckte. Er gab mir einen
mäßigen Topf mit Weine, und eine gute Hand voll
Confect, welches ich noch halb schläserig annahm,
und mit grosser Begierde in den Magen schickte,
massen nunmehro fast in 4. Tagen w[e]der gegessen
noch getruncken hatte. Hierauff empfieng ich noch

einen

worauff alles in gantz verkehrten Zuſtande blieb, in-
dem der Fuß-Boden zu einer Seiten-Wand ge-
worden, und wir beyden Krancken uns in den Win-
ckel der Kammer geworffen, befanden. Weiter
weiß ich nicht, wie mir geſchehen iſt, indem mich ent-
weder eine Ohnmacht oder allzuſtarcker Schlaff
uͤberfiel, aus welchem ich mich nicht eher als des an-
dern Tages ermuntern konte, da ſich mein ſchwacher
Coͤrper auf einer Sand-Banck an der Sonne lie-
gend befand.

Es kam mir als etwas recht ungewoͤhnliches vor,
da ich die Sonne am aufgeklaͤrten Himmel erblick-
te, und von deren erwaͤrmenden Strahlen die aller-
angenehmſte Erquickung in meinen Gliedern em-
pfieng. Jch richtete mich auf, ſahe mich um, und
entſetzte mich gewaltig, da ich ſonſt keinen Men-
ſchen, als die Concordia, Monſ. van Leuven, und
den Schiffs-Capitain Lemelie, ohnfern von mir
ſchlaffend, hinterwaͤrts einen grauſamen Felſen,
ſeitwaͤrts das Hintertheil vom zerſcheiterten Schif-
fe, ſonſten aber nichts als Sand-Baͤncke, Waſſer
und Himmel ſahe. Da aber die Seite, auf wel-
cher ich gelegen, nebſt den Kleidern, annoch ſehr kalt
und naß war, drehete ich ſelbige gegen die Sonne
um, und verfiel aufs neue in einen tieffen Schlaff,
aus welchem mich gegen Untergang der Sonnen
Monſ. van Leuven erweckte. Er gab mir einen
maͤßigen Topf mit Weine, und eine gute Hand voll
Confect, welches ich noch halb ſchlaͤſerig annahm,
und mit groſſer Begierde in den Magen ſchickte,
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[139/0153] worauff alles in gantz verkehrten Zuſtande blieb, in- dem der Fuß-Boden zu einer Seiten-Wand ge- worden, und wir beyden Krancken uns in den Win- ckel der Kammer geworffen, befanden. Weiter weiß ich nicht, wie mir geſchehen iſt, indem mich ent- weder eine Ohnmacht oder allzuſtarcker Schlaff uͤberfiel, aus welchem ich mich nicht eher als des an- dern Tages ermuntern konte, da ſich mein ſchwacher Coͤrper auf einer Sand-Banck an der Sonne lie- gend befand. Es kam mir als etwas recht ungewoͤhnliches vor, da ich die Sonne am aufgeklaͤrten Himmel erblick- te, und von deren erwaͤrmenden Strahlen die aller- angenehmſte Erquickung in meinen Gliedern em- pfieng. Jch richtete mich auf, ſahe mich um, und entſetzte mich gewaltig, da ich ſonſt keinen Men- ſchen, als die Concordia, Monſ. van Leuven, und den Schiffs-Capitain Lemelie, ohnfern von mir ſchlaffend, hinterwaͤrts einen grauſamen Felſen, ſeitwaͤrts das Hintertheil vom zerſcheiterten Schif- fe, ſonſten aber nichts als Sand-Baͤncke, Waſſer und Himmel ſahe. Da aber die Seite, auf wel- cher ich gelegen, nebſt den Kleidern, annoch ſehr kalt und naß war, drehete ich ſelbige gegen die Sonne um, und verfiel aufs neue in einen tieffen Schlaff, aus welchem mich gegen Untergang der Sonnen Monſ. van Leuven erweckte. Er gab mir einen maͤßigen Topf mit Weine, und eine gute Hand voll Confect, welches ich noch halb ſchlaͤſerig annahm, und mit groſſer Begierde in den Magen ſchickte, maſſen nunmehro faſt in 4. Tagen weder gegeſſen noch getruncken hatte. Hierauff empfieng ich noch einen

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/153>, abgerufen am 24.05.2024.