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Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740.

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Wenig Tage hernach fiel ein verdrüßliches
Wetter ein, und ob es wohl nicht beständig hinter
einander her regnete, so verfinsterte doch ein anhal-
tender gewaltig dicker Nebel fast die gantze Lufft, und
konten wir um Mittags-Zeit die Sonne sehr selten
und trübe durch die Wolcken schimmern sehen.
Wenn uns der Wind so ungewogen als das Wetter
gewesen wäre, hätten wir uns des übelsten zu befürch-
ten genugsame Ursach gehabt, doch dessen gewöhnli-
che Wuth blieb in ziemlichen Schrancken, ob gleich
der Regen und Nebel biß in die dritte Woche an-
hielt.

Endlich zertheilte sich zu unsern allerseits grösten
Vergnügen so wohl Regen als Nebel, indem sich
die Sonne unsern Augen in ihrer schönsten Klar-
heit, der Himmel aber ohne die geringsten Wolcken
als ein blau-gemähltes Gewölbe zeigte. Und ge-
wißlich diese Allmachts-Geschöpffe erweckten in
uns desto grössere Verwunderung, weil wir ausser
denselben sonst nichts sehen konten als unser Schiff,
die offenbahre See, und dann und wann einige
schwimmende Kräuter. Wir bekamen zwar eini-
ge Tage hernach auch verschiedene Seltsamkeiten,
nemlich See-Kühe, See-Kälber und See-Löwen,
Delphine, rare Vögel und dergleichen zu Gesichte,
ader nichts fiel mir mit mehrern Vergnügen in die
Augen, als, da der Capitain Wolffgang eines
Tages sehr frühe mit aufgehender Sonne mir sein
Perspectiv gab, und sagte: Sehet, Mein Sohn!
dorten von ferne denjenigen Felsen, worauf nächst
GOtt eure zeitliche Wohlfarth gegründet ist. Jch
wuste mich vor Freuden fast nicht zu lassen, als ich

diesen

Wenig Tage hernach fiel ein verdruͤßliches
Wetter ein, und ob es wohl nicht beſtaͤndig hinter
einander her regnete, ſo verfinſterte doch ein anhal-
tender gewaltig dicker Nebel faſt die gantze Lufft, und
konten wir um Mittags-Zeit die Sonne ſehr ſelten
und truͤbe durch die Wolcken ſchimmern ſehen.
Wenn uns der Wind ſo ungewogen als das Wetter
geweſen waͤre, haͤtten wir uns des uͤbelſten zu befuͤrch-
ten genugſame Urſach gehabt, doch deſſen gewoͤhnli-
che Wuth blieb in ziemlichen Schrancken, ob gleich
der Regen und Nebel biß in die dritte Woche an-
hielt.

Endlich zertheilte ſich zu unſern allerſeits groͤſten
Vergnuͤgen ſo wohl Regen als Nebel, indem ſich
die Sonne unſern Augen in ihrer ſchoͤnſten Klar-
heit, der Himmel aber ohne die geringſten Wolcken
als ein blau-gemaͤhltes Gewoͤlbe zeigte. Und ge-
wißlich dieſe Allmachts-Geſchoͤpffe erweckten in
uns deſto groͤſſere Verwunderung, weil wir auſſer
denſelben ſonſt nichts ſehen konten als unſer Schiff,
die offenbahre See, und dann und wann einige
ſchwimmende Kraͤuter. Wir bekamen zwar eini-
ge Tage hernach auch verſchiedene Seltſamkeiten,
nemlich See-Kuͤhe, See-Kaͤlber und See-Loͤwen,
Delphine, rare Voͤgel und dergleichen zu Geſichte,
ader nichts fiel mir mit mehrern Vergnuͤgen in die
Augen, als, da der Capitain Wolffgang eines
Tages ſehr fruͤhe mit aufgehender Sonne mir ſein
Perſpectiv gab, und ſagte: Sehet, Mein Sohn!
dorten von ferne denjenigen Felſen, worauf naͤchſt
GOtt eure zeitliche Wohlfarth gegruͤndet iſt. Jch
wuſte mich vor Freuden faſt nicht zu laſſen, als ich

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[90/0102] Wenig Tage hernach fiel ein verdruͤßliches Wetter ein, und ob es wohl nicht beſtaͤndig hinter einander her regnete, ſo verfinſterte doch ein anhal- tender gewaltig dicker Nebel faſt die gantze Lufft, und konten wir um Mittags-Zeit die Sonne ſehr ſelten und truͤbe durch die Wolcken ſchimmern ſehen. Wenn uns der Wind ſo ungewogen als das Wetter geweſen waͤre, haͤtten wir uns des uͤbelſten zu befuͤrch- ten genugſame Urſach gehabt, doch deſſen gewoͤhnli- che Wuth blieb in ziemlichen Schrancken, ob gleich der Regen und Nebel biß in die dritte Woche an- hielt. Endlich zertheilte ſich zu unſern allerſeits groͤſten Vergnuͤgen ſo wohl Regen als Nebel, indem ſich die Sonne unſern Augen in ihrer ſchoͤnſten Klar- heit, der Himmel aber ohne die geringſten Wolcken als ein blau-gemaͤhltes Gewoͤlbe zeigte. Und ge- wißlich dieſe Allmachts-Geſchoͤpffe erweckten in uns deſto groͤſſere Verwunderung, weil wir auſſer denſelben ſonſt nichts ſehen konten als unſer Schiff, die offenbahre See, und dann und wann einige ſchwimmende Kraͤuter. Wir bekamen zwar eini- ge Tage hernach auch verſchiedene Seltſamkeiten, nemlich See-Kuͤhe, See-Kaͤlber und See-Loͤwen, Delphine, rare Voͤgel und dergleichen zu Geſichte, ader nichts fiel mir mit mehrern Vergnuͤgen in die Augen, als, da der Capitain Wolffgang eines Tages ſehr fruͤhe mit aufgehender Sonne mir ſein Perſpectiv gab, und ſagte: Sehet, Mein Sohn! dorten von ferne denjenigen Felſen, worauf naͤchſt GOtt eure zeitliche Wohlfarth gegruͤndet iſt. Jch wuſte mich vor Freuden faſt nicht zu laſſen, als ich dieſen

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Zitationshilfe: Gisander [i. e. Schnabel, Johann Gottfried]: Wunderliche Fata einiger See-Fahrer. 3. Aufl. Bd. 1. Nordhausen, 1740, S. 90. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schnabel_fata01_1740/102>, abgerufen am 27.11.2024.