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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.

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Die Kontrole wahrer Oeffentlichkeit.
jedes neue Zwischenglied, das der Verkehr einschiebt,
berechtigt, wie man so oft sagt. Das ist nur im
höheren kaufmännischen Verkehr der Fall.1

Auch in höheren Kreisen kann nur die sittliche
Kontrole der Oeffentlichkeit verhindern, daß die unbe-
dingt freie Konkurrenz nicht die unreellen Geschäfte
steigert. Wenn auf dem diesjährigen Genossenschaftstage
der Antrag, "den verbundenen Vereinen die gegenseitige
Informationsertheilung über Kreditverhältnisse nach
bestem Gewissen zur Pflicht zu machen und nach Be-
finden die Organisation förmlicher Schutzgenossenschaften
entweder ganz allgemein oder in einzelnen Verbänden
und Bezirken vorzubereiten," trotz Schulze's Bemühun-
gen vollständig durchfiel, wenn die gern im Dunkeln
und Trüben Wirthschaftenden alles Derartige für einen
neuen Polizeistaat erklärten, so ist das ein sehr trau-
riges Zeichen. Sie wollen die Freiheit ohne die sittliche
Kontrole der Oeffentlichkeit, -- sie wollen unreelle Ge-
schäfte machen, unreellen Kredit haben, und wer das
ans Licht zieht, den erklären sie für "eine neue Art von
schlimmem Polizeiagenten." Das ist die abschüssige
Bahn, die von der Gewerbefreiheit zur Spielfreiheit, zur
Freiheit, betrügerischen Bankerott zu machen, endlich zur
Verbrechensfreiheit führt, von der man dann auch ver-
sichern kann, sie werde am vollständigsten die Ver-
brechen beseitigen.

1 Vergl. oben S. 554 ff.; daneben über den kleinen
Viehhändler und seine die kleinen Bauern ruinirenden Geschäfte:
Held, die ländlichen Dahrlehnskassenvereine in der Rheinprov.,
in Hildebrand's Jahrb., XIII, S. 38.

Die Kontrole wahrer Oeffentlichkeit.
jedes neue Zwiſchenglied, das der Verkehr einſchiebt,
berechtigt, wie man ſo oft ſagt. Das iſt nur im
höheren kaufmänniſchen Verkehr der Fall.1

Auch in höheren Kreiſen kann nur die ſittliche
Kontrole der Oeffentlichkeit verhindern, daß die unbe-
dingt freie Konkurrenz nicht die unreellen Geſchäfte
ſteigert. Wenn auf dem diesjährigen Genoſſenſchaftstage
der Antrag, „den verbundenen Vereinen die gegenſeitige
Informationsertheilung über Kreditverhältniſſe nach
beſtem Gewiſſen zur Pflicht zu machen und nach Be-
finden die Organiſation förmlicher Schutzgenoſſenſchaften
entweder ganz allgemein oder in einzelnen Verbänden
und Bezirken vorzubereiten,“ trotz Schulze’s Bemühun-
gen vollſtändig durchfiel, wenn die gern im Dunkeln
und Trüben Wirthſchaftenden alles Derartige für einen
neuen Polizeiſtaat erklärten, ſo iſt das ein ſehr trau-
riges Zeichen. Sie wollen die Freiheit ohne die ſittliche
Kontrole der Oeffentlichkeit, — ſie wollen unreelle Ge-
ſchäfte machen, unreellen Kredit haben, und wer das
ans Licht zieht, den erklären ſie für „eine neue Art von
ſchlimmem Polizeiagenten.“ Das iſt die abſchüſſige
Bahn, die von der Gewerbefreiheit zur Spielfreiheit, zur
Freiheit, betrügeriſchen Bankerott zu machen, endlich zur
Verbrechensfreiheit führt, von der man dann auch ver-
ſichern kann, ſie werde am vollſtändigſten die Ver-
brechen beſeitigen.

1 Vergl. oben S. 554 ff.; daneben über den kleinen
Viehhändler und ſeine die kleinen Bauern ruinirenden Geſchäfte:
Held, die ländlichen Dahrlehnskaſſenvereine in der Rheinprov.,
in Hildebrand’s Jahrb., XIII, S. 38.
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[681/0703] Die Kontrole wahrer Oeffentlichkeit. jedes neue Zwiſchenglied, das der Verkehr einſchiebt, berechtigt, wie man ſo oft ſagt. Das iſt nur im höheren kaufmänniſchen Verkehr der Fall. 1 Auch in höheren Kreiſen kann nur die ſittliche Kontrole der Oeffentlichkeit verhindern, daß die unbe- dingt freie Konkurrenz nicht die unreellen Geſchäfte ſteigert. Wenn auf dem diesjährigen Genoſſenſchaftstage der Antrag, „den verbundenen Vereinen die gegenſeitige Informationsertheilung über Kreditverhältniſſe nach beſtem Gewiſſen zur Pflicht zu machen und nach Be- finden die Organiſation förmlicher Schutzgenoſſenſchaften entweder ganz allgemein oder in einzelnen Verbänden und Bezirken vorzubereiten,“ trotz Schulze’s Bemühun- gen vollſtändig durchfiel, wenn die gern im Dunkeln und Trüben Wirthſchaftenden alles Derartige für einen neuen Polizeiſtaat erklärten, ſo iſt das ein ſehr trau- riges Zeichen. Sie wollen die Freiheit ohne die ſittliche Kontrole der Oeffentlichkeit, — ſie wollen unreelle Ge- ſchäfte machen, unreellen Kredit haben, und wer das ans Licht zieht, den erklären ſie für „eine neue Art von ſchlimmem Polizeiagenten.“ Das iſt die abſchüſſige Bahn, die von der Gewerbefreiheit zur Spielfreiheit, zur Freiheit, betrügeriſchen Bankerott zu machen, endlich zur Verbrechensfreiheit führt, von der man dann auch ver- ſichern kann, ſie werde am vollſtändigſten die Ver- brechen beſeitigen. 1 Vergl. oben S. 554 ff.; daneben über den kleinen Viehhändler und ſeine die kleinen Bauern ruinirenden Geſchäfte: Held, die ländlichen Dahrlehnskaſſenvereine in der Rheinprov., in Hildebrand’s Jahrb., XIII, S. 38.

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Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 681. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/703>, abgerufen am 05.05.2024.