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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.

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Die Umbildung einzelner Gewerbszweige.
Zunahme des Umsatzes und der Zahl der beschäftigten
Nähmaschinen ist zu konstatiren; ihre Zahl beläuft sich
jetzt hier auf 504, wobei 1500 Arbeiterinnen fast un-
ausgesetzte Beschäftigung finden. Dieser Geschäftszweig
hat immer mehr an Boden gewonnen; doch haben sich
die Hoffnungen auf den durch den Handelsvertrag mit
Frankreich ermöglichten größern Absatz in diesem Lande
bis jetzt nur noch in geringem Maße verwirklicht, da
man unter Anderem auch noch der Handarbeit zu sehr
den Vorzug gibt, die zu billigeren Preisen in den Klöstern
des Elsasses angefertigt wird. Als eigenthümlich hervor-
gehoben wird es, daß hierbei in Folge der Bestrebungen
der hiesigen Fabrikanten die Einzelarbeit immer mehr
abnimmt, um durch Vereinigung der dabei beschäftigten
Kräfte unter den größern Fabrikanten, den handwerks-
mäßigen Betrieb immer mehr zu verlassen. Die Aus-
dehnung der Dampfnähereien ist nur durch technische
Schwierigkeiten verzögert, aber in Aussicht genommen."

Mit der Weißnäherei steht die Stickerei und
Spitzenindustrie auf einer Linie. Neben der Thätigkeit
aller Frauen der gebildeten Stände arbeiten überall
arme Frauen um Lohn; zu einem eigentlichen Industrie-
zweige wurde die Stickerei innerhalb des Zollvereins
eigentlich nur in Schlesien, Westfalen und Württemberg,
dann im sächsischen Erzgebirge und im Voigtlande. In
Sachsen sollen 15000 Personen 1861 in der Haus-

dern die technische Ausführung liegt in den Händen der
sousentrepreneuses (vergl. Laspeyres a. a. O. S. 65 -- 67),
oder gar einzelner zu Hause arbeitender Nätherinnen.

Die Umbildung einzelner Gewerbszweige.
Zunahme des Umſatzes und der Zahl der beſchäftigten
Nähmaſchinen iſt zu konſtatiren; ihre Zahl beläuft ſich
jetzt hier auf 504, wobei 1500 Arbeiterinnen faſt un-
ausgeſetzte Beſchäftigung finden. Dieſer Geſchäftszweig
hat immer mehr an Boden gewonnen; doch haben ſich
die Hoffnungen auf den durch den Handelsvertrag mit
Frankreich ermöglichten größern Abſatz in dieſem Lande
bis jetzt nur noch in geringem Maße verwirklicht, da
man unter Anderem auch noch der Handarbeit zu ſehr
den Vorzug gibt, die zu billigeren Preiſen in den Klöſtern
des Elſaſſes angefertigt wird. Als eigenthümlich hervor-
gehoben wird es, daß hierbei in Folge der Beſtrebungen
der hieſigen Fabrikanten die Einzelarbeit immer mehr
abnimmt, um durch Vereinigung der dabei beſchäftigten
Kräfte unter den größern Fabrikanten, den handwerks-
mäßigen Betrieb immer mehr zu verlaſſen. Die Aus-
dehnung der Dampfnähereien iſt nur durch techniſche
Schwierigkeiten verzögert, aber in Ausſicht genommen.“

Mit der Weißnäherei ſteht die Stickerei und
Spitzeninduſtrie auf einer Linie. Neben der Thätigkeit
aller Frauen der gebildeten Stände arbeiten überall
arme Frauen um Lohn; zu einem eigentlichen Induſtrie-
zweige wurde die Stickerei innerhalb des Zollvereins
eigentlich nur in Schleſien, Weſtfalen und Württemberg,
dann im ſächſiſchen Erzgebirge und im Voigtlande. In
Sachſen ſollen 15000 Perſonen 1861 in der Haus-

dern die techniſche Ausführung liegt in den Händen der
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oder gar einzelner zu Hauſe arbeitender Nätherinnen.
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[650/0672] Die Umbildung einzelner Gewerbszweige. Zunahme des Umſatzes und der Zahl der beſchäftigten Nähmaſchinen iſt zu konſtatiren; ihre Zahl beläuft ſich jetzt hier auf 504, wobei 1500 Arbeiterinnen faſt un- ausgeſetzte Beſchäftigung finden. Dieſer Geſchäftszweig hat immer mehr an Boden gewonnen; doch haben ſich die Hoffnungen auf den durch den Handelsvertrag mit Frankreich ermöglichten größern Abſatz in dieſem Lande bis jetzt nur noch in geringem Maße verwirklicht, da man unter Anderem auch noch der Handarbeit zu ſehr den Vorzug gibt, die zu billigeren Preiſen in den Klöſtern des Elſaſſes angefertigt wird. Als eigenthümlich hervor- gehoben wird es, daß hierbei in Folge der Beſtrebungen der hieſigen Fabrikanten die Einzelarbeit immer mehr abnimmt, um durch Vereinigung der dabei beſchäftigten Kräfte unter den größern Fabrikanten, den handwerks- mäßigen Betrieb immer mehr zu verlaſſen. Die Aus- dehnung der Dampfnähereien iſt nur durch techniſche Schwierigkeiten verzögert, aber in Ausſicht genommen.“ Mit der Weißnäherei ſteht die Stickerei und Spitzeninduſtrie auf einer Linie. Neben der Thätigkeit aller Frauen der gebildeten Stände arbeiten überall arme Frauen um Lohn; zu einem eigentlichen Induſtrie- zweige wurde die Stickerei innerhalb des Zollvereins eigentlich nur in Schleſien, Weſtfalen und Württemberg, dann im ſächſiſchen Erzgebirge und im Voigtlande. In Sachſen ſollen 15000 Perſonen 1861 in der Haus- 1 1 dern die techniſche Ausführung liegt in den Händen der sousentrepreneuses (vergl. Laspeyres a. a. O. S. 65 — 67), oder gar einzelner zu Hauſe arbeitender Nätherinnen.

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Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 650. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/672>, abgerufen am 23.11.2024.