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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.

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Die Handschuhmacher.

Die Zahl der Meister, d. h. der kleinen mehr
lokalen Geschäfte, nimmt zu bis 1843; von da geht
sie zurück, während nun von 1840 -- 61 die Gehülfen-
zahl sich verdoppelt und die Gesammtzahl der Gewerbe-
treibenden gegenüber der Bevölkerung so ziemlich stabil
bleibt. Letzteres wäre ohne Zweifel nicht der Fall,
wenn die sämmtlichen Frauen und Mädchen, welche für
größere Geschäfte zu Hause Handschuhe nähen, mit ver-
zeichnet wären.

In dieser Weise hat sich nämlich die große Industrie
gestaltet, daß der Fabrikant nur das Leder einkauft, die
Handschuhe -- theilweise mit der von Jouvin erfundenen
Maschine -- zuschneidet, das Nähen aber als Haus-
industrie und meist noch mit der Hand besorgen läßt.
Die Berliner Geschäfte haben sich vielfach -- der
Theurung in Berlin wegen -- nach Potsdam gezogen
und lassen dort in der Umgegend auf dem Lande nähen.
Außerdem sind die größten Handschuhfabriken des Zoll-
vereins in Luxemburg, wo jährlich etwa eine Million
Zickel- und Lammfelle von 5 Fabriken mit 1576 Arbei-
tern verarbeitet werden, in den Städten Aachen, Kassel,
Magdeburg, Halberstadt, Erlangen, im Königreich
Sachsen und in Schlesien. 1 Auch in Oestreich blüht
die Handschuhmacherei und hat sich dort fast noch mehr
als im Zollverein konzentrirt. "In Wien allein"
berichtet Rehlen 2 "sind mehr als 250 Geschäfte etablirt,

1 Preuß. Handelskammerberichte pro 1865, S. 481.
2 Geschichte der Handwerke und Gewerbe, zweite Ausgabe,
Leipzig 1856. S. 143.
Die Handſchuhmacher.

Die Zahl der Meiſter, d. h. der kleinen mehr
lokalen Geſchäfte, nimmt zu bis 1843; von da geht
ſie zurück, während nun von 1840 — 61 die Gehülfen-
zahl ſich verdoppelt und die Geſammtzahl der Gewerbe-
treibenden gegenüber der Bevölkerung ſo ziemlich ſtabil
bleibt. Letzteres wäre ohne Zweifel nicht der Fall,
wenn die ſämmtlichen Frauen und Mädchen, welche für
größere Geſchäfte zu Hauſe Handſchuhe nähen, mit ver-
zeichnet wären.

In dieſer Weiſe hat ſich nämlich die große Induſtrie
geſtaltet, daß der Fabrikant nur das Leder einkauft, die
Handſchuhe — theilweiſe mit der von Jouvin erfundenen
Maſchine — zuſchneidet, das Nähen aber als Haus-
induſtrie und meiſt noch mit der Hand beſorgen läßt.
Die Berliner Geſchäfte haben ſich vielfach — der
Theurung in Berlin wegen — nach Potsdam gezogen
und laſſen dort in der Umgegend auf dem Lande nähen.
Außerdem ſind die größten Handſchuhfabriken des Zoll-
vereins in Luxemburg, wo jährlich etwa eine Million
Zickel- und Lammfelle von 5 Fabriken mit 1576 Arbei-
tern verarbeitet werden, in den Städten Aachen, Kaſſel,
Magdeburg, Halberſtadt, Erlangen, im Königreich
Sachſen und in Schleſien. 1 Auch in Oeſtreich blüht
die Handſchuhmacherei und hat ſich dort faſt noch mehr
als im Zollverein konzentrirt. „In Wien allein“
berichtet Rehlen 2 „ſind mehr als 250 Geſchäfte etablirt,

1 Preuß. Handelskammerberichte pro 1865, S. 481.
2 Geſchichte der Handwerke und Gewerbe, zweite Ausgabe,
Leipzig 1856. S. 143.
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[635/0657] Die Handſchuhmacher. Die Zahl der Meiſter, d. h. der kleinen mehr lokalen Geſchäfte, nimmt zu bis 1843; von da geht ſie zurück, während nun von 1840 — 61 die Gehülfen- zahl ſich verdoppelt und die Geſammtzahl der Gewerbe- treibenden gegenüber der Bevölkerung ſo ziemlich ſtabil bleibt. Letzteres wäre ohne Zweifel nicht der Fall, wenn die ſämmtlichen Frauen und Mädchen, welche für größere Geſchäfte zu Hauſe Handſchuhe nähen, mit ver- zeichnet wären. In dieſer Weiſe hat ſich nämlich die große Induſtrie geſtaltet, daß der Fabrikant nur das Leder einkauft, die Handſchuhe — theilweiſe mit der von Jouvin erfundenen Maſchine — zuſchneidet, das Nähen aber als Haus- induſtrie und meiſt noch mit der Hand beſorgen läßt. Die Berliner Geſchäfte haben ſich vielfach — der Theurung in Berlin wegen — nach Potsdam gezogen und laſſen dort in der Umgegend auf dem Lande nähen. Außerdem ſind die größten Handſchuhfabriken des Zoll- vereins in Luxemburg, wo jährlich etwa eine Million Zickel- und Lammfelle von 5 Fabriken mit 1576 Arbei- tern verarbeitet werden, in den Städten Aachen, Kaſſel, Magdeburg, Halberſtadt, Erlangen, im Königreich Sachſen und in Schleſien. 1 Auch in Oeſtreich blüht die Handſchuhmacherei und hat ſich dort faſt noch mehr als im Zollverein konzentrirt. „In Wien allein“ berichtet Rehlen 2 „ſind mehr als 250 Geſchäfte etablirt, 1 Preuß. Handelskammerberichte pro 1865, S. 481. 2 Geſchichte der Handwerke und Gewerbe, zweite Ausgabe, Leipzig 1856. S. 143.

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Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 635. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/657>, abgerufen am 23.11.2024.