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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.

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Die mögliche Erhaltung der Hausindustrie.

In einzelnen Zweigen der Baumwoll- wie anderer
Gewebeindustrien mag die spezielle Technik diesen Weg
vorgezeichnet haben, in der Hauptsache aber wurde der
eine oder der andere Weg der Entwicklung vorgezeichnet
durch die technische und sittliche Bildung der Weber,
durch die rechtzeitige Anbahnung von technischen Fort-
schritten, durch eine Erziehung der Weber zu einer Zeit,
da die Noth sie noch nicht auf die tiefste Stufe des
Proletariats herabgedrückt hatte. Ganz die gleichen
Momente kommen bei der Möglichkeit einer Ausdehnung
des Assoziationswesens in Betracht, vor der ich lieber
erst unten im Zusammenhang spreche.

Zunächst will ich nur wenige Worte noch über die
Bleichereien, Appreturanstalten, Färbereien und Kattun-
druckereien anhängen.

Eine genaue Statistik über diese Hülfsgewerbe der
Weberei gibt es freilich nicht. Ein Blick auf die amt-
lichen Tabellen zeigt, wie werthlos sie im Ganzen sind;
die Abgrenzung von Handwerk und Fabrik, die Ver-
bindung mit andern Geschäften macht die Zählung hier
so schwierig, führt bei jeder Aufnahme wieder zu anderer
Behandlung, so daß die Zahlen kaum irgend brauchbar
zu einer Vergleichung sind. Ich hebe auch nur die all-
gemeinsten Resultate hervor.

Die handwerksmäßigen Bleicher, Kalanderer etc.
haben in Preußen von 1849--61 von 979 Meistern
auf 732, von 1051 Gehülfen auf 873 abgenommen.
Die Kunstbleichen und Appreturen haben technisch große
Fortschritte gemacht, die großen Geschäfte haben alle
die neuen chemischen Hülfsmittel, die Kalander- und

Die mögliche Erhaltung der Hausinduſtrie.

In einzelnen Zweigen der Baumwoll- wie anderer
Gewebeinduſtrien mag die ſpezielle Technik dieſen Weg
vorgezeichnet haben, in der Hauptſache aber wurde der
eine oder der andere Weg der Entwicklung vorgezeichnet
durch die techniſche und ſittliche Bildung der Weber,
durch die rechtzeitige Anbahnung von techniſchen Fort-
ſchritten, durch eine Erziehung der Weber zu einer Zeit,
da die Noth ſie noch nicht auf die tiefſte Stufe des
Proletariats herabgedrückt hatte. Ganz die gleichen
Momente kommen bei der Möglichkeit einer Ausdehnung
des Aſſoziationsweſens in Betracht, vor der ich lieber
erſt unten im Zuſammenhang ſpreche.

Zunächſt will ich nur wenige Worte noch über die
Bleichereien, Appreturanſtalten, Färbereien und Kattun-
druckereien anhängen.

Eine genaue Statiſtik über dieſe Hülfsgewerbe der
Weberei gibt es freilich nicht. Ein Blick auf die amt-
lichen Tabellen zeigt, wie werthlos ſie im Ganzen ſind;
die Abgrenzung von Handwerk und Fabrik, die Ver-
bindung mit andern Geſchäften macht die Zählung hier
ſo ſchwierig, führt bei jeder Aufnahme wieder zu anderer
Behandlung, ſo daß die Zahlen kaum irgend brauchbar
zu einer Vergleichung ſind. Ich hebe auch nur die all-
gemeinſten Reſultate hervor.

Die handwerksmäßigen Bleicher, Kalanderer ꝛc.
haben in Preußen von 1849—61 von 979 Meiſtern
auf 732, von 1051 Gehülfen auf 873 abgenommen.
Die Kunſtbleichen und Appreturen haben techniſch große
Fortſchritte gemacht, die großen Geſchäfte haben alle
die neuen chemiſchen Hülfsmittel, die Kalander- und

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[573/0595] Die mögliche Erhaltung der Hausinduſtrie. In einzelnen Zweigen der Baumwoll- wie anderer Gewebeinduſtrien mag die ſpezielle Technik dieſen Weg vorgezeichnet haben, in der Hauptſache aber wurde der eine oder der andere Weg der Entwicklung vorgezeichnet durch die techniſche und ſittliche Bildung der Weber, durch die rechtzeitige Anbahnung von techniſchen Fort- ſchritten, durch eine Erziehung der Weber zu einer Zeit, da die Noth ſie noch nicht auf die tiefſte Stufe des Proletariats herabgedrückt hatte. Ganz die gleichen Momente kommen bei der Möglichkeit einer Ausdehnung des Aſſoziationsweſens in Betracht, vor der ich lieber erſt unten im Zuſammenhang ſpreche. Zunächſt will ich nur wenige Worte noch über die Bleichereien, Appreturanſtalten, Färbereien und Kattun- druckereien anhängen. Eine genaue Statiſtik über dieſe Hülfsgewerbe der Weberei gibt es freilich nicht. Ein Blick auf die amt- lichen Tabellen zeigt, wie werthlos ſie im Ganzen ſind; die Abgrenzung von Handwerk und Fabrik, die Ver- bindung mit andern Geſchäften macht die Zählung hier ſo ſchwierig, führt bei jeder Aufnahme wieder zu anderer Behandlung, ſo daß die Zahlen kaum irgend brauchbar zu einer Vergleichung ſind. Ich hebe auch nur die all- gemeinſten Reſultate hervor. Die handwerksmäßigen Bleicher, Kalanderer ꝛc. haben in Preußen von 1849—61 von 979 Meiſtern auf 732, von 1051 Gehülfen auf 873 abgenommen. Die Kunſtbleichen und Appreturen haben techniſch große Fortſchritte gemacht, die großen Geſchäfte haben alle die neuen chemiſchen Hülfsmittel, die Kalander- und

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Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 573. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/595>, abgerufen am 22.11.2024.