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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.

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Die Krisis der kleinen Tuchmacher.
sie ist durch den Druck der Konkurrenz billiger geworden,
aber damit auch um so viel undichter, leichter gewalkt
und nicht mehr gut gerauht. Es ist mit ziemlicher
Gewißheit vorauszusehen, sagt er, daß nach und nach
wie in England und den Niederlanden, so auch
hier der Meisterbetrieb aufgehen muß in den Fabrik-
betrieb.

Wo eine Mehrzahl von Tuchmachern bestand, da
hätten sich dieselben durch Assoziation helfen können,
wenn nicht bei den meisten der Hang an Vorurtheilen,
an Zunft- und Innungssatzungen, die Bedenklichkeit des
Uebergangs vom Alten zum Neuen den Schritt erschwert
hätte. Der einzelne kleine Meister aber war unrettbar
verloren. Die eigentlich kritische Zeit fällt in die
Jahre 1840--55.

Nicht aber der Maschinenwebstuhl war es, was
den Tuchmacher ruinirte; es gab in Preußen, dessen
Fabriken im Zollverein an der Spitze standen, 1846
erst 4,7, selbst 1861 erst 11,1 % Maschinenstühle unter
den sämmtlichen Wollwebstühlen. Die Hauptsache war
die Vereinigung aller bisher getrennten Zweige des Ge-
schäfts in einheitliche konsequent geleitete Etablissements;1
es war die Vervollkommnung der Spinnerei einerseits,
der Walke, des Rauhens und Scheerens andererseits.
Besonders die in den vierziger Jahren sich verbreitenden
Zylinderwalken wirkten epochemachend, sie erlaubten die

1 Vergl. die ausgezeichneten technischen und national-
ökonomischen Ausführungen im Ausstellungsberichte von 1851.
II, besonders S. 85.

Die Kriſis der kleinen Tuchmacher.
ſie iſt durch den Druck der Konkurrenz billiger geworden,
aber damit auch um ſo viel undichter, leichter gewalkt
und nicht mehr gut gerauht. Es iſt mit ziemlicher
Gewißheit vorauszuſehen, ſagt er, daß nach und nach
wie in England und den Niederlanden, ſo auch
hier der Meiſterbetrieb aufgehen muß in den Fabrik-
betrieb.

Wo eine Mehrzahl von Tuchmachern beſtand, da
hätten ſich dieſelben durch Aſſoziation helfen können,
wenn nicht bei den meiſten der Hang an Vorurtheilen,
an Zunft- und Innungsſatzungen, die Bedenklichkeit des
Uebergangs vom Alten zum Neuen den Schritt erſchwert
hätte. Der einzelne kleine Meiſter aber war unrettbar
verloren. Die eigentlich kritiſche Zeit fällt in die
Jahre 1840—55.

Nicht aber der Maſchinenwebſtuhl war es, was
den Tuchmacher ruinirte; es gab in Preußen, deſſen
Fabriken im Zollverein an der Spitze ſtanden, 1846
erſt 4,7, ſelbſt 1861 erſt 11,1 % Maſchinenſtühle unter
den ſämmtlichen Wollwebſtühlen. Die Hauptſache war
die Vereinigung aller bisher getrennten Zweige des Ge-
ſchäfts in einheitliche konſequent geleitete Etabliſſements;1
es war die Vervollkommnung der Spinnerei einerſeits,
der Walke, des Rauhens und Scheerens andererſeits.
Beſonders die in den vierziger Jahren ſich verbreitenden
Zylinderwalken wirkten epochemachend, ſie erlaubten die

1 Vergl. die ausgezeichneten techniſchen und national-
ökonomiſchen Ausführungen im Ausſtellungsberichte von 1851.
II, beſonders S. 85.
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[523/0545] Die Kriſis der kleinen Tuchmacher. ſie iſt durch den Druck der Konkurrenz billiger geworden, aber damit auch um ſo viel undichter, leichter gewalkt und nicht mehr gut gerauht. Es iſt mit ziemlicher Gewißheit vorauszuſehen, ſagt er, daß nach und nach wie in England und den Niederlanden, ſo auch hier der Meiſterbetrieb aufgehen muß in den Fabrik- betrieb. Wo eine Mehrzahl von Tuchmachern beſtand, da hätten ſich dieſelben durch Aſſoziation helfen können, wenn nicht bei den meiſten der Hang an Vorurtheilen, an Zunft- und Innungsſatzungen, die Bedenklichkeit des Uebergangs vom Alten zum Neuen den Schritt erſchwert hätte. Der einzelne kleine Meiſter aber war unrettbar verloren. Die eigentlich kritiſche Zeit fällt in die Jahre 1840—55. Nicht aber der Maſchinenwebſtuhl war es, was den Tuchmacher ruinirte; es gab in Preußen, deſſen Fabriken im Zollverein an der Spitze ſtanden, 1846 erſt 4,7, ſelbſt 1861 erſt 11,1 % Maſchinenſtühle unter den ſämmtlichen Wollwebſtühlen. Die Hauptſache war die Vereinigung aller bisher getrennten Zweige des Ge- ſchäfts in einheitliche konſequent geleitete Etabliſſements; 1 es war die Vervollkommnung der Spinnerei einerſeits, der Walke, des Rauhens und Scheerens andererſeits. Beſonders die in den vierziger Jahren ſich verbreitenden Zylinderwalken wirkten epochemachend, ſie erlaubten die 1 Vergl. die ausgezeichneten techniſchen und national- ökonomiſchen Ausführungen im Ausſtellungsberichte von 1851. II, beſonders S. 85.

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Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 523. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/545>, abgerufen am 24.11.2024.