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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.

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Die lokale Weberei früherer Zeit.
ihre Konkurrenz übte keinen Druck auf die fast aller-
wärts vorhandene lokale Produktion. Jene lieferte die
feinern bessern Stoffe für die höhern Klassen, für die
großen Städte, für die Höfe; theilweise lieferte sie auch
dieselben Produkte wie die lokale Weberei, war in ihrer
Technik gleich einfach wie sie; aber sie arbeitete dann
hauptsächlich für den Export; es waren Weberdistrikte,
welche durch den wachsenden Export groß geworden
waren. Nach dem damaligen Zustande des Verkehrs,
der Handelsorganisation war es fast leichter, daß die
schlesische Leinwand über Hamburg nach Amerika und
Indien ging, als daß sie den Weg in alle abgelegenen
Landstädtchen Deutschlands gefunden hätte. Doch war
natürlich zwischen den verschiedenen Arten der Weberei
in dieser Beziehung ein ziemlicher Unterschied. Die
Tuchmacherei war schon nicht so allgemein verbreitet
wie die Leineweberei; und beiden gegenüber traten die
jüngern Industrien, die Baumwoll- und Seidenweberei,
von Anfang an weniger als Lokalgewerbe auf.

Nach dem Charakter der amtlichen statistischen Er-
hebungen, wie ich ihn oben schilderte, läßt sich aus
ihnen kein direkter Schluß ziehen, wie früher die lokale
handwerksmäßige Weberei sich zur großen Hausindustrie,
später zur fabrikmäßigen Weberei stellte. Die einzige
Methode, welche uns offen bleibt, indirekt das Ver-
hältniß der lokalen zur großen Weberei zu untersuchen,
liegt darin, nach den Spezialtabellen zu prüfen, ob
die eine oder andere Art der Weberei eine allgemeine
lokale Verbreitung hat oder ausschließlich an einzelnen
Orten konzentrirt vorkommt.

Schmoller, Gesch. d. Kleingewerbe. 33

Die lokale Weberei früherer Zeit.
ihre Konkurrenz übte keinen Druck auf die faſt aller-
wärts vorhandene lokale Produktion. Jene lieferte die
feinern beſſern Stoffe für die höhern Klaſſen, für die
großen Städte, für die Höfe; theilweiſe lieferte ſie auch
dieſelben Produkte wie die lokale Weberei, war in ihrer
Technik gleich einfach wie ſie; aber ſie arbeitete dann
hauptſächlich für den Export; es waren Weberdiſtrikte,
welche durch den wachſenden Export groß geworden
waren. Nach dem damaligen Zuſtande des Verkehrs,
der Handelsorganiſation war es faſt leichter, daß die
ſchleſiſche Leinwand über Hamburg nach Amerika und
Indien ging, als daß ſie den Weg in alle abgelegenen
Landſtädtchen Deutſchlands gefunden hätte. Doch war
natürlich zwiſchen den verſchiedenen Arten der Weberei
in dieſer Beziehung ein ziemlicher Unterſchied. Die
Tuchmacherei war ſchon nicht ſo allgemein verbreitet
wie die Leineweberei; und beiden gegenüber traten die
jüngern Induſtrien, die Baumwoll- und Seidenweberei,
von Anfang an weniger als Lokalgewerbe auf.

Nach dem Charakter der amtlichen ſtatiſtiſchen Er-
hebungen, wie ich ihn oben ſchilderte, läßt ſich aus
ihnen kein direkter Schluß ziehen, wie früher die lokale
handwerksmäßige Weberei ſich zur großen Hausinduſtrie,
ſpäter zur fabrikmäßigen Weberei ſtellte. Die einzige
Methode, welche uns offen bleibt, indirekt das Ver-
hältniß der lokalen zur großen Weberei zu unterſuchen,
liegt darin, nach den Spezialtabellen zu prüfen, ob
die eine oder andere Art der Weberei eine allgemeine
lokale Verbreitung hat oder ausſchließlich an einzelnen
Orten konzentrirt vorkommt.

Schmoller, Geſch. d. Kleingewerbe. 33
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[513/0535] Die lokale Weberei früherer Zeit. ihre Konkurrenz übte keinen Druck auf die faſt aller- wärts vorhandene lokale Produktion. Jene lieferte die feinern beſſern Stoffe für die höhern Klaſſen, für die großen Städte, für die Höfe; theilweiſe lieferte ſie auch dieſelben Produkte wie die lokale Weberei, war in ihrer Technik gleich einfach wie ſie; aber ſie arbeitete dann hauptſächlich für den Export; es waren Weberdiſtrikte, welche durch den wachſenden Export groß geworden waren. Nach dem damaligen Zuſtande des Verkehrs, der Handelsorganiſation war es faſt leichter, daß die ſchleſiſche Leinwand über Hamburg nach Amerika und Indien ging, als daß ſie den Weg in alle abgelegenen Landſtädtchen Deutſchlands gefunden hätte. Doch war natürlich zwiſchen den verſchiedenen Arten der Weberei in dieſer Beziehung ein ziemlicher Unterſchied. Die Tuchmacherei war ſchon nicht ſo allgemein verbreitet wie die Leineweberei; und beiden gegenüber traten die jüngern Induſtrien, die Baumwoll- und Seidenweberei, von Anfang an weniger als Lokalgewerbe auf. Nach dem Charakter der amtlichen ſtatiſtiſchen Er- hebungen, wie ich ihn oben ſchilderte, läßt ſich aus ihnen kein direkter Schluß ziehen, wie früher die lokale handwerksmäßige Weberei ſich zur großen Hausinduſtrie, ſpäter zur fabrikmäßigen Weberei ſtellte. Die einzige Methode, welche uns offen bleibt, indirekt das Ver- hältniß der lokalen zur großen Weberei zu unterſuchen, liegt darin, nach den Spezialtabellen zu prüfen, ob die eine oder andere Art der Weberei eine allgemeine lokale Verbreitung hat oder ausſchließlich an einzelnen Orten konzentrirt vorkommt. Schmoller, Geſch. d. Kleingewerbe. 33

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Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 513. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/535>, abgerufen am 22.11.2024.