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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.

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Die Umbildung einzelner Gewerbszweige.
seinen Pfefferkuchen massenhaft in den Handel; letzteres
fabrikmäßig jährlich gegen 2000 Centner. In Halle
und Eilenburg werden Zuckerwaaren und Konfituren
fabrikmäßig hergestellt, bis Süddeutschland und in die
Ostseeprovinzen abgesetzt. In Sachsen hat sich die
Großindustrie der Fabrikation von Bonbons, Dragees,
englischem Biskuit und dergleichen mit Erfolg bemächtigt,
namentlich seit zweckmäßige Maschinen für einzelne
Zweige in Anwendung kamen.

Das Fleischergewerbe gehört wie die Bäckerei zu
den Gewerben, in welchen zu einer selbständigen Unter-
nehmung, abgesehen vom Hausschlächter auf dem Lande,
von jeher ein gewisser Besitz, ein gewisses Kapital gehört
hat. Die Technik des Gewerbes hat vielleicht noch
weniger als bei dem Bäckergewerbe sich bis jetzt geändert.
Wohl existiren in großen Städten, besonders in den
Seestädten, große Pökel- und Räucherungsanstalten
mit mehr fabrikmäßigem Betrieb, wohl setzen auch
größere Wurstfabriken ihre Schneide- und Hackapparate
mit Dampf in Bewegung; aber die Hauptoperationen,
das Tödten des Vieh's, das Abziehen, das Zerlegen
bleiben Sache des Arbeiters. Allerdings werden in den
Städten die stehenden Einrichtungen einer Schlächterei
theurer und kostspieliger und für die meisten Geschäfte
wächst die Bedeutung des Kredits und des Betriebs-
kapitals; ein gutes Geschäft hängt wesentlich ab von
geschicktem auf genauer Kenntniß des Vieh's gestütztem
Vieheinkauf; dabei hat das größere Geschäft, das
größere Kapital mancherlei voraus.

Die Umbildung einzelner Gewerbszweige.
ſeinen Pfefferkuchen maſſenhaft in den Handel; letzteres
fabrikmäßig jährlich gegen 2000 Centner. In Halle
und Eilenburg werden Zuckerwaaren und Konfituren
fabrikmäßig hergeſtellt, bis Süddeutſchland und in die
Oſtſeeprovinzen abgeſetzt. In Sachſen hat ſich die
Großinduſtrie der Fabrikation von Bonbons, Dragées,
engliſchem Biskuit und dergleichen mit Erfolg bemächtigt,
namentlich ſeit zweckmäßige Maſchinen für einzelne
Zweige in Anwendung kamen.

Das Fleiſchergewerbe gehört wie die Bäckerei zu
den Gewerben, in welchen zu einer ſelbſtändigen Unter-
nehmung, abgeſehen vom Hausſchlächter auf dem Lande,
von jeher ein gewiſſer Beſitz, ein gewiſſes Kapital gehört
hat. Die Technik des Gewerbes hat vielleicht noch
weniger als bei dem Bäckergewerbe ſich bis jetzt geändert.
Wohl exiſtiren in großen Städten, beſonders in den
Seeſtädten, große Pökel- und Räucherungsanſtalten
mit mehr fabrikmäßigem Betrieb, wohl ſetzen auch
größere Wurſtfabriken ihre Schneide- und Hackapparate
mit Dampf in Bewegung; aber die Hauptoperationen,
das Tödten des Vieh’s, das Abziehen, das Zerlegen
bleiben Sache des Arbeiters. Allerdings werden in den
Städten die ſtehenden Einrichtungen einer Schlächterei
theurer und koſtſpieliger und für die meiſten Geſchäfte
wächſt die Bedeutung des Kredits und des Betriebs-
kapitals; ein gutes Geſchäft hängt weſentlich ab von
geſchicktem auf genauer Kenntniß des Vieh’s geſtütztem
Vieheinkauf; dabei hat das größere Geſchäft, das
größere Kapital mancherlei voraus.

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[422/0444] Die Umbildung einzelner Gewerbszweige. ſeinen Pfefferkuchen maſſenhaft in den Handel; letzteres fabrikmäßig jährlich gegen 2000 Centner. In Halle und Eilenburg werden Zuckerwaaren und Konfituren fabrikmäßig hergeſtellt, bis Süddeutſchland und in die Oſtſeeprovinzen abgeſetzt. In Sachſen hat ſich die Großinduſtrie der Fabrikation von Bonbons, Dragées, engliſchem Biskuit und dergleichen mit Erfolg bemächtigt, namentlich ſeit zweckmäßige Maſchinen für einzelne Zweige in Anwendung kamen. Das Fleiſchergewerbe gehört wie die Bäckerei zu den Gewerben, in welchen zu einer ſelbſtändigen Unter- nehmung, abgeſehen vom Hausſchlächter auf dem Lande, von jeher ein gewiſſer Beſitz, ein gewiſſes Kapital gehört hat. Die Technik des Gewerbes hat vielleicht noch weniger als bei dem Bäckergewerbe ſich bis jetzt geändert. Wohl exiſtiren in großen Städten, beſonders in den Seeſtädten, große Pökel- und Räucherungsanſtalten mit mehr fabrikmäßigem Betrieb, wohl ſetzen auch größere Wurſtfabriken ihre Schneide- und Hackapparate mit Dampf in Bewegung; aber die Hauptoperationen, das Tödten des Vieh’s, das Abziehen, das Zerlegen bleiben Sache des Arbeiters. Allerdings werden in den Städten die ſtehenden Einrichtungen einer Schlächterei theurer und koſtſpieliger und für die meiſten Geſchäfte wächſt die Bedeutung des Kredits und des Betriebs- kapitals; ein gutes Geſchäft hängt weſentlich ab von geſchicktem auf genauer Kenntniß des Vieh’s geſtütztem Vieheinkauf; dabei hat das größere Geſchäft, das größere Kapital mancherlei voraus.

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Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 422. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/444>, abgerufen am 22.11.2024.