Schuster und doch ist damals schon der Fleischermeister durchschnittlich wohlhabender als der Schuhmacher.
Uebrigens haben die Nahrungsgewerbe in Wirklich- keit einen größern Umfang; sie beschäftigen mehr Hände, als hier ersichtlich ist; aber es sind nicht sowohl technisch gebildete Gehülfen, Lehrlinge und Gesellen, als Knechte und Mägde. Wenn 1864 in den thüringischen Staaten1 auf 100 Selbständige in den Nahrungsgewerben 71 Dienstboten, in den Bekleidungsgewerben aber nur 5, bei den Bauhandwerken 21, bei den Gewerben, welche sich mit Einrichtung der Wohnungen und Herstellung von Geräthschaften abgeben, 11, bei allen übrigen Ge- werben endlich 6 Dienstboten kommen, so sind das Ver- hältnißzahlen, wie sie sich ähnlich auch wohl anderwärts ergeben würden, sofern Aufnahmen nach der Richtung existirten. Sie zeigen einen sprechenden Unterschied der einzelnen Gewerbearten in der Wohlhabenheit und in dem Bedürfniß an helfenden Händen für das Geschäft. Sie zeigen, daß die Zahlen der technischen Gehülfen nicht allein maßgebend sind.
Von besonderem Einfluß auf die Gehülfenzahl ist die Thatsache, ob das betreffende Gewerbe auf dem Lande mit vorkommt. Zahlreiche Landmeister ohne Ge- hülfen neben städtischen Meistern mit 2 -- 3 Gehülfen geben für den Durchschnitt des ganzen Gewerbes doch nur 60 -- 80 Gehülfen auf 100 Meister. Die Rade- macher haben in Preußen 1861 - 55, die Glaser 49
1 Kollmann, Geschichte und Statistik des Gesindewesens, in Hildebrand's Jahrbücher X, S. 298.
Die Gewerbe mit gleicher Gehülſenzahl.
Schuſter und doch iſt damals ſchon der Fleiſchermeiſter durchſchnittlich wohlhabender als der Schuhmacher.
Uebrigens haben die Nahrungsgewerbe in Wirklich- keit einen größern Umfang; ſie beſchäftigen mehr Hände, als hier erſichtlich iſt; aber es ſind nicht ſowohl techniſch gebildete Gehülfen, Lehrlinge und Geſellen, als Knechte und Mägde. Wenn 1864 in den thüringiſchen Staaten1 auf 100 Selbſtändige in den Nahrungsgewerben 71 Dienſtboten, in den Bekleidungsgewerben aber nur 5, bei den Bauhandwerken 21, bei den Gewerben, welche ſich mit Einrichtung der Wohnungen und Herſtellung von Geräthſchaften abgeben, 11, bei allen übrigen Ge- werben endlich 6 Dienſtboten kommen, ſo ſind das Ver- hältnißzahlen, wie ſie ſich ähnlich auch wohl anderwärts ergeben würden, ſofern Aufnahmen nach der Richtung exiſtirten. Sie zeigen einen ſprechenden Unterſchied der einzelnen Gewerbearten in der Wohlhabenheit und in dem Bedürfniß an helfenden Händen für das Geſchäft. Sie zeigen, daß die Zahlen der techniſchen Gehülfen nicht allein maßgebend ſind.
Von beſonderem Einfluß auf die Gehülfenzahl iſt die Thatſache, ob das betreffende Gewerbe auf dem Lande mit vorkommt. Zahlreiche Landmeiſter ohne Ge- hülfen neben ſtädtiſchen Meiſtern mit 2 — 3 Gehülfen geben für den Durchſchnitt des ganzen Gewerbes doch nur 60 — 80 Gehülfen auf 100 Meiſter. Die Rade- macher haben in Preußen 1861 - 55, die Glaſer 49
1 Kollmann, Geſchichte und Statiſtik des Geſindeweſens, in Hildebrand’s Jahrbücher X, S. 298.
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Die Gewerbe mit gleicher Gehülſenzahl.
Schuſter und doch iſt damals ſchon der Fleiſchermeiſter
durchſchnittlich wohlhabender als der Schuhmacher.
Uebrigens haben die Nahrungsgewerbe in Wirklich-
keit einen größern Umfang; ſie beſchäftigen mehr Hände,
als hier erſichtlich iſt; aber es ſind nicht ſowohl techniſch
gebildete Gehülfen, Lehrlinge und Geſellen, als Knechte
und Mägde. Wenn 1864 in den thüringiſchen Staaten 1
auf 100 Selbſtändige in den Nahrungsgewerben 71
Dienſtboten, in den Bekleidungsgewerben aber nur 5,
bei den Bauhandwerken 21, bei den Gewerben, welche
ſich mit Einrichtung der Wohnungen und Herſtellung
von Geräthſchaften abgeben, 11, bei allen übrigen Ge-
werben endlich 6 Dienſtboten kommen, ſo ſind das Ver-
hältnißzahlen, wie ſie ſich ähnlich auch wohl anderwärts
ergeben würden, ſofern Aufnahmen nach der Richtung
exiſtirten. Sie zeigen einen ſprechenden Unterſchied der
einzelnen Gewerbearten in der Wohlhabenheit und in
dem Bedürfniß an helfenden Händen für das Geſchäft.
Sie zeigen, daß die Zahlen der techniſchen Gehülfen
nicht allein maßgebend ſind.
Von beſonderem Einfluß auf die Gehülfenzahl iſt
die Thatſache, ob das betreffende Gewerbe auf dem
Lande mit vorkommt. Zahlreiche Landmeiſter ohne Ge-
hülfen neben ſtädtiſchen Meiſtern mit 2 — 3 Gehülfen
geben für den Durchſchnitt des ganzen Gewerbes doch
nur 60 — 80 Gehülfen auf 100 Meiſter. Die Rade-
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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 375. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/397>, abgerufen am 23.11.2024.
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