Es dient nothwendigen lokalen Bedürfnissen, die einer- seits auch heute noch überall vorhanden sind und ande- rerseits nirgends über ein gewisses Maß hinausgehen.
Freilich sind die Differenzen noch stark genug: im Osten beschäftigt es 3 -- 4 %, im Westen 6 und 7 % der Bevölkerung. Am tiefsten steht der Regierungsbezirk Gumbinnen 1861 mit 3,63, dann Bromberg mit 3,66, Posen mit 3,81 %; über 7 % haben die Regierungs- bezirke Liegnitz, Magdeburg, Merseburg, Erfurt, Arns- berg, Düsseldorf; am höchsten steht Erfurt mit 7,83 %.
Um aber zunächst zurückzukehren zu der Provinzial- tabelle und dem Unterschied zwischen den verschiedenen Jahren der Aufnahme, so ist das Rangverhältniß der Provinzen unter sich 1822 und 1861 so ziemlich dasselbe. Posen z. B. hat damals wie jetzt etwa halb so viel Hand- werker als Sachsen. Dieß Resultat hat mich vollständig überrascht; ich hatte, ehe ich die Untersuchung anstellte, erwartet, daß in den westlichen und mittleren Provinzen die Prozentzahl sich weniger geändert zeigen werde; ich dachte mir hier gleichsam das Bedürfniß gesättigt; ich dachte, daß wenn hier Neubildungen stattfinden, sie eher die Form der Fabriken und großen Unternehmungen an- nehmen werden. In den östlichen Provinzen dagegen, dachte ich, war die Zahl selbst der nothwendigsten Hand- werker, wie der Bäcker, Fleischer, Schneider, Schuh- macher, Tischler 1822 noch so gering, daß sie mit der Kulturentwicklung, mit der steigenden Arbeitstheilung hier bedeutend steigen müsse, ich dachte, daß 1822 -- 61 diese Provinzen sich den Zuständen in Mittel- und West- deutschland müßten genähert haben.
Die Veränderungen von 1822 — 61.
Es dient nothwendigen lokalen Bedürfniſſen, die einer- ſeits auch heute noch überall vorhanden ſind und ande- rerſeits nirgends über ein gewiſſes Maß hinausgehen.
Freilich ſind die Differenzen noch ſtark genug: im Oſten beſchäftigt es 3 — 4 %, im Weſten 6 und 7 % der Bevölkerung. Am tiefſten ſteht der Regierungsbezirk Gumbinnen 1861 mit 3,63, dann Bromberg mit 3,66, Poſen mit 3,81 %; über 7 % haben die Regierungs- bezirke Liegnitz, Magdeburg, Merſeburg, Erfurt, Arns- berg, Düſſeldorf; am höchſten ſteht Erfurt mit 7,83 %.
Um aber zunächſt zurückzukehren zu der Provinzial- tabelle und dem Unterſchied zwiſchen den verſchiedenen Jahren der Aufnahme, ſo iſt das Rangverhältniß der Provinzen unter ſich 1822 und 1861 ſo ziemlich daſſelbe. Poſen z. B. hat damals wie jetzt etwa halb ſo viel Hand- werker als Sachſen. Dieß Reſultat hat mich vollſtändig überraſcht; ich hatte, ehe ich die Unterſuchung anſtellte, erwartet, daß in den weſtlichen und mittleren Provinzen die Prozentzahl ſich weniger geändert zeigen werde; ich dachte mir hier gleichſam das Bedürfniß geſättigt; ich dachte, daß wenn hier Neubildungen ſtattfinden, ſie eher die Form der Fabriken und großen Unternehmungen an- nehmen werden. In den öſtlichen Provinzen dagegen, dachte ich, war die Zahl ſelbſt der nothwendigſten Hand- werker, wie der Bäcker, Fleiſcher, Schneider, Schuh- macher, Tiſchler 1822 noch ſo gering, daß ſie mit der Kulturentwicklung, mit der ſteigenden Arbeitstheilung hier bedeutend ſteigen müſſe, ich dachte, daß 1822 — 61 dieſe Provinzen ſich den Zuſtänden in Mittel- und Weſt- deutſchland müßten genähert haben.
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Die Veränderungen von 1822 — 61.
Es dient nothwendigen lokalen Bedürfniſſen, die einer-
ſeits auch heute noch überall vorhanden ſind und ande-
rerſeits nirgends über ein gewiſſes Maß hinausgehen.
Freilich ſind die Differenzen noch ſtark genug: im
Oſten beſchäftigt es 3 — 4 %, im Weſten 6 und 7 %
der Bevölkerung. Am tiefſten ſteht der Regierungsbezirk
Gumbinnen 1861 mit 3,63, dann Bromberg mit 3,66,
Poſen mit 3,81 %; über 7 % haben die Regierungs-
bezirke Liegnitz, Magdeburg, Merſeburg, Erfurt, Arns-
berg, Düſſeldorf; am höchſten ſteht Erfurt mit 7,83 %.
Um aber zunächſt zurückzukehren zu der Provinzial-
tabelle und dem Unterſchied zwiſchen den verſchiedenen
Jahren der Aufnahme, ſo iſt das Rangverhältniß der
Provinzen unter ſich 1822 und 1861 ſo ziemlich daſſelbe.
Poſen z. B. hat damals wie jetzt etwa halb ſo viel Hand-
werker als Sachſen. Dieß Reſultat hat mich vollſtändig
überraſcht; ich hatte, ehe ich die Unterſuchung anſtellte,
erwartet, daß in den weſtlichen und mittleren Provinzen
die Prozentzahl ſich weniger geändert zeigen werde; ich
dachte mir hier gleichſam das Bedürfniß geſättigt; ich
dachte, daß wenn hier Neubildungen ſtattfinden, ſie eher
die Form der Fabriken und großen Unternehmungen an-
nehmen werden. In den öſtlichen Provinzen dagegen,
dachte ich, war die Zahl ſelbſt der nothwendigſten Hand-
werker, wie der Bäcker, Fleiſcher, Schneider, Schuh-
macher, Tiſchler 1822 noch ſo gering, daß ſie mit der
Kulturentwicklung, mit der ſteigenden Arbeitstheilung hier
bedeutend ſteigen müſſe, ich dachte, daß 1822 — 61 dieſe
Provinzen ſich den Zuſtänden in Mittel- und Weſt-
deutſchland müßten genähert haben.
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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/315>, abgerufen am 23.11.2024.
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