er die Aufnahme von 1810 für die Kur- und Neu- mark einer-, für Schlesien andererseits vergleicht, 1 dabei stillschweigend voraussetzend, daß die Zustände 1810 noch ganz als Folge der früheren Gesetzgebung aufzu- fassen seien. In der Kur- und Neumark kommen auf 3 Städter 4 Landleute, in Schlesien auf 2 Städter 9 Landbewohner; d. h. in der Mark sind neben zahl- reichen Städten nur kleine Dörfer, ist das platte Land weniger bewohnt; in Schlesien sind zahlreiche schon etwas größere industrielle Dörfer; Orte, die in der Mark vielleicht schon städtische Rechte haben, zählen hier als Dörfer. Dieser Gegensatz wohl mehr als der von Hoffmann betonte Gegensatz der Verwaltung, d. h. die Nachwirkung der größern Liberalität, mit der die östreichische Regierung das Landhandwerk zuließ, ist als Ursache anzusehen, daß die ländliche Bevölkerung Schlesiens zwar gleich viel Schneider, Schmiede und Stellmacher hat wie die der Kur- und Neumark, aber 1 1/2 mal so viel Tischler, 2 mal so viel Böttcher, 4 mal so viel Schuhmacher, 7 mal so viel Fleischer und 8 mal so viel Bäcker.
In der Zeit nach den Freiheitskriegen, nach der Feststellung des preußischen Zollsystems, nach der Grün- dung des Zollvereins war für den größern Theil der preußischen Monarchie die Gesetzgebung eine andere geworden, wurden für die Zollvereinsstaaten die allge- meinen volkswirthschaftlichen Verhältnisse andere. Wir
1 J. G. Hoffmann, Befugniß zum Gewerbebetrieb S. 17--20.
Die Vertheilung der Gewerbetreibenden.
er die Aufnahme von 1810 für die Kur- und Neu- mark einer-, für Schleſien andererſeits vergleicht, 1 dabei ſtillſchweigend vorausſetzend, daß die Zuſtände 1810 noch ganz als Folge der früheren Geſetzgebung aufzu- faſſen ſeien. In der Kur- und Neumark kommen auf 3 Städter 4 Landleute, in Schleſien auf 2 Städter 9 Landbewohner; d. h. in der Mark ſind neben zahl- reichen Städten nur kleine Dörfer, iſt das platte Land weniger bewohnt; in Schleſien ſind zahlreiche ſchon etwas größere induſtrielle Dörfer; Orte, die in der Mark vielleicht ſchon ſtädtiſche Rechte haben, zählen hier als Dörfer. Dieſer Gegenſatz wohl mehr als der von Hoffmann betonte Gegenſatz der Verwaltung, d. h. die Nachwirkung der größern Liberalität, mit der die öſtreichiſche Regierung das Landhandwerk zuließ, iſt als Urſache anzuſehen, daß die ländliche Bevölkerung Schleſiens zwar gleich viel Schneider, Schmiede und Stellmacher hat wie die der Kur- und Neumark, aber 1 ½ mal ſo viel Tiſchler, 2 mal ſo viel Böttcher, 4 mal ſo viel Schuhmacher, 7 mal ſo viel Fleiſcher und 8 mal ſo viel Bäcker.
In der Zeit nach den Freiheitskriegen, nach der Feſtſtellung des preußiſchen Zollſyſtems, nach der Grün- dung des Zollvereins war für den größern Theil der preußiſchen Monarchie die Geſetzgebung eine andere geworden, wurden für die Zollvereinsſtaaten die allge- meinen volkswirthſchaftlichen Verhältniſſe andere. Wir
1 J. G. Hoffmann, Befugniß zum Gewerbebetrieb S. 17—20.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0290"n="268"/><fwplace="top"type="header">Die Vertheilung der Gewerbetreibenden.</fw><lb/>
er die Aufnahme von 1810 für die Kur- und Neu-<lb/>
mark einer-, für Schleſien andererſeits vergleicht, <noteplace="foot"n="1">J. G. Hoffmann, Befugniß zum Gewerbebetrieb<lb/>
S. 17—20.</note> dabei<lb/>ſtillſchweigend vorausſetzend, daß die Zuſtände 1810<lb/>
noch ganz als Folge der früheren Geſetzgebung aufzu-<lb/>
faſſen ſeien. In der Kur- und Neumark kommen auf<lb/>
3 Städter 4 Landleute, in Schleſien auf 2 Städter<lb/>
9 Landbewohner; d. h. in der Mark ſind neben zahl-<lb/>
reichen Städten nur kleine Dörfer, iſt das platte Land<lb/>
weniger bewohnt; in Schleſien ſind zahlreiche ſchon<lb/>
etwas größere induſtrielle Dörfer; Orte, die in der<lb/>
Mark vielleicht ſchon ſtädtiſche Rechte haben, zählen<lb/>
hier als Dörfer. Dieſer Gegenſatz wohl mehr als<lb/>
der von Hoffmann betonte Gegenſatz der Verwaltung,<lb/>
d. h. die Nachwirkung der größern Liberalität, mit der<lb/>
die öſtreichiſche Regierung das Landhandwerk zuließ, iſt<lb/>
als Urſache anzuſehen, daß die ländliche Bevölkerung<lb/>
Schleſiens zwar gleich viel Schneider, Schmiede und<lb/>
Stellmacher hat wie die der Kur- und Neumark, aber<lb/>
1 ½ mal ſo viel Tiſchler, 2 mal ſo viel Böttcher, 4 mal<lb/>ſo viel Schuhmacher, 7 mal ſo viel Fleiſcher und 8 mal<lb/>ſo viel Bäcker.</p><lb/><p>In der Zeit nach den Freiheitskriegen, nach der<lb/>
Feſtſtellung des preußiſchen Zollſyſtems, nach der Grün-<lb/>
dung des Zollvereins war für den größern Theil der<lb/>
preußiſchen Monarchie die Geſetzgebung eine andere<lb/>
geworden, wurden für die Zollvereinsſtaaten die allge-<lb/>
meinen volkswirthſchaftlichen Verhältniſſe andere. Wir<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[268/0290]
Die Vertheilung der Gewerbetreibenden.
er die Aufnahme von 1810 für die Kur- und Neu-
mark einer-, für Schleſien andererſeits vergleicht, 1 dabei
ſtillſchweigend vorausſetzend, daß die Zuſtände 1810
noch ganz als Folge der früheren Geſetzgebung aufzu-
faſſen ſeien. In der Kur- und Neumark kommen auf
3 Städter 4 Landleute, in Schleſien auf 2 Städter
9 Landbewohner; d. h. in der Mark ſind neben zahl-
reichen Städten nur kleine Dörfer, iſt das platte Land
weniger bewohnt; in Schleſien ſind zahlreiche ſchon
etwas größere induſtrielle Dörfer; Orte, die in der
Mark vielleicht ſchon ſtädtiſche Rechte haben, zählen
hier als Dörfer. Dieſer Gegenſatz wohl mehr als
der von Hoffmann betonte Gegenſatz der Verwaltung,
d. h. die Nachwirkung der größern Liberalität, mit der
die öſtreichiſche Regierung das Landhandwerk zuließ, iſt
als Urſache anzuſehen, daß die ländliche Bevölkerung
Schleſiens zwar gleich viel Schneider, Schmiede und
Stellmacher hat wie die der Kur- und Neumark, aber
1 ½ mal ſo viel Tiſchler, 2 mal ſo viel Böttcher, 4 mal
ſo viel Schuhmacher, 7 mal ſo viel Fleiſcher und 8 mal
ſo viel Bäcker.
In der Zeit nach den Freiheitskriegen, nach der
Feſtſtellung des preußiſchen Zollſyſtems, nach der Grün-
dung des Zollvereins war für den größern Theil der
preußiſchen Monarchie die Geſetzgebung eine andere
geworden, wurden für die Zollvereinsſtaaten die allge-
meinen volkswirthſchaftlichen Verhältniſſe andere. Wir
1 J. G. Hoffmann, Befugniß zum Gewerbebetrieb
S. 17—20.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 268. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/290>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.