vereins." 1 Darüber aber sind alle Kenner einig, daß nicht bloß in Folge des sinkenden Großmeßgeschäfts, sondern auch aus den andern angeführten Ursachen der Kleinverkauf von Handwerkswaaren auf diesen Messen in Braunschweig, in Frankfurt a/M., in Frankfurt a/O., in Leipzig nicht mehr die alte Bedeu- tung hat.
In Bezug auf die eigentlichen Jahrmärkte ist die Beurtheilung der abnehmenden Bedeutung dadurch schwie- rig, daß sie meist nicht bloß Märkte für Kramwaaren und Handwerksprodukte sind, sondern sich verbinden mit Vieh- und andern Spezialproduktenmärkten. Diese letz- tere Marktart hat heute noch ihre volle Berechtigung. Woll-, Leder-, Flachs-, Vieh-, Leinwandmärkte, Spezial- märkte, auf welchen z. B. Tischlerwaaren im Großen verkauft werden, 2 sind auch heute noch am Platz. Derartige Märkte bilden sich sogar täglich neue und erhalten so theilweise mit den alten Krammarkt.
Außerdem kommt in Betracht, daß die Zahl der Märkte nicht bloß von dem wirklichen wirthschaftlichen Bedürfniß abhängt, von der Frage, ob in den stehenden Läden die Waaren billiger und reeller zu kaufen sind, auch nicht bloß von Gewohnheit und Einbildung, von der hergebrachten Neigung, sich auf dem Jahrmarkt an- schwindeln zu lassen, sondern daneben vornehmlich von der Tendenz der Kommunalbehörden, durch Märkte den
1 Zeitschrift d. sächs. stat. Bür. 1861. S. 14.
2 Vergl. Jahresberichte d. württ. Handelskammern 1865 S. 77. 1866 S. 32--33 über die Stuttgarter Möbelmessen.
Die Jahrmärkte und Meſſen früher und jetzt.
vereins.“ 1 Darüber aber ſind alle Kenner einig, daß nicht bloß in Folge des ſinkenden Großmeßgeſchäfts, ſondern auch aus den andern angeführten Urſachen der Kleinverkauf von Handwerkswaaren auf dieſen Meſſen in Braunſchweig, in Frankfurt a/M., in Frankfurt a/O., in Leipzig nicht mehr die alte Bedeu- tung hat.
In Bezug auf die eigentlichen Jahrmärkte iſt die Beurtheilung der abnehmenden Bedeutung dadurch ſchwie- rig, daß ſie meiſt nicht bloß Märkte für Kramwaaren und Handwerksprodukte ſind, ſondern ſich verbinden mit Vieh- und andern Spezialproduktenmärkten. Dieſe letz- tere Marktart hat heute noch ihre volle Berechtigung. Woll-, Leder-, Flachs-, Vieh-, Leinwandmärkte, Spezial- märkte, auf welchen z. B. Tiſchlerwaaren im Großen verkauft werden, 2 ſind auch heute noch am Platz. Derartige Märkte bilden ſich ſogar täglich neue und erhalten ſo theilweiſe mit den alten Krammarkt.
Außerdem kommt in Betracht, daß die Zahl der Märkte nicht bloß von dem wirklichen wirthſchaftlichen Bedürfniß abhängt, von der Frage, ob in den ſtehenden Läden die Waaren billiger und reeller zu kaufen ſind, auch nicht bloß von Gewohnheit und Einbildung, von der hergebrachten Neigung, ſich auf dem Jahrmarkt an- ſchwindeln zu laſſen, ſondern daneben vornehmlich von der Tendenz der Kommunalbehörden, durch Märkte den
1 Zeitſchrift d. ſächſ. ſtat. Bür. 1861. S. 14.
2 Vergl. Jahresberichte d. württ. Handelskammern 1865 S. 77. 1866 S. 32—33 über die Stuttgarter Möbelmeſſen.
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Die Jahrmärkte und Meſſen früher und jetzt.
vereins.“ 1 Darüber aber ſind alle Kenner einig, daß
nicht bloß in Folge des ſinkenden Großmeßgeſchäfts,
ſondern auch aus den andern angeführten Urſachen
der Kleinverkauf von Handwerkswaaren auf dieſen
Meſſen in Braunſchweig, in Frankfurt a/M., in
Frankfurt a/O., in Leipzig nicht mehr die alte Bedeu-
tung hat.
In Bezug auf die eigentlichen Jahrmärkte iſt die
Beurtheilung der abnehmenden Bedeutung dadurch ſchwie-
rig, daß ſie meiſt nicht bloß Märkte für Kramwaaren
und Handwerksprodukte ſind, ſondern ſich verbinden mit
Vieh- und andern Spezialproduktenmärkten. Dieſe letz-
tere Marktart hat heute noch ihre volle Berechtigung.
Woll-, Leder-, Flachs-, Vieh-, Leinwandmärkte, Spezial-
märkte, auf welchen z. B. Tiſchlerwaaren im Großen
verkauft werden, 2 ſind auch heute noch am Platz.
Derartige Märkte bilden ſich ſogar täglich neue und
erhalten ſo theilweiſe mit den alten Krammarkt.
Außerdem kommt in Betracht, daß die Zahl der
Märkte nicht bloß von dem wirklichen wirthſchaftlichen
Bedürfniß abhängt, von der Frage, ob in den ſtehenden
Läden die Waaren billiger und reeller zu kaufen ſind,
auch nicht bloß von Gewohnheit und Einbildung, von
der hergebrachten Neigung, ſich auf dem Jahrmarkt an-
ſchwindeln zu laſſen, ſondern daneben vornehmlich von
der Tendenz der Kommunalbehörden, durch Märkte den
1 Zeitſchrift d. ſächſ. ſtat. Bür. 1861. S. 14.
2 Vergl. Jahresberichte d. württ. Handelskammern 1865
S. 77. 1866 S. 32—33 über die Stuttgarter Möbelmeſſen.
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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/243>, abgerufen am 23.11.2024.
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