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Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870.

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Die Aufnahmen der kleinern Staaten.
1858). Aber ebenso wenig läßt sich leugnen, daß
Sitte und Charakter des Volks ebenso daran Theil
haben. Die Handhabung der Gesetze liegt in der Hand
der Gemeinden. Wo moderner Sinn, Regsamkeit und
Betriebsamkeit ist, da machen die Gemeinden keinen so
engherzigen Gebrauch von ihrem Vetorecht bei neu zu
gründenden Heimwesen. Oberfranken hatte bei derselben
Gesetzgebung 1858 schon über 4000 Menschen auf der
Quadratmeile. Mit der größten Leichtigkeit erfolgte da
aber auch die Niederlassung, besonders in einzelnen
Industriedörfern, wie in den Korbflechtergemeinden.1

Mehr jedenfalls als durch die Niederlassungs- und
Ehegesetzgebung war das gewerbliche Leben durch die
Realgewerberechte und die bestehende Zunftgesetzgebung
gehemmt. Schon zu Anfang des Jahrhunderts hatte
man die Einsicht, daß diese Monopole, diese Ausschlie-
ßungsrechte der Zünfte durchbrochen werden müßten.
Eine Verordnung vom 1. Dezember 1804 und das Gesetz
vom 11. September 1825, welches prinzipiell auf dem
Boden der Gewerbefreiheit steht, suchte diesen Zweck
dadurch zu erreichen, daß den Behörden die Befugniß
zu Konzessionsertheilungen eingeräumt wurde. Das
Konzessionssystem hat ja seine großen Nachtheile; aber
wo die Gewerbefreiheit noch nicht möglich ist, schafft es
doch einige Konkurrenz. Es war auch den ehrbaren bai-
rischen Meistern so unbequem, daß sie sich sehr Mühe
gaben, es zu beseitigen. Schon 1834 wurde das Recht

1 Vergl. Bavaria, Landes- und Volkskunde des König-
reichs Baiern. III. Erste Abtheilung. München 1865. S. 445.

Die Aufnahmen der kleinern Staaten.
1858). Aber ebenſo wenig läßt ſich leugnen, daß
Sitte und Charakter des Volks ebenſo daran Theil
haben. Die Handhabung der Geſetze liegt in der Hand
der Gemeinden. Wo moderner Sinn, Regſamkeit und
Betriebſamkeit iſt, da machen die Gemeinden keinen ſo
engherzigen Gebrauch von ihrem Vetorecht bei neu zu
gründenden Heimweſen. Oberfranken hatte bei derſelben
Geſetzgebung 1858 ſchon über 4000 Menſchen auf der
Quadratmeile. Mit der größten Leichtigkeit erfolgte da
aber auch die Niederlaſſung, beſonders in einzelnen
Induſtriedörfern, wie in den Korbflechtergemeinden.1

Mehr jedenfalls als durch die Niederlaſſungs- und
Ehegeſetzgebung war das gewerbliche Leben durch die
Realgewerberechte und die beſtehende Zunftgeſetzgebung
gehemmt. Schon zu Anfang des Jahrhunderts hatte
man die Einſicht, daß dieſe Monopole, dieſe Ausſchlie-
ßungsrechte der Zünfte durchbrochen werden müßten.
Eine Verordnung vom 1. Dezember 1804 und das Geſetz
vom 11. September 1825, welches prinzipiell auf dem
Boden der Gewerbefreiheit ſteht, ſuchte dieſen Zweck
dadurch zu erreichen, daß den Behörden die Befugniß
zu Konzeſſionsertheilungen eingeräumt wurde. Das
Konzeſſionsſyſtem hat ja ſeine großen Nachtheile; aber
wo die Gewerbefreiheit noch nicht möglich iſt, ſchafft es
doch einige Konkurrenz. Es war auch den ehrbaren bai-
riſchen Meiſtern ſo unbequem, daß ſie ſich ſehr Mühe
gaben, es zu beſeitigen. Schon 1834 wurde das Recht

1 Vergl. Bavaria, Landes- und Volkskunde des König-
reichs Baiern. III. Erſte Abtheilung. München 1865. S. 445.
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[120/0142] Die Aufnahmen der kleinern Staaten. 1858). Aber ebenſo wenig läßt ſich leugnen, daß Sitte und Charakter des Volks ebenſo daran Theil haben. Die Handhabung der Geſetze liegt in der Hand der Gemeinden. Wo moderner Sinn, Regſamkeit und Betriebſamkeit iſt, da machen die Gemeinden keinen ſo engherzigen Gebrauch von ihrem Vetorecht bei neu zu gründenden Heimweſen. Oberfranken hatte bei derſelben Geſetzgebung 1858 ſchon über 4000 Menſchen auf der Quadratmeile. Mit der größten Leichtigkeit erfolgte da aber auch die Niederlaſſung, beſonders in einzelnen Induſtriedörfern, wie in den Korbflechtergemeinden. 1 Mehr jedenfalls als durch die Niederlaſſungs- und Ehegeſetzgebung war das gewerbliche Leben durch die Realgewerberechte und die beſtehende Zunftgeſetzgebung gehemmt. Schon zu Anfang des Jahrhunderts hatte man die Einſicht, daß dieſe Monopole, dieſe Ausſchlie- ßungsrechte der Zünfte durchbrochen werden müßten. Eine Verordnung vom 1. Dezember 1804 und das Geſetz vom 11. September 1825, welches prinzipiell auf dem Boden der Gewerbefreiheit ſteht, ſuchte dieſen Zweck dadurch zu erreichen, daß den Behörden die Befugniß zu Konzeſſionsertheilungen eingeräumt wurde. Das Konzeſſionsſyſtem hat ja ſeine großen Nachtheile; aber wo die Gewerbefreiheit noch nicht möglich iſt, ſchafft es doch einige Konkurrenz. Es war auch den ehrbaren bai- riſchen Meiſtern ſo unbequem, daß ſie ſich ſehr Mühe gaben, es zu beſeitigen. Schon 1834 wurde das Recht 1 Vergl. Bavaria, Landes- und Volkskunde des König- reichs Baiern. III. Erſte Abtheilung. München 1865. S. 445.

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Zitationshilfe: Schmoller, Gustav: Zur Geschichte der deutschen Kleingewerbe im 19. Jahrhundert. Halle (Saale), 1870, S. 120. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_kleingewerbe_1870/142>, abgerufen am 25.11.2024.