Und Ähnliches gilt vom geographischen Nachbareinfluß, der wirtschaftlich gewiß die größte Bedeutung hat. Pflanzen und Tiere, Waren und Werkzeuge, gelernte Arbeiter und Handelseinrichtungen, die ganze Struktur der Volkswirtschaft sind ebenso wie Konsumtionssitten und Mode meist von einem Nachbarlande zum anderen übergegangen, sofern sie direkt aneinander grenzten oder durch Verkehr, Krieg, Eroberung und Ein- wanderung in Berührung kamen. Der ganze Wandergang der menschlichen Kultur von Indien, Mesopotamien und Ägypten nach Griechenland und Italien, dann nach Mittel- und Nordeuropa, endlich nach Amerika wird nur verständlich durch die natürlich und geographisch gegebenen Nachbarbeziehungen. Aber im einzelnen ist auch dieser Zusammen- hang immer mehr ein möglicher als ein notwendiger. Je nach den Mitteln der Technik, über die eine Zeit verfügt, sind Meere, Flüsse, Gebirge mehr Trennungs- oder mehr Verbindungsmittel.
Aber das bleibt doch wahr, daß es natürliche Ländergebiete mit bestimmtem Charakter giebt, daß ihre Erhebung, ihr Klima, ihre Lage und Nachbarschaft, ihr Boden auf Menschen, Pflanzen und Tiere einheitliche Wirkungen ausübt, daß daraus dauernde Folgen für die Geschicke der Völker sich ergeben. --
Kann man so die Kontinente und Länder als individuelle und typische Einheiten mit bestimmtem Charakter und bestimmten Folgen erfassen, so wird man noch besser die Untersuchung specialisieren und z. B. mit Ratzel folgende Fragen unterscheiden können: 1. wie wirken die Naturverhältnisse physiologisch, 2. psychologisch auf den Menschen, 3. welche Zeiträume und Bedingungen schaffen einen Rassentypus, der auch in anderer Natur sich erhält? wir wollen darauf kurz im nächsten Abschnitte über die Rassen kommen; 4. wie wirkt die Natur auf die Ausbreitung der Stämme und Völker, 5. auf Sonderung und leichten Verkehr, 6. auf bestimmte wirtschaftliche Lebensweise. Die vierte Frage liegt uns hier ferner; die Fragen 5 und 6 fassen wir zusammen, spalten sie jedoch weiter in folgende: wie wirken a) das Klima, b) die geologischen und Bodenverhältnisse sowie die Wasserverteilung, c) die Flora und Fauna der Kontinente und Länder?
54. Das Klima. Man versteht unter Klima wohl auch das Ganze der äußeren Natureinflüsse, richtiger aber die Wärme und Kälte, die Feuchtigkeit und Trockenheit der Luft, sowie die Luftbewegungen, die beides vermitteln und beeinflussen. Die Luft dringt in alle organischen Wesen ein, bringt Wärme und Feuchtigkeit überall hin. Daher die enorme Bedeutung der Luftströmungen und Winde. Wärme und Wasser bedingen alle organische, pflanzliche, tierische und menschliche Entwickelung und zwar in der Weise, daß ihr gänzlicher Mangel alles Leben ausschließt, ihre zu intensive Wirkung es lähmt und gefährdet; das Mittelmaß von Wärme und Feuchtigkeit wirkt am günstigsten. Die Wärme ist von der Sonne, dem senkrechten oder schiefen Einfall ihrer Strahlen, also von der Stellung der Erdachse, der Polhöhe der einzelnen Länder, dem damit gegebenen Wechsel der Jahres- und Tageszeiten und der Erhebung über die Meeresfläche abhängig; weiterhin aber von den Luft- und Wasserströmungen und der periodischen Bewölkung. Die Feuchtigkeit ist in erster Linie bedingt durch die Nähe der Meere und der großen Wasserflächen, welche im Zusammenhang hauptsächlich mit den Luftströmungen und Ge- birgen das absolute Maß und die Verteilung des Regens im Jahre bestimmen.
Die Einteilung der Erde in eine tropische, gemäßigte und kalte Zone, oder in weitere Abteilungen, tropische und subtropische, südlich und nördlich gemäßigte Zone etc. stellt den Versuch dar, die genannten Wirkungen, in große Gruppen gegliedert, über- sichtlich zu machen; die Grenzen der Zonen werden teils einfach nach Breitengraden, teils nach der Jahresdurchschnittswärme, teils nach dem Fortkommen der Hauptpflanzen gebildet und sind deshalb da und dort in ihrer Flächengröße verschieden angegeben. Wenn wir die heiße Zone bis zum 23,5., die gemäßigte bis zum 66,5. Breitengrade rechnen, so fallen auf die erstere 40, die zweite 52, die kalte Zone 8 % der Erdoberfläche; scheiden wir nach den Linien gleicher Jahreswärme, den Isothermen bei 20° und 0° Celsius, so fallen auf die heiße Zone 49,3, auf die gemäßigte 38,5, auf die kalte 12,2 % der
Erſtes Buch. Land, Leute und Technik.
Und Ähnliches gilt vom geographiſchen Nachbareinfluß, der wirtſchaftlich gewiß die größte Bedeutung hat. Pflanzen und Tiere, Waren und Werkzeuge, gelernte Arbeiter und Handelseinrichtungen, die ganze Struktur der Volkswirtſchaft ſind ebenſo wie Konſumtionsſitten und Mode meiſt von einem Nachbarlande zum anderen übergegangen, ſofern ſie direkt aneinander grenzten oder durch Verkehr, Krieg, Eroberung und Ein- wanderung in Berührung kamen. Der ganze Wandergang der menſchlichen Kultur von Indien, Meſopotamien und Ägypten nach Griechenland und Italien, dann nach Mittel- und Nordeuropa, endlich nach Amerika wird nur verſtändlich durch die natürlich und geographiſch gegebenen Nachbarbeziehungen. Aber im einzelnen iſt auch dieſer Zuſammen- hang immer mehr ein möglicher als ein notwendiger. Je nach den Mitteln der Technik, über die eine Zeit verfügt, ſind Meere, Flüſſe, Gebirge mehr Trennungs- oder mehr Verbindungsmittel.
Aber das bleibt doch wahr, daß es natürliche Ländergebiete mit beſtimmtem Charakter giebt, daß ihre Erhebung, ihr Klima, ihre Lage und Nachbarſchaft, ihr Boden auf Menſchen, Pflanzen und Tiere einheitliche Wirkungen ausübt, daß daraus dauernde Folgen für die Geſchicke der Völker ſich ergeben. —
Kann man ſo die Kontinente und Länder als individuelle und typiſche Einheiten mit beſtimmtem Charakter und beſtimmten Folgen erfaſſen, ſo wird man noch beſſer die Unterſuchung ſpecialiſieren und z. B. mit Ratzel folgende Fragen unterſcheiden können: 1. wie wirken die Naturverhältniſſe phyſiologiſch, 2. pſychologiſch auf den Menſchen, 3. welche Zeiträume und Bedingungen ſchaffen einen Raſſentypus, der auch in anderer Natur ſich erhält? wir wollen darauf kurz im nächſten Abſchnitte über die Raſſen kommen; 4. wie wirkt die Natur auf die Ausbreitung der Stämme und Völker, 5. auf Sonderung und leichten Verkehr, 6. auf beſtimmte wirtſchaftliche Lebensweiſe. Die vierte Frage liegt uns hier ferner; die Fragen 5 und 6 faſſen wir zuſammen, ſpalten ſie jedoch weiter in folgende: wie wirken a) das Klima, b) die geologiſchen und Bodenverhältniſſe ſowie die Waſſerverteilung, c) die Flora und Fauna der Kontinente und Länder?
54. Das Klima. Man verſteht unter Klima wohl auch das Ganze der äußeren Natureinflüſſe, richtiger aber die Wärme und Kälte, die Feuchtigkeit und Trockenheit der Luft, ſowie die Luftbewegungen, die beides vermitteln und beeinfluſſen. Die Luft dringt in alle organiſchen Weſen ein, bringt Wärme und Feuchtigkeit überall hin. Daher die enorme Bedeutung der Luftſtrömungen und Winde. Wärme und Waſſer bedingen alle organiſche, pflanzliche, tieriſche und menſchliche Entwickelung und zwar in der Weiſe, daß ihr gänzlicher Mangel alles Leben ausſchließt, ihre zu intenſive Wirkung es lähmt und gefährdet; das Mittelmaß von Wärme und Feuchtigkeit wirkt am günſtigſten. Die Wärme iſt von der Sonne, dem ſenkrechten oder ſchiefen Einfall ihrer Strahlen, alſo von der Stellung der Erdachſe, der Polhöhe der einzelnen Länder, dem damit gegebenen Wechſel der Jahres- und Tageszeiten und der Erhebung über die Meeresfläche abhängig; weiterhin aber von den Luft- und Waſſerſtrömungen und der periodiſchen Bewölkung. Die Feuchtigkeit iſt in erſter Linie bedingt durch die Nähe der Meere und der großen Waſſerflächen, welche im Zuſammenhang hauptſächlich mit den Luftſtrömungen und Ge- birgen das abſolute Maß und die Verteilung des Regens im Jahre beſtimmen.
Die Einteilung der Erde in eine tropiſche, gemäßigte und kalte Zone, oder in weitere Abteilungen, tropiſche und ſubtropiſche, ſüdlich und nördlich gemäßigte Zone ꝛc. ſtellt den Verſuch dar, die genannten Wirkungen, in große Gruppen gegliedert, über- ſichtlich zu machen; die Grenzen der Zonen werden teils einfach nach Breitengraden, teils nach der Jahresdurchſchnittswärme, teils nach dem Fortkommen der Hauptpflanzen gebildet und ſind deshalb da und dort in ihrer Flächengröße verſchieden angegeben. Wenn wir die heiße Zone bis zum 23,5., die gemäßigte bis zum 66,5. Breitengrade rechnen, ſo fallen auf die erſtere 40, die zweite 52, die kalte Zone 8 % der Erdoberfläche; ſcheiden wir nach den Linien gleicher Jahreswärme, den Iſothermen bei 20° und 0° Celſius, ſo fallen auf die heiße Zone 49,3, auf die gemäßigte 38,5, auf die kalte 12,2 % der
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Erſtes Buch. Land, Leute und Technik.
Und Ähnliches gilt vom geographiſchen Nachbareinfluß, der wirtſchaftlich gewiß
die größte Bedeutung hat. Pflanzen und Tiere, Waren und Werkzeuge, gelernte Arbeiter
und Handelseinrichtungen, die ganze Struktur der Volkswirtſchaft ſind ebenſo wie
Konſumtionsſitten und Mode meiſt von einem Nachbarlande zum anderen übergegangen,
ſofern ſie direkt aneinander grenzten oder durch Verkehr, Krieg, Eroberung und Ein-
wanderung in Berührung kamen. Der ganze Wandergang der menſchlichen Kultur von
Indien, Meſopotamien und Ägypten nach Griechenland und Italien, dann nach Mittel-
und Nordeuropa, endlich nach Amerika wird nur verſtändlich durch die natürlich und
geographiſch gegebenen Nachbarbeziehungen. Aber im einzelnen iſt auch dieſer Zuſammen-
hang immer mehr ein möglicher als ein notwendiger. Je nach den Mitteln der Technik,
über die eine Zeit verfügt, ſind Meere, Flüſſe, Gebirge mehr Trennungs- oder mehr
Verbindungsmittel.
Aber das bleibt doch wahr, daß es natürliche Ländergebiete mit beſtimmtem
Charakter giebt, daß ihre Erhebung, ihr Klima, ihre Lage und Nachbarſchaft, ihr Boden
auf Menſchen, Pflanzen und Tiere einheitliche Wirkungen ausübt, daß daraus dauernde
Folgen für die Geſchicke der Völker ſich ergeben. —
Kann man ſo die Kontinente und Länder als individuelle und typiſche Einheiten
mit beſtimmtem Charakter und beſtimmten Folgen erfaſſen, ſo wird man noch beſſer die
Unterſuchung ſpecialiſieren und z. B. mit Ratzel folgende Fragen unterſcheiden können:
1. wie wirken die Naturverhältniſſe phyſiologiſch, 2. pſychologiſch auf den Menſchen,
3. welche Zeiträume und Bedingungen ſchaffen einen Raſſentypus, der auch in anderer
Natur ſich erhält? wir wollen darauf kurz im nächſten Abſchnitte über die Raſſen
kommen; 4. wie wirkt die Natur auf die Ausbreitung der Stämme und Völker, 5. auf
Sonderung und leichten Verkehr, 6. auf beſtimmte wirtſchaftliche Lebensweiſe. Die
vierte Frage liegt uns hier ferner; die Fragen 5 und 6 faſſen wir zuſammen, ſpalten
ſie jedoch weiter in folgende: wie wirken a) das Klima, b) die geologiſchen und
Bodenverhältniſſe ſowie die Waſſerverteilung, c) die Flora und Fauna der Kontinente
und Länder?
54. Das Klima. Man verſteht unter Klima wohl auch das Ganze der äußeren
Natureinflüſſe, richtiger aber die Wärme und Kälte, die Feuchtigkeit und Trockenheit
der Luft, ſowie die Luftbewegungen, die beides vermitteln und beeinfluſſen. Die Luft
dringt in alle organiſchen Weſen ein, bringt Wärme und Feuchtigkeit überall hin.
Daher die enorme Bedeutung der Luftſtrömungen und Winde. Wärme und Waſſer
bedingen alle organiſche, pflanzliche, tieriſche und menſchliche Entwickelung und zwar in
der Weiſe, daß ihr gänzlicher Mangel alles Leben ausſchließt, ihre zu intenſive Wirkung
es lähmt und gefährdet; das Mittelmaß von Wärme und Feuchtigkeit wirkt am günſtigſten.
Die Wärme iſt von der Sonne, dem ſenkrechten oder ſchiefen Einfall ihrer Strahlen, alſo
von der Stellung der Erdachſe, der Polhöhe der einzelnen Länder, dem damit gegebenen
Wechſel der Jahres- und Tageszeiten und der Erhebung über die Meeresfläche abhängig;
weiterhin aber von den Luft- und Waſſerſtrömungen und der periodiſchen Bewölkung.
Die Feuchtigkeit iſt in erſter Linie bedingt durch die Nähe der Meere und der großen
Waſſerflächen, welche im Zuſammenhang hauptſächlich mit den Luftſtrömungen und Ge-
birgen das abſolute Maß und die Verteilung des Regens im Jahre beſtimmen.
Die Einteilung der Erde in eine tropiſche, gemäßigte und kalte Zone, oder in
weitere Abteilungen, tropiſche und ſubtropiſche, ſüdlich und nördlich gemäßigte Zone ꝛc.
ſtellt den Verſuch dar, die genannten Wirkungen, in große Gruppen gegliedert, über-
ſichtlich zu machen; die Grenzen der Zonen werden teils einfach nach Breitengraden, teils
nach der Jahresdurchſchnittswärme, teils nach dem Fortkommen der Hauptpflanzen
gebildet und ſind deshalb da und dort in ihrer Flächengröße verſchieden angegeben. Wenn
wir die heiße Zone bis zum 23,5., die gemäßigte bis zum 66,5. Breitengrade rechnen, ſo
fallen auf die erſtere 40, die zweite 52, die kalte Zone 8 % der Erdoberfläche; ſcheiden
wir nach den Linien gleicher Jahreswärme, den Iſothermen bei 20° und 0° Celſius, ſo
fallen auf die heiße Zone 49,3, auf die gemäßigte 38,5, auf die kalte 12,2 % der
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Schmoller, Gustav: Grundriß der Allgemeinen Volkswirtschaftslehre. Bd. 1. Leipzig, 1900, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmoller_grundriss01_1900/146>, abgerufen am 09.11.2024.
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