Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schmolck, Benjamin: Das Himmlische Vergnügen in Gott, oder vollständiges Gebett-Buch. Neue Aufl. Basel, 1753.

Bild:
<< vorherige Seite

Gebett in Kranckheit.
ehe sie ruffen, und wann sie noch reden, will ich hö-
ren. Ach! so höre doch, weil ich ruffe, und ant-
worte doch zum wenigsten, wann ich wehmüthig re-
de. O ewige Wahrheit! wo bleibt dein Wort?
Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und bela-
den seyd, ich will euch erquicken: Ist jemand müh-
selig, so bin ichs: Ist jemand beladen, so bin ichs:
Ach so komme doch zu mir, wann ich zu dir kom-
me. Vatter! dein Kind stehet auf schwachen Füs-
sen; und wann du deine Hand von mir abziehest,
so ist es mit mir gethan, und so bin ich schon be-
quem genug, in die grösten Sünden und Stra-
fen der Sünden zu fallen: Darum laß ich dich nicht,
ich halte mich fest an dich, wie ein kleines Kind,
wann es mit seinem Vatter über hohe Klippen
steiget; darum verlaß du mich auch nicht, sondern
halte mich mit deiner Gnaden-Hand, bis die Angst
fürüber gehe: Und laß mich nicht fallen, dann sonst
möchten deine und meine Feinde rühmen, daß sie ein
solch Hertz gefället, welches auf dich vertrauet hat.
Nun, HErr, ich hoffe auf dich, laß mich nicht zu
Schanden werden; ich glaube deiner Verheissung,
aber die Hand meines Glaubens zittert: Darum
komm doch zu Hülffe meinem Unglauben, und sey
doch, o starcker GOTT! in meiner Schwachheit
mächtig, Amen.

Der großmüthige Patient.

HErr! mein Elend hält an, mein Jammer nimmt
zu, meine Schmertzen wachsen, und mein
Leiden vermehret sich allenthalben. Aber meine Zu-

flucht

Gebett in Kranckheit.
ehe ſie ruffen, und wann ſie noch reden, will ich hö-
ren. Ach! ſo höre doch, weil ich ruffe, und ant-
worte doch zum wenigſten, wann ich wehmüthig re-
de. O ewige Wahrheit! wo bleibt dein Wort?
Kommt her zu mir alle, die ihr mühſelig und bela-
den ſeyd, ich will euch erquicken: Iſt jemand müh-
ſelig, ſo bin ichs: Iſt jemand beladen, ſo bin ichs:
Ach ſo komme doch zu mir, wann ich zu dir kom-
me. Vatter! dein Kind ſtehet auf ſchwachen Füſ-
ſen; und wann du deine Hand von mir abzieheſt,
ſo iſt es mit mir gethan, und ſo bin ich ſchon be-
quem genug, in die gröſten Sünden und Stra-
fen der Sünden zu fallen: Darum laß ich dich nicht,
ich halte mich feſt an dich, wie ein kleines Kind,
wann es mit ſeinem Vatter über hohe Klippen
ſteiget; darum verlaß du mich auch nicht, ſondern
halte mich mit deiner Gnaden-Hand, bis die Angſt
fürüber gehe: Und laß mich nicht fallen, dann ſonſt
möchten deine und meine Feinde rühmen, daß ſie ein
ſolch Hertz gefället, welches auf dich vertrauet hat.
Nun, HErr, ich hoffe auf dich, laß mich nicht zu
Schanden werden; ich glaube deiner Verheiſſung,
aber die Hand meines Glaubens zittert: Darum
komm doch zu Hülffe meinem Unglauben, und ſey
doch, o ſtarcker GOTT! in meiner Schwachheit
mächtig, Amen.

Der großmüthige Patient.

HErr! mein Elend hält an, mein Jammer nimmt
zu, meine Schmertzen wachſen, und mein
Leiden vermehret ſich allenthalben. Aber meine Zu-

flucht
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0668" n="646"/><fw place="top" type="header">Gebett in Kranckheit.</fw><lb/>
ehe &#x017F;ie ruffen, und wann &#x017F;ie noch reden, will ich hö-<lb/>
ren. Ach! &#x017F;o höre doch, weil ich ruffe, und ant-<lb/>
worte doch zum wenig&#x017F;ten, wann ich wehmüthig re-<lb/>
de. O ewige Wahrheit! wo bleibt dein Wort?<lb/>
Kommt her zu mir alle, die ihr müh&#x017F;elig und bela-<lb/>
den &#x017F;eyd, ich will euch erquicken: I&#x017F;t jemand müh-<lb/>
&#x017F;elig, &#x017F;o bin ichs: I&#x017F;t jemand beladen, &#x017F;o bin ichs:<lb/>
Ach &#x017F;o komme doch zu mir, wann ich zu dir kom-<lb/>
me. Vatter! dein Kind &#x017F;tehet auf &#x017F;chwachen Fü&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en; und wann du deine Hand von mir abziehe&#x017F;t,<lb/>
&#x017F;o i&#x017F;t es mit mir gethan, und &#x017F;o bin ich &#x017F;chon be-<lb/>
quem genug, in die grö&#x017F;ten Sünden und Stra-<lb/>
fen der Sünden zu fallen: Darum laß ich dich nicht,<lb/>
ich halte mich fe&#x017F;t an dich, wie ein kleines Kind,<lb/>
wann es mit &#x017F;einem Vatter über hohe Klippen<lb/>
&#x017F;teiget; darum verlaß du mich auch nicht, &#x017F;ondern<lb/>
halte mich mit deiner Gnaden-Hand, bis die Ang&#x017F;t<lb/>
fürüber gehe: Und laß mich nicht fallen, dann &#x017F;on&#x017F;t<lb/>
möchten deine und meine Feinde rühmen, daß &#x017F;ie ein<lb/>
&#x017F;olch Hertz gefället, welches auf dich vertrauet hat.<lb/>
Nun, HErr, ich hoffe auf dich, laß mich nicht zu<lb/>
Schanden werden; ich glaube deiner Verhei&#x017F;&#x017F;ung,<lb/>
aber die Hand meines Glaubens zittert: Darum<lb/>
komm doch zu Hülffe meinem Unglauben, und &#x017F;ey<lb/>
doch, o &#x017F;tarcker GOTT! in meiner Schwachheit<lb/>
mächtig, Amen.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>Der großmüthige Patient.</head><lb/>
          <p><hi rendition="#in">H</hi>Err! mein Elend hält an, mein Jammer nimmt<lb/>
zu, meine Schmertzen wach&#x017F;en, und mein<lb/>
Leiden vermehret &#x017F;ich allenthalben. Aber meine Zu-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">flucht</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[646/0668] Gebett in Kranckheit. ehe ſie ruffen, und wann ſie noch reden, will ich hö- ren. Ach! ſo höre doch, weil ich ruffe, und ant- worte doch zum wenigſten, wann ich wehmüthig re- de. O ewige Wahrheit! wo bleibt dein Wort? Kommt her zu mir alle, die ihr mühſelig und bela- den ſeyd, ich will euch erquicken: Iſt jemand müh- ſelig, ſo bin ichs: Iſt jemand beladen, ſo bin ichs: Ach ſo komme doch zu mir, wann ich zu dir kom- me. Vatter! dein Kind ſtehet auf ſchwachen Füſ- ſen; und wann du deine Hand von mir abzieheſt, ſo iſt es mit mir gethan, und ſo bin ich ſchon be- quem genug, in die gröſten Sünden und Stra- fen der Sünden zu fallen: Darum laß ich dich nicht, ich halte mich feſt an dich, wie ein kleines Kind, wann es mit ſeinem Vatter über hohe Klippen ſteiget; darum verlaß du mich auch nicht, ſondern halte mich mit deiner Gnaden-Hand, bis die Angſt fürüber gehe: Und laß mich nicht fallen, dann ſonſt möchten deine und meine Feinde rühmen, daß ſie ein ſolch Hertz gefället, welches auf dich vertrauet hat. Nun, HErr, ich hoffe auf dich, laß mich nicht zu Schanden werden; ich glaube deiner Verheiſſung, aber die Hand meines Glaubens zittert: Darum komm doch zu Hülffe meinem Unglauben, und ſey doch, o ſtarcker GOTT! in meiner Schwachheit mächtig, Amen. Der großmüthige Patient. HErr! mein Elend hält an, mein Jammer nimmt zu, meine Schmertzen wachſen, und mein Leiden vermehret ſich allenthalben. Aber meine Zu- flucht

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schmolck_vergnuegen_1753
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schmolck_vergnuegen_1753/668
Zitationshilfe: Schmolck, Benjamin: Das Himmlische Vergnügen in Gott, oder vollständiges Gebett-Buch. Neue Aufl. Basel, 1753, S. 646. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmolck_vergnuegen_1753/668>, abgerufen am 23.11.2024.