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Schmolck, Benjamin: Das Himmlische Vergnügen in Gott, oder vollständiges Gebett-Buch. Neue Aufl. Basel, 1753.

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Gebett in Kranckheit.
Darum verlanget mich nur der Geringste zu seyn,
auch meinen Palmzweig zu deinen Ehren aufzuhe-
ben; ich höre schon das heilige Chor, das Lied des
Lamms, anstimmen, darum wollte ich gern der Un-
terste seyn in diesem höhern Chor, um auch meine
Stimme zu deinen Ehren hören zu lassen. HErr,
du Brunnquell meines Lebens, zu dir schreye ich:
Nach dir verlanget mich, wie ein Hirsch nach frischem
Wasser. Ach komm doch, komm doch, du mächti-
ger Erlöser! komm, mein Heyland! komm, HErr
JEsu! komm, du einziges Verlangen meiner See-
le! komm, du einzige Vergnügung meines Hertzens!
schon lange hat mich nach dir mit Verlangen ver-
langt! Komm, du schöne Freuden-Crone, bleib nicht
lange, deiner wart ich mit Verlangen, Amen!
Amen.

Der Kleinmüthige hält an.

ACh GOtt! ich bin eine unter den trostlosen See-
len, über die alle Wetter gehen: Von Freun-
den verlassen, von Feinden gehasset, von Mitteln
entblösset; über mir schreckt mich dein zorniges An-
gesicht, in mir ein beschuldigendes Gewissen, un-
ter mir dräuet Satan mit aufgesperrtem Rachen
den Untergang; ausser mir stellt mir die Welt
nach, und leget mir tausend Stricke: Auch trag
ich täglich einen arglistigen Feind in meinem eigenen
Busen; ich schwemme mein Bethe die gantze Nacht,
und netze mit meinen Thränen mein Lager, meine
Gestalt ist verfallen, für Trauren bin ich alt wor-

den:

Gebett in Kranckheit.
Darum verlanget mich nur der Geringſte zu ſeyn,
auch meinen Palmzweig zu deinen Ehren aufzuhe-
ben; ich höre ſchon das heilige Chor, das Lied des
Lamms, anſtimmen, darum wollte ich gern der Un-
terſte ſeyn in dieſem höhern Chor, um auch meine
Stimme zu deinen Ehren hören zu laſſen. HErr,
du Brunnquell meines Lebens, zu dir ſchreye ich:
Nach dir verlanget mich, wie ein Hirſch nach friſchem
Waſſer. Ach komm doch, komm doch, du mächti-
ger Erlöſer! komm, mein Heyland! komm, HErr
JEſu! komm, du einziges Verlangen meiner See-
le! komm, du einzige Vergnügung meines Hertzens!
ſchon lange hat mich nach dir mit Verlangen ver-
langt! Komm, du ſchöne Freuden-Crone, bleib nicht
lange, deiner wart ich mit Verlangen, Amen!
Amen.

Der Kleinmüthige hält an.

ACh GOtt! ich bin eine unter den troſtloſen See-
len, über die alle Wetter gehen: Von Freun-
den verlaſſen, von Feinden gehaſſet, von Mitteln
entblöſſet; über mir ſchreckt mich dein zorniges An-
geſicht, in mir ein beſchuldigendes Gewiſſen, un-
ter mir dräuet Satan mit aufgeſperrtem Rachen
den Untergang; auſſer mir ſtellt mir die Welt
nach, und leget mir tauſend Stricke: Auch trag
ich täglich einen argliſtigen Feind in meinem eigenen
Buſen; ich ſchwemme mein Bethe die gantze Nacht,
und netze mit meinen Thränen mein Lager, meine
Geſtalt iſt verfallen, für Trauren bin ich alt wor-

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[644/0666] Gebett in Kranckheit. Darum verlanget mich nur der Geringſte zu ſeyn, auch meinen Palmzweig zu deinen Ehren aufzuhe- ben; ich höre ſchon das heilige Chor, das Lied des Lamms, anſtimmen, darum wollte ich gern der Un- terſte ſeyn in dieſem höhern Chor, um auch meine Stimme zu deinen Ehren hören zu laſſen. HErr, du Brunnquell meines Lebens, zu dir ſchreye ich: Nach dir verlanget mich, wie ein Hirſch nach friſchem Waſſer. Ach komm doch, komm doch, du mächti- ger Erlöſer! komm, mein Heyland! komm, HErr JEſu! komm, du einziges Verlangen meiner See- le! komm, du einzige Vergnügung meines Hertzens! ſchon lange hat mich nach dir mit Verlangen ver- langt! Komm, du ſchöne Freuden-Crone, bleib nicht lange, deiner wart ich mit Verlangen, Amen! Amen. Der Kleinmüthige hält an. ACh GOtt! ich bin eine unter den troſtloſen See- len, über die alle Wetter gehen: Von Freun- den verlaſſen, von Feinden gehaſſet, von Mitteln entblöſſet; über mir ſchreckt mich dein zorniges An- geſicht, in mir ein beſchuldigendes Gewiſſen, un- ter mir dräuet Satan mit aufgeſperrtem Rachen den Untergang; auſſer mir ſtellt mir die Welt nach, und leget mir tauſend Stricke: Auch trag ich täglich einen argliſtigen Feind in meinem eigenen Buſen; ich ſchwemme mein Bethe die gantze Nacht, und netze mit meinen Thränen mein Lager, meine Geſtalt iſt verfallen, für Trauren bin ich alt wor- den:

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Zitationshilfe: Schmolck, Benjamin: Das Himmlische Vergnügen in Gott, oder vollständiges Gebett-Buch. Neue Aufl. Basel, 1753, S. 644. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmolck_vergnuegen_1753/666>, abgerufen am 08.07.2024.