Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schmolck, Benjamin: Das Himmlische Vergnügen in Gott, oder vollständiges Gebett-Buch. Neue Aufl. Basel, 1753.

Bild:
<< vorherige Seite

Gebett um ein mitleidiges Hertz,
wirst uns als deine Knechte, die über wenigem ge-
treu gewesen, heissen eingehen zu unser ewigen Freu-
de, Amen.

Gebett um ein mitleidiges Hertz, wohl zu
thun.
Matth. 22, 29. Du sollt deinen Nächsten lieben als dich selbst.

OMein allgenugsamer GOtt! der du nicht mü-
de wirst, mir alle Tage, ja alle Stunden und
Augenblick wohl zu thun. Es ist ein Stück deiner
Weisheit, daß Reiche und Arme müssen unter ein-
ander seyn: Du hättest gar leicht alle Menschen mit
Uberfluß segnen können, daß ein Mensch des andern
Hülffe nicht nöthig hätte: Aber du hast die Reichen
stellen wollen, als Brunnen, die die Wasser ihrer
gutthätigen Liebe sollen auf die Gassen der Armen
heraus fliessen lassen, ihren durch die Liebe thätigen
Glauben dadurch zu offenbaren. Du hast die Ar-
men darstellen wollen, als Vorwürffe der Liebe, ih-
ren Glauben, Gedult und Vertrauen auf deine gnä-
dige Fürsehung zu prüffen: Darum bitte ich dich,
mein GOtt! behüte mich vor einem unempfindli-
chen, geitzigen und lieblosen Hertzen; denn ich
würde des Segens nicht werth seyn, den du mir
gönnest, wann ich nicht etwas mittheilen sollte de-
nen, die es so gar nöthig haben; dann der Vorrath
in meinem Hause, die Speisen auf meinem Tisch,
und die Kleider an meinem Leibe würden mich der
Undanckbarkeit beschuldigen, wann ich nichts sollte
übrig finden, den Armen Guts zu thun, die Na-

cken-

Gebett um ein mitleidiges Hertz,
wirſt uns als deine Knechte, die über wenigem ge-
treu geweſen, heiſſen eingehen zu unſer ewigen Freu-
de, Amen.

Gebett um ein mitleidiges Hertz, wohl zu
thun.
Matth. 22, 29. Du ſollt deinen Nächſten lieben als dich ſelbſt.

OMein allgenugſamer GOtt! der du nicht mü-
de wirſt, mir alle Tage, ja alle Stunden und
Augenblick wohl zu thun. Es iſt ein Stück deiner
Weisheit, daß Reiche und Arme müſſen unter ein-
ander ſeyn: Du hätteſt gar leicht alle Menſchen mit
Uberfluß ſegnen können, daß ein Menſch des andern
Hülffe nicht nöthig hätte: Aber du haſt die Reichen
ſtellen wollen, als Brunnen, die die Waſſer ihrer
gutthätigen Liebe ſollen auf die Gaſſen der Armen
heraus flieſſen laſſen, ihren durch die Liebe thätigen
Glauben dadurch zu offenbaren. Du haſt die Ar-
men darſtellen wollen, als Vorwürffe der Liebe, ih-
ren Glauben, Gedult und Vertrauen auf deine gnä-
dige Fürſehung zu prüffen: Darum bitte ich dich,
mein GOtt! behüte mich vor einem unempfindli-
chen, geitzigen und liebloſen Hertzen; denn ich
würde des Segens nicht werth ſeyn, den du mir
gönneſt, wann ich nicht etwas mittheilen ſollte de-
nen, die es ſo gar nöthig haben; dann der Vorrath
in meinem Hauſe, die Speiſen auf meinem Tiſch,
und die Kleider an meinem Leibe würden mich der
Undanckbarkeit beſchuldigen, wann ich nichts ſollte
übrig finden, den Armen Guts zu thun, die Na-

cken-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0440" n="418"/><fw place="top" type="header">Gebett um ein mitleidiges Hertz,</fw><lb/>
wir&#x017F;t uns als deine Knechte, die über wenigem ge-<lb/>
treu gewe&#x017F;en, hei&#x017F;&#x017F;en eingehen zu un&#x017F;er ewigen Freu-<lb/>
de, Amen.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head>Gebett um ein mitleidiges Hertz, wohl zu<lb/>
thun.</head><lb/>
          <cit>
            <quote>Matth. 22, 29. Du &#x017F;ollt deinen Näch&#x017F;ten lieben als dich &#x017F;elb&#x017F;t.</quote>
          </cit><lb/>
          <p><hi rendition="#in">O</hi>Mein allgenug&#x017F;amer GOtt! der du nicht mü-<lb/>
de wir&#x017F;t, mir alle Tage, ja alle Stunden und<lb/>
Augenblick wohl zu thun. Es i&#x017F;t ein Stück deiner<lb/>
Weisheit, daß Reiche und Arme mü&#x017F;&#x017F;en unter ein-<lb/>
ander &#x017F;eyn: Du hätte&#x017F;t gar leicht alle Men&#x017F;chen mit<lb/>
Uberfluß &#x017F;egnen können, daß ein Men&#x017F;ch des andern<lb/>
Hülffe nicht nöthig hätte: Aber du ha&#x017F;t die Reichen<lb/>
&#x017F;tellen wollen, als Brunnen, die die Wa&#x017F;&#x017F;er ihrer<lb/>
gutthätigen Liebe &#x017F;ollen auf die Ga&#x017F;&#x017F;en der Armen<lb/>
heraus flie&#x017F;&#x017F;en la&#x017F;&#x017F;en, ihren durch die Liebe thätigen<lb/>
Glauben dadurch zu offenbaren. Du ha&#x017F;t die Ar-<lb/>
men dar&#x017F;tellen wollen, als Vorwürffe der Liebe, ih-<lb/>
ren Glauben, Gedult und Vertrauen auf deine gnä-<lb/>
dige Für&#x017F;ehung zu prüffen: Darum bitte ich dich,<lb/>
mein GOtt! behüte mich vor einem unempfindli-<lb/>
chen, geitzigen und lieblo&#x017F;en Hertzen; denn ich<lb/>
würde des Segens nicht werth &#x017F;eyn, den du mir<lb/>
gönne&#x017F;t, wann ich nicht etwas mittheilen &#x017F;ollte de-<lb/>
nen, die es &#x017F;o gar nöthig haben; dann der Vorrath<lb/>
in meinem Hau&#x017F;e, die Spei&#x017F;en auf meinem Ti&#x017F;ch,<lb/>
und die Kleider an meinem Leibe würden mich der<lb/>
Undanckbarkeit be&#x017F;chuldigen, wann ich nichts &#x017F;ollte<lb/>
übrig finden, den Armen Guts zu thun, die Na-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">cken-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[418/0440] Gebett um ein mitleidiges Hertz, wirſt uns als deine Knechte, die über wenigem ge- treu geweſen, heiſſen eingehen zu unſer ewigen Freu- de, Amen. Gebett um ein mitleidiges Hertz, wohl zu thun. Matth. 22, 29. Du ſollt deinen Nächſten lieben als dich ſelbſt. OMein allgenugſamer GOtt! der du nicht mü- de wirſt, mir alle Tage, ja alle Stunden und Augenblick wohl zu thun. Es iſt ein Stück deiner Weisheit, daß Reiche und Arme müſſen unter ein- ander ſeyn: Du hätteſt gar leicht alle Menſchen mit Uberfluß ſegnen können, daß ein Menſch des andern Hülffe nicht nöthig hätte: Aber du haſt die Reichen ſtellen wollen, als Brunnen, die die Waſſer ihrer gutthätigen Liebe ſollen auf die Gaſſen der Armen heraus flieſſen laſſen, ihren durch die Liebe thätigen Glauben dadurch zu offenbaren. Du haſt die Ar- men darſtellen wollen, als Vorwürffe der Liebe, ih- ren Glauben, Gedult und Vertrauen auf deine gnä- dige Fürſehung zu prüffen: Darum bitte ich dich, mein GOtt! behüte mich vor einem unempfindli- chen, geitzigen und liebloſen Hertzen; denn ich würde des Segens nicht werth ſeyn, den du mir gönneſt, wann ich nicht etwas mittheilen ſollte de- nen, die es ſo gar nöthig haben; dann der Vorrath in meinem Hauſe, die Speiſen auf meinem Tiſch, und die Kleider an meinem Leibe würden mich der Undanckbarkeit beſchuldigen, wann ich nichts ſollte übrig finden, den Armen Guts zu thun, die Na- cken-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schmolck_vergnuegen_1753
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schmolck_vergnuegen_1753/440
Zitationshilfe: Schmolck, Benjamin: Das Himmlische Vergnügen in Gott, oder vollständiges Gebett-Buch. Neue Aufl. Basel, 1753, S. 418. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmolck_vergnuegen_1753/440>, abgerufen am 05.07.2024.