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Schmolck, Benjamin: Das Himmlische Vergnügen in Gott, oder vollständiges Gebett-Buch. Neue Aufl. Basel, 1753.

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Sechste Stuffe.
aufrichtigem Hertzen kommt. Sollte ich meine
Sünden verschweigen, so würden meine Gebeine
verschmachten, und mein Safft würde vertrocknen,
wie es im Sommer dürre wird, Sela. Sollte ich
selbst schweigen, und meine Missethat bedecken,
würde es mir nicht gelingen, und du selbst würdest
sie an das Licht stellen. Darum will ich reden, und
meine Fehler bekennen, daß ich möge Barmhertzig-
keit erlangen. Ach GOtt! meine Missethaten drü-
cken mich hart, dann ihrer ist mehr als Sand am
Meer und Haar auf meinem Haupt. Deine Pfeile
stecken in mir, und deine Hand drucket mich. Ich,
ach ich habe gesündiget, Vatter! im Himmel
und vor dir, und bin nicht werth, daß ich dein
Kind heisse. Ich habe dich beleydiget, heim-
lich und öffentlich, wissentlich und unwissentlich.
Ich habe dich erzürnet mit Gedancken, Worten und
Wercken. Ja, Vatter! ich habe gesündiget und
Ubels vor dir gethan. Darum hättest du Ursach,
mich zu straffen, und mit deinem Zorn zu überschüt-
ten. Habe ich gesündiget, was soll ich dir thun? O
Menschen - Hüter! ich habe ja freylich gesündiget,
und leyder gar schwerlich! meine Missethaten gehen
über mein Haupt, und wie eine schwere Last sind sie
mir zu schwer worden. Meiner Sünden sind viel
vor dir, und meine Ubertrettungen antworten wider
mich. Du hast mir zwar gesagt, was gut sey, und
was du, o GOtt! von mir forderst; nemlich dein
Wort zu halten, Liebe zu üben, und demüthig zu
seyn: Aber alles diß habe ich nicht gehalten von Ju-

gend
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Sechſte Stuffe.
aufrichtigem Hertzen kommt. Sollte ich meine
Sünden verſchweigen, ſo würden meine Gebeine
verſchmachten, und mein Safft würde vertrocknen,
wie es im Sommer dürre wird, Sela. Sollte ich
ſelbſt ſchweigen, und meine Miſſethat bedecken,
würde es mir nicht gelingen, und du ſelbſt würdeſt
ſie an das Licht ſtellen. Darum will ich reden, und
meine Fehler bekennen, daß ich möge Barmhertzig-
keit erlangen. Ach GOtt! meine Miſſethaten drü-
cken mich hart, dann ihrer iſt mehr als Sand am
Meer und Haar auf meinem Haupt. Deine Pfeile
ſtecken in mir, und deine Hand drucket mich. Ich,
ach ich habe geſündiget, Vatter! im Himmel
und vor dir, und bin nicht werth, daß ich dein
Kind heiſſe. Ich habe dich beleydiget, heim-
lich und öffentlich, wiſſentlich und unwiſſentlich.
Ich habe dich erzürnet mit Gedancken, Worten und
Wercken. Ja, Vatter! ich habe geſündiget und
Ubels vor dir gethan. Darum hätteſt du Urſach,
mich zu ſtraffen, und mit deinem Zorn zu überſchüt-
ten. Habe ich geſündiget, was ſoll ich dir thun? O
Menſchen - Hüter! ich habe ja freylich geſündiget,
und leyder gar ſchwerlich! meine Miſſethaten gehen
über mein Haupt, und wie eine ſchwere Laſt ſind ſie
mir zu ſchwer worden. Meiner Sünden ſind viel
vor dir, und meine Ubertrettungen antworten wider
mich. Du haſt mir zwar geſagt, was gut ſey, und
was du, o GOtt! von mir forderſt; nemlich dein
Wort zu halten, Liebe zu üben, und demüthig zu
ſeyn: Aber alles diß habe ich nicht gehalten von Ju-

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[387/0409] Sechſte Stuffe. aufrichtigem Hertzen kommt. Sollte ich meine Sünden verſchweigen, ſo würden meine Gebeine verſchmachten, und mein Safft würde vertrocknen, wie es im Sommer dürre wird, Sela. Sollte ich ſelbſt ſchweigen, und meine Miſſethat bedecken, würde es mir nicht gelingen, und du ſelbſt würdeſt ſie an das Licht ſtellen. Darum will ich reden, und meine Fehler bekennen, daß ich möge Barmhertzig- keit erlangen. Ach GOtt! meine Miſſethaten drü- cken mich hart, dann ihrer iſt mehr als Sand am Meer und Haar auf meinem Haupt. Deine Pfeile ſtecken in mir, und deine Hand drucket mich. Ich, ach ich habe geſündiget, Vatter! im Himmel und vor dir, und bin nicht werth, daß ich dein Kind heiſſe. Ich habe dich beleydiget, heim- lich und öffentlich, wiſſentlich und unwiſſentlich. Ich habe dich erzürnet mit Gedancken, Worten und Wercken. Ja, Vatter! ich habe geſündiget und Ubels vor dir gethan. Darum hätteſt du Urſach, mich zu ſtraffen, und mit deinem Zorn zu überſchüt- ten. Habe ich geſündiget, was ſoll ich dir thun? O Menſchen - Hüter! ich habe ja freylich geſündiget, und leyder gar ſchwerlich! meine Miſſethaten gehen über mein Haupt, und wie eine ſchwere Laſt ſind ſie mir zu ſchwer worden. Meiner Sünden ſind viel vor dir, und meine Ubertrettungen antworten wider mich. Du haſt mir zwar geſagt, was gut ſey, und was du, o GOtt! von mir forderſt; nemlich dein Wort zu halten, Liebe zu üben, und demüthig zu ſeyn: Aber alles diß habe ich nicht gehalten von Ju- gend B b 2

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Zitationshilfe: Schmolck, Benjamin: Das Himmlische Vergnügen in Gott, oder vollständiges Gebett-Buch. Neue Aufl. Basel, 1753, S. 387. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmolck_vergnuegen_1753/409>, abgerufen am 02.07.2024.