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Schmolck, Benjamin: Das Himmlische Vergnügen in Gott, oder vollständiges Gebett-Buch. Neue Aufl. Basel, 1753.

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um wahre Liebe des Nächsten.
Seel viel Gutes thust, aber uns auch anbefohlen
hast, daß wir unsern Nächsten mit gleicher Liebe
umfassen sollen, wie du uns liebest. Ach! ich kla-
ge dir, wie mein Hertz zu solcher aufrichtigen und
wahren Liebe gegen meinen Nächsten sich noch nicht
recht hat wollen bringen lassen. Ich sollte meinen
Nächsten, nach deinem Gebott, lieben als mich
selbst, ich sollte, wenn du ihm Glück, Gesund-
heit, Wohlergehen giebest, mich freuen, als ob es
mir selbst widerfahren wäre: Ich sollte meinen
Feind, der mich hasset, schmähet, verfolget, drü-
cket, hertzlich lieben, vor ihn beten, ihm Gutes
wünschen, ja ihm viel Segen, Gedeyen und
Glückseligkeit an Leib und Seel von dir erbitten.
Aber du, allwissender GOtt! siehest und weissest,
wie mein Hertz von diesen Pflichten entfernet ist,
wie leyder! wenn du meinem Nächsten wohl thust,
ihm Glück, Ehre und Wohlthaten darreichest,
mir aber nicht, daß ich darüber scheel sehe, daß du
so gütig gegen ihm bist. Du siehest, o allwissen-
der GOtt! wie das Beten vor meine Feinde so
träge und gering ist, daß ich sie in meinem Gebett
entweder vergesse, oder so ich ja ihrer gedencke,
weil dein Geist mich offt an diese Schuldigkeit er-
innert, daß es doch leyder! mit wenig Worten ge-
schiehet. Ach mein GOTT und Vatter! ich er-
kenne daraus das Elend und Verderben, darinn
ich noch stecke, und wie ich noch nicht in solchem
Stande der wahren Jünger und Jüngerinnen
JESU bin, wie ich billich seyn sollte, als welche

man

um wahre Liebe des Nächſten.
Seel viel Gutes thuſt, aber uns auch anbefohlen
haſt, daß wir unſern Nächſten mit gleicher Liebe
umfaſſen ſollen, wie du uns liebeſt. Ach! ich kla-
ge dir, wie mein Hertz zu ſolcher aufrichtigen und
wahren Liebe gegen meinen Nächſten ſich noch nicht
recht hat wollen bringen laſſen. Ich ſollte meinen
Nächſten, nach deinem Gebott, lieben als mich
ſelbſt, ich ſollte, wenn du ihm Glück, Geſund-
heit, Wohlergehen giebeſt, mich freuen, als ob es
mir ſelbſt widerfahren wäre: Ich ſollte meinen
Feind, der mich haſſet, ſchmähet, verfolget, drü-
cket, hertzlich lieben, vor ihn beten, ihm Gutes
wünſchen, ja ihm viel Segen, Gedeyen und
Glückſeligkeit an Leib und Seel von dir erbitten.
Aber du, allwiſſender GOtt! ſieheſt und weiſſeſt,
wie mein Hertz von dieſen Pflichten entfernet iſt,
wie leyder! wenn du meinem Nächſten wohl thuſt,
ihm Glück, Ehre und Wohlthaten darreicheſt,
mir aber nicht, daß ich darüber ſcheel ſehe, daß du
ſo gütig gegen ihm biſt. Du ſieheſt, o allwiſſen-
der GOtt! wie das Beten vor meine Feinde ſo
träge und gering iſt, daß ich ſie in meinem Gebett
entweder vergeſſe, oder ſo ich ja ihrer gedencke,
weil dein Geiſt mich offt an dieſe Schuldigkeit er-
innert, daß es doch leyder! mit wenig Worten ge-
ſchiehet. Ach mein GOTT und Vatter! ich er-
kenne daraus das Elend und Verderben, darinn
ich noch ſtecke, und wie ich noch nicht in ſolchem
Stande der wahren Jünger und Jüngerinnen
JESU bin, wie ich billich ſeyn ſollte, als welche

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[127/0149] um wahre Liebe des Nächſten. Seel viel Gutes thuſt, aber uns auch anbefohlen haſt, daß wir unſern Nächſten mit gleicher Liebe umfaſſen ſollen, wie du uns liebeſt. Ach! ich kla- ge dir, wie mein Hertz zu ſolcher aufrichtigen und wahren Liebe gegen meinen Nächſten ſich noch nicht recht hat wollen bringen laſſen. Ich ſollte meinen Nächſten, nach deinem Gebott, lieben als mich ſelbſt, ich ſollte, wenn du ihm Glück, Geſund- heit, Wohlergehen giebeſt, mich freuen, als ob es mir ſelbſt widerfahren wäre: Ich ſollte meinen Feind, der mich haſſet, ſchmähet, verfolget, drü- cket, hertzlich lieben, vor ihn beten, ihm Gutes wünſchen, ja ihm viel Segen, Gedeyen und Glückſeligkeit an Leib und Seel von dir erbitten. Aber du, allwiſſender GOtt! ſieheſt und weiſſeſt, wie mein Hertz von dieſen Pflichten entfernet iſt, wie leyder! wenn du meinem Nächſten wohl thuſt, ihm Glück, Ehre und Wohlthaten darreicheſt, mir aber nicht, daß ich darüber ſcheel ſehe, daß du ſo gütig gegen ihm biſt. Du ſieheſt, o allwiſſen- der GOtt! wie das Beten vor meine Feinde ſo träge und gering iſt, daß ich ſie in meinem Gebett entweder vergeſſe, oder ſo ich ja ihrer gedencke, weil dein Geiſt mich offt an dieſe Schuldigkeit er- innert, daß es doch leyder! mit wenig Worten ge- ſchiehet. Ach mein GOTT und Vatter! ich er- kenne daraus das Elend und Verderben, darinn ich noch ſtecke, und wie ich noch nicht in ſolchem Stande der wahren Jünger und Jüngerinnen JESU bin, wie ich billich ſeyn ſollte, als welche man

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Zitationshilfe: Schmolck, Benjamin: Das Himmlische Vergnügen in Gott, oder vollständiges Gebett-Buch. Neue Aufl. Basel, 1753, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmolck_vergnuegen_1753/149>, abgerufen am 22.11.2024.