Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schmolck, Benjamin: Das Himmlische Vergnügen in Gott, oder vollständiges Gebett-Buch. Neue Aufl. Basel, 1753.

Bild:
<< vorherige Seite

um die wahre Liebe zu GOtt.
ren Liebe stehen sollen. Die Liebe ist das Band, welches
GOtt und unser Hertz, aber auch uns und unsers Nächsten
Hertz, aufs genauste zusammen verbindet. Ein gläubiger
Christ bittet demnach 1) GOtt, daß er sein Hertz mit sei-
ner heil. Liebe erfüllen, und dieselbe in ihm ausgiessen wolle;
denn auch diese Gabe gehöret unter die guten Gaben, die von
oben herab kommen. 2) Er muß auch die Mittel nicht ver-
achten, dadurch GOttes Liebe in ihm kan angefangen und
vermehret werden, nemlich die andächtige Anhörung und
Betrachtung des Worts GOttes, und den würdigen Ge-
brauch des heiligen Abendmahls. 3) Stehet er in der Liebe
GOttes, so muß er solche auch beweisen, in einem heiligen
Christlichen Wandel, anständigen Reden, GOtt wohlgefälli-
gen Wercken; denn die Liebe ist gleich einem Feuer, welches
seine Flammen und Rauch nicht kan verbergen. 4) Er muß
sich aber wohl fürsehen, daß er nicht wie Demas die Welt
wieder lieb gewinne; denn wer die Welt lieb hat hat, in
dem ist nicht die Liebe des Vatters, derohalben muß er aus
Liebe zu GOtt, Welt und Welt-Freundschafft und Gesell-
schafft meiden, weil sie ihn von der Liebe GOttes abführen.
5) In solcher Liebe soll er auch verharren bis in den Tod, und
also in der Liebe GOttes sterben. 6) Diese Liebe GOttes
soll mit den zunehmenden Jahren sich immer vermehren.
Man soll [ - 4 Zeichen fehlen] schämen, wenn man zwantzig, dreyßig, ja
viertzig Jahr in der Lust und Liebe der Welt hingebracht,
aber darüber die Liebe GOttes vergessen hat, welches ein
Christ nun, da ihm GOtt die Augen aufgethan, soll mit
desto inbrünstiger und hefftiger und beständiger Liebe erse-
tzen, und in solcher Liebe beharren bis in den Tod.

Gebett.

ODu liebreicher, gnädiger GOtt! du bist al-
lein liebenswürdig, dich, dich sollte ich billich
allein von gantzem Hertzen, von gantzer Seele, und
von allen Kräfften lieben. Ach ich klage und beken-
ne vor dir, mit gröster Betrübniß meiner Seele, wie
die Liebe zu dir, meinem treuen Schöpfer, und lieb-

reichen
H 2

um die wahre Liebe zu GOtt.
ren Liebe ſtehen ſollen. Die Liebe iſt das Band, welches
GOtt und unſer Hertz, aber auch uns und unſers Nächſten
Hertz, aufs genauſte zuſammen verbindet. Ein gläubiger
Chriſt bittet demnach 1) GOtt, daß er ſein Hertz mit ſei-
ner heil. Liebe erfüllen, und dieſelbe in ihm ausgieſſen wolle;
denn auch dieſe Gabe gehöret unter die guten Gaben, die von
oben herab kommen. 2) Er muß auch die Mittel nicht ver-
achten, dadurch GOttes Liebe in ihm kan angefangen und
vermehret werden, nemlich die andächtige Anhörung und
Betrachtung des Worts GOttes, und den würdigen Ge-
brauch des heiligen Abendmahls. 3) Stehet er in der Liebe
GOttes, ſo muß er ſolche auch beweiſen, in einem heiligen
Chriſtlichen Wandel, anſtändigen Reden, GOtt wohlgefälli-
gen Wercken; denn die Liebe iſt gleich einem Feuer, welches
ſeine Flammen und Rauch nicht kan verbergen. 4) Er muß
ſich aber wohl fürſehen, daß er nicht wie Demas die Welt
wieder lieb gewinne; denn wer die Welt lieb hat hat, in
dem iſt nicht die Liebe des Vatters, derohalben muß er aus
Liebe zu GOtt, Welt und Welt-Freundſchafft und Geſell-
ſchafft meiden, weil ſie ihn von der Liebe GOttes abführen.
5) In ſolcher Liebe ſoll er auch verharren bis in den Tod, und
alſo in der Liebe GOttes ſterben. 6) Dieſe Liebe GOttes
ſoll mit den zunehmenden Jahren ſich immer vermehren.
Man ſoll [ – 4 Zeichen fehlen] ſchämen, wenn man zwantzig, dreyßig, ja
viertzig Jahr in der Luſt und Liebe der Welt hingebracht,
aber darüber die Liebe GOttes vergeſſen hat, welches ein
Chriſt nun, da ihm GOtt die Augen aufgethan, ſoll mit
deſto inbrünſtiger und hefftiger und beſtändiger Liebe erſe-
tzen, und in ſolcher Liebe beharren bis in den Tod.

Gebett.

ODu liebreicher, gnädiger GOtt! du biſt al-
lein liebenswürdig, dich, dich ſollte ich billich
allein von gantzem Hertzen, von gantzer Seele, und
von allen Kräfften lieben. Ach ich klage und beken-
ne vor dir, mit gröſter Betrübniß meiner Seele, wie
die Liebe zu dir, meinem treuen Schöpfer, und lieb-

reichen
H 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0137" n="115"/><fw place="top" type="header">um die wahre Liebe zu GOtt.</fw><lb/>
ren Liebe &#x017F;tehen &#x017F;ollen. Die Liebe i&#x017F;t das Band, welches<lb/>
GOtt und un&#x017F;er Hertz, aber auch uns und un&#x017F;ers Näch&#x017F;ten<lb/>
Hertz, aufs genau&#x017F;te zu&#x017F;ammen verbindet. Ein gläubiger<lb/>
Chri&#x017F;t bittet demnach 1) GOtt, daß er &#x017F;ein Hertz mit &#x017F;ei-<lb/>
ner heil. Liebe erfüllen, und die&#x017F;elbe in ihm ausgie&#x017F;&#x017F;en wolle;<lb/>
denn auch die&#x017F;e Gabe gehöret unter die guten Gaben, die von<lb/>
oben herab kommen. 2) Er muß auch die Mittel nicht ver-<lb/>
achten, dadurch GOttes Liebe in ihm kan angefangen und<lb/>
vermehret werden, nemlich die andächtige Anhörung und<lb/>
Betrachtung des Worts GOttes, und den würdigen Ge-<lb/>
brauch des heiligen Abendmahls. 3) Stehet er in der Liebe<lb/>
GOttes, &#x017F;o muß er &#x017F;olche auch bewei&#x017F;en, in einem heiligen<lb/>
Chri&#x017F;tlichen Wandel, an&#x017F;tändigen Reden, GOtt wohlgefälli-<lb/>
gen Wercken; denn die Liebe i&#x017F;t gleich einem Feuer, welches<lb/>
&#x017F;eine Flammen und Rauch nicht kan verbergen. 4) Er muß<lb/>
&#x017F;ich aber wohl für&#x017F;ehen, daß er nicht wie Demas die Welt<lb/>
wieder lieb gewinne; denn wer die Welt lieb hat hat, in<lb/>
dem i&#x017F;t nicht die Liebe des Vatters, derohalben muß er aus<lb/>
Liebe zu GOtt, Welt und Welt-Freund&#x017F;chafft und Ge&#x017F;ell-<lb/>
&#x017F;chafft meiden, weil &#x017F;ie ihn von der Liebe GOttes abführen.<lb/>
5) In &#x017F;olcher Liebe &#x017F;oll er auch verharren bis in den Tod, und<lb/>
al&#x017F;o in der Liebe GOttes &#x017F;terben. 6) Die&#x017F;e Liebe GOttes<lb/>
&#x017F;oll mit den zunehmenden Jahren &#x017F;ich immer vermehren.<lb/>
Man &#x017F;oll <gap unit="chars" quantity="4"/> &#x017F;chämen, wenn man zwantzig, dreyßig, ja<lb/>
viertzig Jahr in der Lu&#x017F;t und Liebe der Welt hingebracht,<lb/>
aber darüber die Liebe GOttes verge&#x017F;&#x017F;en hat, welches ein<lb/>
Chri&#x017F;t nun, da ihm GOtt die Augen aufgethan, &#x017F;oll mit<lb/>
de&#x017F;to inbrün&#x017F;tiger und hefftiger und be&#x017F;tändiger Liebe er&#x017F;e-<lb/>
tzen, und in &#x017F;olcher Liebe beharren bis in den Tod.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>Gebett.</head><lb/>
            <p><hi rendition="#in">O</hi>Du liebreicher, gnädiger GOtt! du bi&#x017F;t al-<lb/>
lein liebenswürdig, dich, dich &#x017F;ollte ich billich<lb/>
allein von gantzem Hertzen, von gantzer Seele, und<lb/>
von allen Kräfften lieben. Ach ich klage und beken-<lb/>
ne vor dir, mit grö&#x017F;ter Betrübniß meiner Seele, wie<lb/>
die Liebe zu dir, meinem treuen Schöpfer, und lieb-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">H 2</fw><fw place="bottom" type="catch">reichen</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[115/0137] um die wahre Liebe zu GOtt. ren Liebe ſtehen ſollen. Die Liebe iſt das Band, welches GOtt und unſer Hertz, aber auch uns und unſers Nächſten Hertz, aufs genauſte zuſammen verbindet. Ein gläubiger Chriſt bittet demnach 1) GOtt, daß er ſein Hertz mit ſei- ner heil. Liebe erfüllen, und dieſelbe in ihm ausgieſſen wolle; denn auch dieſe Gabe gehöret unter die guten Gaben, die von oben herab kommen. 2) Er muß auch die Mittel nicht ver- achten, dadurch GOttes Liebe in ihm kan angefangen und vermehret werden, nemlich die andächtige Anhörung und Betrachtung des Worts GOttes, und den würdigen Ge- brauch des heiligen Abendmahls. 3) Stehet er in der Liebe GOttes, ſo muß er ſolche auch beweiſen, in einem heiligen Chriſtlichen Wandel, anſtändigen Reden, GOtt wohlgefälli- gen Wercken; denn die Liebe iſt gleich einem Feuer, welches ſeine Flammen und Rauch nicht kan verbergen. 4) Er muß ſich aber wohl fürſehen, daß er nicht wie Demas die Welt wieder lieb gewinne; denn wer die Welt lieb hat hat, in dem iſt nicht die Liebe des Vatters, derohalben muß er aus Liebe zu GOtt, Welt und Welt-Freundſchafft und Geſell- ſchafft meiden, weil ſie ihn von der Liebe GOttes abführen. 5) In ſolcher Liebe ſoll er auch verharren bis in den Tod, und alſo in der Liebe GOttes ſterben. 6) Dieſe Liebe GOttes ſoll mit den zunehmenden Jahren ſich immer vermehren. Man ſoll ____ ſchämen, wenn man zwantzig, dreyßig, ja viertzig Jahr in der Luſt und Liebe der Welt hingebracht, aber darüber die Liebe GOttes vergeſſen hat, welches ein Chriſt nun, da ihm GOtt die Augen aufgethan, ſoll mit deſto inbrünſtiger und hefftiger und beſtändiger Liebe erſe- tzen, und in ſolcher Liebe beharren bis in den Tod. Gebett. ODu liebreicher, gnädiger GOtt! du biſt al- lein liebenswürdig, dich, dich ſollte ich billich allein von gantzem Hertzen, von gantzer Seele, und von allen Kräfften lieben. Ach ich klage und beken- ne vor dir, mit gröſter Betrübniß meiner Seele, wie die Liebe zu dir, meinem treuen Schöpfer, und lieb- reichen H 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schmolck_vergnuegen_1753
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schmolck_vergnuegen_1753/137
Zitationshilfe: Schmolck, Benjamin: Das Himmlische Vergnügen in Gott, oder vollständiges Gebett-Buch. Neue Aufl. Basel, 1753, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmolck_vergnuegen_1753/137>, abgerufen am 23.07.2024.