Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schmolck, Benjamin: Das Himmlische Vergnügen in Gott, oder vollständiges Gebett-Buch. Neue Aufl. Basel, 1753.

Bild:
<< vorherige Seite

Der gläubige Christ bittet,
derselbe zu der Himmels-Herrlichkeit; gehen wir aber den
breiten Weg des Unglaubens, Bosheit, Gottlosigkeit, so
endiget er sich zur Hölle, in der ewigen Verdammniß. Wenn
nun das ein Christ erweget, so soll er sich 1) vorstellen, wie
er in diesem Leben zwey Wege vor sich habe, den schmalen
Himmels-Weg, und den breiten Höllen-Weg, aber er soll
mit allem Fleiß den Himmels-Weg einhergehen; 2) damit
er aber darauf tretten und bleiben möge, so soll er fleißig GOtt
um seine Regierung und Führung anflehen, daß er ihn leiten
und regieren wolle. 3) Bittet er GOtt um sein heiliges Lei-
ten und Regieren, so muß er nicht viel neben oder um sich se-
hen, wie andere Welt-Menschen leben, und was sie vor
Wege gehen; denn wenn er denen will nachgehen und nach-
folgen, so höret GOttes Geist auf ihn zu leiten, ja er weichet
gar von ihm. 4) Wie nun ein Wandersmann einen Ge-
leitsmann vonnöthen hat, der ihm den rechten Weg weise;
also bedarff auch ein gläubiger Christ, daß ihm GOttes Geist
den rechten Weg zeige, den er wandeln soll. Hiezu aber ge-
höret die Einwohnung des heiligen Geistes im Hertzen, daß
es von ihm heisse: Wisset ihr nicht, daß ihr GOttes Tempel
seyd, und der Geist GOttes in euch wohnet, 1 Cor. 3, 16.
Hat man aber diesen treuen Geleitsmann in sich und bey
sich, so wird er auch die Gedancken, Zunge, Sinnen und
Begierden regieren. 5) Dieser heiligen Regierung wider-
setzet sich der gläubige Christ nicht, er widerstrebet auch dem
heiligen Geist nicht, sondern lässet sich führen, ermuntern
und leiten; und ist versichert, daß er wird wohl geführet wer-
den, hie zeitlich und dort ewig. O selige Führung! Wohl
dem, der GOtt zum Führer hat.

Gebett.

HErr! du erforschest mich und kennest mich, du
verstehest alle meine Wege: Ach! du siehest und
weißst auch wohl, mein lieber GOtt! wie ich ein
hertzliches Verlangen habe, auf deinen Wegen zu
gehen, und also zu wandeln, wie du es deinen Kin-
dern befohlen, und davon JEsus uns ein Vorbild

gelassen

Der gläubige Chriſt bittet,
derſelbe zu der Himmels-Herrlichkeit; gehen wir aber den
breiten Weg des Unglaubens, Bosheit, Gottloſigkeit, ſo
endiget er ſich zur Hölle, in der ewigen Verdammniß. Wenn
nun das ein Chriſt erweget, ſo ſoll er ſich 1) vorſtellen, wie
er in dieſem Leben zwey Wege vor ſich habe, den ſchmalen
Himmels-Weg, und den breiten Höllen-Weg, aber er ſoll
mit allem Fleiß den Himmels-Weg einhergehen; 2) damit
er aber darauf tretten und bleiben möge, ſo ſoll er fleißig GOtt
um ſeine Regierung und Führung anflehen, daß er ihn leiten
und regieren wolle. 3) Bittet er GOtt um ſein heiliges Lei-
ten und Regieren, ſo muß er nicht viel neben oder um ſich ſe-
hen, wie andere Welt-Menſchen leben, und was ſie vor
Wege gehen; denn wenn er denen will nachgehen und nach-
folgen, ſo höret GOttes Geiſt auf ihn zu leiten, ja er weichet
gar von ihm. 4) Wie nun ein Wandersmann einen Ge-
leitsmann vonnöthen hat, der ihm den rechten Weg weiſe;
alſo bedarff auch ein gläubiger Chriſt, daß ihm GOttes Geiſt
den rechten Weg zeige, den er wandeln ſoll. Hiezu aber ge-
höret die Einwohnung des heiligen Geiſtes im Hertzen, daß
es von ihm heiſſe: Wiſſet ihr nicht, daß ihr GOttes Tempel
ſeyd, und der Geiſt GOttes in euch wohnet, 1 Cor. 3, 16.
Hat man aber dieſen treuen Geleitsmann in ſich und bey
ſich, ſo wird er auch die Gedancken, Zunge, Sinnen und
Begierden regieren. 5) Dieſer heiligen Regierung wider-
ſetzet ſich der gläubige Chriſt nicht, er widerſtrebet auch dem
heiligen Geiſt nicht, ſondern läſſet ſich führen, ermuntern
und leiten; und iſt verſichert, daß er wird wohl geführet wer-
den, hie zeitlich und dort ewig. O ſelige Führung! Wohl
dem, der GOtt zum Führer hat.

Gebett.

HErr! du erforſcheſt mich und kenneſt mich, du
verſteheſt alle meine Wege: Ach! du ſieheſt und
weißſt auch wohl, mein lieber GOtt! wie ich ein
hertzliches Verlangen habe, auf deinen Wegen zu
gehen, und alſo zu wandeln, wie du es deinen Kin-
dern befohlen, und davon JEſus uns ein Vorbild

gelaſſen
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0126" n="104"/><fw place="top" type="header">Der gläubige Chri&#x017F;t bittet,</fw><lb/>
der&#x017F;elbe zu der Himmels-Herrlichkeit; gehen wir aber den<lb/>
breiten Weg des Unglaubens, Bosheit, Gottlo&#x017F;igkeit, &#x017F;o<lb/>
endiget er &#x017F;ich zur Hölle, in der ewigen Verdammniß. Wenn<lb/>
nun das ein Chri&#x017F;t erweget, &#x017F;o &#x017F;oll er &#x017F;ich 1) vor&#x017F;tellen, wie<lb/>
er in die&#x017F;em Leben zwey Wege vor &#x017F;ich habe, den &#x017F;chmalen<lb/>
Himmels-Weg, und den breiten Höllen-Weg, aber er &#x017F;oll<lb/>
mit allem Fleiß den Himmels-Weg einhergehen; 2) damit<lb/>
er aber darauf tretten und bleiben möge, &#x017F;o &#x017F;oll er fleißig GOtt<lb/>
um &#x017F;eine Regierung und Führung anflehen, daß er ihn leiten<lb/>
und regieren wolle. 3) Bittet er GOtt um &#x017F;ein heiliges Lei-<lb/>
ten und Regieren, &#x017F;o muß er nicht viel neben oder um &#x017F;ich &#x017F;e-<lb/>
hen, wie andere Welt-Men&#x017F;chen leben, und was &#x017F;ie vor<lb/>
Wege gehen; denn wenn er denen will nachgehen und nach-<lb/>
folgen, &#x017F;o höret GOttes Gei&#x017F;t auf ihn zu leiten, ja er weichet<lb/>
gar von ihm. 4) Wie nun ein Wandersmann einen Ge-<lb/>
leitsmann vonnöthen hat, der ihm den rechten Weg wei&#x017F;e;<lb/>
al&#x017F;o bedarff auch ein gläubiger Chri&#x017F;t, daß ihm GOttes Gei&#x017F;t<lb/>
den rechten Weg zeige, den er wandeln &#x017F;oll. Hiezu aber ge-<lb/>
höret die Einwohnung des heiligen Gei&#x017F;tes im Hertzen, daß<lb/>
es von ihm hei&#x017F;&#x017F;e: Wi&#x017F;&#x017F;et ihr nicht, daß ihr GOttes Tempel<lb/>
&#x017F;eyd, und der Gei&#x017F;t GOttes in euch wohnet, 1 Cor. 3, 16.<lb/>
Hat man aber die&#x017F;en treuen Geleitsmann in &#x017F;ich und bey<lb/>
&#x017F;ich, &#x017F;o wird er auch die Gedancken, Zunge, Sinnen und<lb/>
Begierden regieren. 5) Die&#x017F;er heiligen Regierung wider-<lb/>
&#x017F;etzet &#x017F;ich der gläubige Chri&#x017F;t nicht, er wider&#x017F;trebet auch dem<lb/>
heiligen Gei&#x017F;t nicht, &#x017F;ondern lä&#x017F;&#x017F;et &#x017F;ich führen, ermuntern<lb/>
und leiten; und i&#x017F;t ver&#x017F;ichert, daß er wird wohl geführet wer-<lb/>
den, hie zeitlich und dort ewig. O &#x017F;elige Führung! Wohl<lb/>
dem, der GOtt zum Führer hat.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>Gebett.</head><lb/>
            <p><hi rendition="#in">H</hi>Err! du erfor&#x017F;che&#x017F;t mich und kenne&#x017F;t mich, du<lb/>
ver&#x017F;tehe&#x017F;t alle meine Wege: Ach! du &#x017F;iehe&#x017F;t und<lb/>
weiß&#x017F;t auch wohl, mein lieber GOtt! wie ich ein<lb/>
hertzliches Verlangen habe, auf deinen Wegen zu<lb/>
gehen, und al&#x017F;o zu wandeln, wie du es deinen Kin-<lb/>
dern befohlen, und davon JE&#x017F;us uns ein Vorbild<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">gela&#x017F;&#x017F;en</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[104/0126] Der gläubige Chriſt bittet, derſelbe zu der Himmels-Herrlichkeit; gehen wir aber den breiten Weg des Unglaubens, Bosheit, Gottloſigkeit, ſo endiget er ſich zur Hölle, in der ewigen Verdammniß. Wenn nun das ein Chriſt erweget, ſo ſoll er ſich 1) vorſtellen, wie er in dieſem Leben zwey Wege vor ſich habe, den ſchmalen Himmels-Weg, und den breiten Höllen-Weg, aber er ſoll mit allem Fleiß den Himmels-Weg einhergehen; 2) damit er aber darauf tretten und bleiben möge, ſo ſoll er fleißig GOtt um ſeine Regierung und Führung anflehen, daß er ihn leiten und regieren wolle. 3) Bittet er GOtt um ſein heiliges Lei- ten und Regieren, ſo muß er nicht viel neben oder um ſich ſe- hen, wie andere Welt-Menſchen leben, und was ſie vor Wege gehen; denn wenn er denen will nachgehen und nach- folgen, ſo höret GOttes Geiſt auf ihn zu leiten, ja er weichet gar von ihm. 4) Wie nun ein Wandersmann einen Ge- leitsmann vonnöthen hat, der ihm den rechten Weg weiſe; alſo bedarff auch ein gläubiger Chriſt, daß ihm GOttes Geiſt den rechten Weg zeige, den er wandeln ſoll. Hiezu aber ge- höret die Einwohnung des heiligen Geiſtes im Hertzen, daß es von ihm heiſſe: Wiſſet ihr nicht, daß ihr GOttes Tempel ſeyd, und der Geiſt GOttes in euch wohnet, 1 Cor. 3, 16. Hat man aber dieſen treuen Geleitsmann in ſich und bey ſich, ſo wird er auch die Gedancken, Zunge, Sinnen und Begierden regieren. 5) Dieſer heiligen Regierung wider- ſetzet ſich der gläubige Chriſt nicht, er widerſtrebet auch dem heiligen Geiſt nicht, ſondern läſſet ſich führen, ermuntern und leiten; und iſt verſichert, daß er wird wohl geführet wer- den, hie zeitlich und dort ewig. O ſelige Führung! Wohl dem, der GOtt zum Führer hat. Gebett. HErr! du erforſcheſt mich und kenneſt mich, du verſteheſt alle meine Wege: Ach! du ſieheſt und weißſt auch wohl, mein lieber GOtt! wie ich ein hertzliches Verlangen habe, auf deinen Wegen zu gehen, und alſo zu wandeln, wie du es deinen Kin- dern befohlen, und davon JEſus uns ein Vorbild gelaſſen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schmolck_vergnuegen_1753
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schmolck_vergnuegen_1753/126
Zitationshilfe: Schmolck, Benjamin: Das Himmlische Vergnügen in Gott, oder vollständiges Gebett-Buch. Neue Aufl. Basel, 1753, S. 104. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmolck_vergnuegen_1753/126>, abgerufen am 25.11.2024.