Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705.Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Hembde getrieben/ und vor diesem von man-chem Teuffels-Diener höher als GOTT selbst aestimiret worden ist. Denn wenn ein from- mer Christ beobachtet/ erstlich/ was vor Perso- nen das Garn darzu haben müssen spinnen? zum andern/ in wessen Nahmen? drittens die Zeit oder den Tag/ wenn es hat müssen gespon- nen/ gewircket und auch gemacht werden? vierd- tens die Form und Gestalt? und letzlich/ wenn und wofür es gebraucht worden ist? so wird ein ieder gestehen müssen/ daß es ein recht Werck des Teuffels gewesen sey; und zweiffele ich nicht/ daß noch wohl heut zu Tage dergleichen verferti- get und gebraucht werden/ weil doch in dieser Grund-Suppe der Welt fast alle Laster/ welche sonst schon vergessen gewesen/ wieder auffs neue auff gewärmet und hervor gesucht werden. Es sey aber dahin gestellet/ ob nicht ietziger Zeit noch solche Noth Hembden gemacht und gebraucht werden? so fehlets doch hingegen nicht an andern verdammlichen Abgöttereyen und Aberglauben. Wie denn in Warheit ein solch Hembde/ worzu das Garn von einem Kinde unter 7. Jahren ge- sponnen ist/ wenn es mit der intention getragen wird/ daß es Glück bringen soll/ nichts als ein offenbares abgöttisches Werck ist. Daß es aber auch im allergeringsten keine Wirckung habe bey Christlichen Leuten/ die kein Vertrauen darauff setzen/ P 4
Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Hembde getrieben/ und vor dieſem von man-chem Teuffels-Diener hoͤher als GOTT ſelbſt æſtimiret worden iſt. Denn wenn ein from- mer Chriſt beobachtet/ erſtlich/ was vor Perſo- nen das Garn darzu haben muͤſſen ſpinnen? zum andern/ in weſſen Nahmen? drittens die Zeit oder den Tag/ wenn es hat muͤſſen geſpon- nen/ gewircket und auch gemacht werden? vierd- tens die Form und Geſtalt? und letzlich/ wenn und wofuͤr es gebraucht worden iſt? ſo wird ein ieder geſtehen muͤſſen/ daß es ein recht Werck des Teuffels geweſen ſey; und zweiffele ich nicht/ daß noch wohl heut zu Tage dergleichen verferti- get und gebraucht werden/ weil doch in dieſer Grund-Suppe der Welt faſt alle Laſter/ welche ſonſt ſchon vergeſſen geweſen/ wieder auffs neue auff gewaͤrmet und hervor geſucht werden. Es ſey aber dahin geſtellet/ ob nicht ietziger Zeit noch ſolche Noth Hembden gemacht und gebraucht werden? ſo fehlets doch hingegen nicht an andern verdammlichen Abgoͤttereyen und Aberglauben. Wie denn in Warheit ein ſolch Hembde/ worzu das Garn von einem Kinde unter 7. Jahren ge- ſponnen iſt/ wenn es mit der intention getragen wird/ daß es Gluͤck bringen ſoll/ nichts als ein offenbares abgoͤttiſches Werck iſt. Daß es aber auch im allergeringſten keine Wirckung habe bey Chriſtlichen Leuten/ die kein Vertrauen darauff ſetzen/ P 4
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Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
Hembde getrieben/ und vor dieſem von man-
chem Teuffels-Diener hoͤher als GOTT ſelbſt
æſtimiret worden iſt. Denn wenn ein from-
mer Chriſt beobachtet/ erſtlich/ was vor Perſo-
nen das Garn darzu haben muͤſſen ſpinnen?
zum andern/ in weſſen Nahmen? drittens die
Zeit oder den Tag/ wenn es hat muͤſſen geſpon-
nen/ gewircket und auch gemacht werden? vierd-
tens die Form und Geſtalt? und letzlich/ wenn
und wofuͤr es gebraucht worden iſt? ſo wird ein
ieder geſtehen muͤſſen/ daß es ein recht Werck des
Teuffels geweſen ſey; und zweiffele ich nicht/
daß noch wohl heut zu Tage dergleichen verferti-
get und gebraucht werden/ weil doch in dieſer
Grund-Suppe der Welt faſt alle Laſter/ welche
ſonſt ſchon vergeſſen geweſen/ wieder auffs neue
auff gewaͤrmet und hervor geſucht werden. Es
ſey aber dahin geſtellet/ ob nicht ietziger Zeit noch
ſolche Noth Hembden gemacht und gebraucht
werden? ſo fehlets doch hingegen nicht an andern
verdammlichen Abgoͤttereyen und Aberglauben.
Wie denn in Warheit ein ſolch Hembde/ worzu
das Garn von einem Kinde unter 7. Jahren ge-
ſponnen iſt/ wenn es mit der intention getragen
wird/ daß es Gluͤck bringen ſoll/ nichts als ein
offenbares abgoͤttiſches Werck iſt. Daß es aber
auch im allergeringſten keine Wirckung habe bey
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