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Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705.

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Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
und gleichwie die Störche sich hoch hinan mache-
ten/ und zu ihrer Wohnung die höchsten Stellen
aussucheten. Item: Wenn sie von ferne andere
Störche fliegen sähen/ alsobald sich um selbige
gleichsam bekümmerten/ sie anklapperten/ und
ihren Neid nicht bergen könten; also hätten diß-
mahl diese Störche einem Wirth gefunden/ der
ihrer Natur gleich sey. Lächerlich aber kam es
heraus/ als gedachte Störche ihr neues Qvartir
gar wenig Jahre bewohnten/ sondern das Nest
wegtrugen/ weßhalben es der Haußwirth auch
für kein gut Omen hielte. Und scoptische Köpf-
fe spotteten dessen/ und sagten: Er sey von Sam-
meter und Stuffener Einbildung/ aber von
Grob-Leinwatten Verstande und Vermögen/
darum hätten die Störche/ als sie solches vermer-
cket/ nicht länger aldo herbergen wollen/ und
wären wieder davon gewandert. Ich lasse aber
billich diesen Senior in seinem Werth/ sintemahl
sich mit der Zeit es weisen wird/ ob er klug oder
närrisch/ reich oder armgewesen sey? Was dem-
nach ferner unsern vorhabenden Pseudosophi-
schen Glaubens-Punct anlanget/ so wird denen
bekannt seyn/ die an solchen Orten wohnen/ all-
wo viel Störche sich annisteln/ daß sie erstlich sich
zuvor gern auff die höchsten Häufer machen/ und
zum andern die Beqvemlichkeit der Feuer-Essen
beobachten/ ob sie ihre Nester füglich darauff be-

festigen
O 3

Weibern hochgehaltenen Aberglauben.
und gleichwie die Stoͤrche ſich hoch hinan mache-
ten/ und zu ihrer Wohnung die hoͤchſten Stellen
ausſucheten. Item: Wenn ſie von ferne andere
Stoͤrche fliegen ſaͤhen/ alſobald ſich um ſelbige
gleichſam bekuͤmmerten/ ſie anklapperten/ und
ihren Neid nicht bergen koͤnten; alſo haͤtten diß-
mahl dieſe Stoͤrche einem Wirth gefunden/ der
ihrer Natur gleich ſey. Laͤcherlich aber kam es
heraus/ als gedachte Stoͤrche ihr neues Qvartir
gar wenig Jahre bewohnten/ ſondern das Neſt
wegtrugen/ weßhalben es der Haußwirth auch
fuͤr kein gut Omen hielte. Und ſcoptiſche Koͤpf-
fe ſpotteten deſſen/ und ſagten: Er ſey von Sam-
meter und Stuffener Einbildung/ aber von
Grob-Leinwatten Verſtande und Vermoͤgen/
darum haͤtten die Stoͤrche/ als ſie ſolches vermer-
cket/ nicht laͤnger aldo herbergen wollen/ und
waͤren wieder davon gewandert. Ich laſſe aber
billich dieſen Senior in ſeinem Werth/ ſintemahl
ſich mit der Zeit es weiſen wird/ ob er klug oder
naͤrriſch/ reich oder armgeweſen ſey? Was dem-
nach ferner unſern vorhabenden Pſeudoſophi-
ſchen Glaubens-Punct anlanget/ ſo wird denen
bekannt ſeyn/ die an ſolchen Orten wohnen/ all-
wo viel Stoͤrche ſich anniſteln/ daß ſie erſtlich ſich
zuvor gern auff die hoͤchſten Haͤufer machen/ und
zum andern die Beqvemlichkeit der Feuer-Eſſen
beobachten/ ob ſie ihre Neſter fuͤglich darauff be-

feſtigen
O 3
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[213/0037] Weibern hochgehaltenen Aberglauben. und gleichwie die Stoͤrche ſich hoch hinan mache- ten/ und zu ihrer Wohnung die hoͤchſten Stellen ausſucheten. Item: Wenn ſie von ferne andere Stoͤrche fliegen ſaͤhen/ alſobald ſich um ſelbige gleichſam bekuͤmmerten/ ſie anklapperten/ und ihren Neid nicht bergen koͤnten; alſo haͤtten diß- mahl dieſe Stoͤrche einem Wirth gefunden/ der ihrer Natur gleich ſey. Laͤcherlich aber kam es heraus/ als gedachte Stoͤrche ihr neues Qvartir gar wenig Jahre bewohnten/ ſondern das Neſt wegtrugen/ weßhalben es der Haußwirth auch fuͤr kein gut Omen hielte. Und ſcoptiſche Koͤpf- fe ſpotteten deſſen/ und ſagten: Er ſey von Sam- meter und Stuffener Einbildung/ aber von Grob-Leinwatten Verſtande und Vermoͤgen/ darum haͤtten die Stoͤrche/ als ſie ſolches vermer- cket/ nicht laͤnger aldo herbergen wollen/ und waͤren wieder davon gewandert. Ich laſſe aber billich dieſen Senior in ſeinem Werth/ ſintemahl ſich mit der Zeit es weiſen wird/ ob er klug oder naͤrriſch/ reich oder armgeweſen ſey? Was dem- nach ferner unſern vorhabenden Pſeudoſophi- ſchen Glaubens-Punct anlanget/ ſo wird denen bekannt ſeyn/ die an ſolchen Orten wohnen/ all- wo viel Stoͤrche ſich anniſteln/ daß ſie erſtlich ſich zuvor gern auff die hoͤchſten Haͤufer machen/ und zum andern die Beqvemlichkeit der Feuer-Eſſen beobachten/ ob ſie ihre Neſter fuͤglich darauff be- feſtigen O 3

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Zitationshilfe: Schmidt, Johann Georg: Die gestriegelte Rocken-Philosophia, oder auffrichtige Untersuchung derer von vielen super-klugen Weibern hochgehaltenen Aberglauben. Bd. 2. Chemnitz, 1705, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidt_rockenphilosophia02_1705/37>, abgerufen am 29.03.2024.