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Schmidlin, Johann Gottlieb: Ueber öffentliche Kinder-Industrie-Anstalten überhaupt, und insbesondere in Württemberg. Stuttgart, 1821.

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eine angemessene Art der Beschäftigung zu ver-
schaffen. -- Allerdings ist die erste Rücksicht, welche
in dieser Beziehung eintreten muß, offenbar der Stand
und künftige Beruf der Kinder
, wie dieß auch
die katholische Schul-Ordnung vom 10. Septbr. 1808
ausdrücklich vorschreibt. -- Die Kinder selbst oder
wenigstens ihre Eltern und Lehrer müssen, wie schon
oben bemerkt wurde, einsehen und sich überzeugen kön-
nen, daß ihnen ihr Lernen und Arbeiten, wäre es auch
nicht im Augenblicke, doch wenigstens in Zukunft zu
etwas nütze seyn werde, denn wenn dieß nicht der Fall
ist, so muß ihnen ihr Geschäfte als eine unnöthige
Plage erscheinen, sie müssen alle Lust zu diesem Ge-
schäfte verlieren, und eigentliche wahre Arbeitsamkeit
und Jndustrie kann nie in ihnen erwachen.

§. 33.

Nun wird aber nahmentlich behauptet, daß es
nicht möglich sey, die Kinder der Landleute in den
schweren land- und hauswirthschaftlichen
Arbeiten
, welche doch sowohl in Hinsicht auf ihre
Gesundheit, als auf ihre künftige Bestimmung für sie
die einzig zuträglichen seyen, in öffentlichen Jndustrie-
Schulen zu unterrichten und zu üben. -- Allerdings
möchte hiezu der Wurzgarten, welcher nach der ka-
tholischen Schul-Ordnung mit einer jeden gut eingerich-
teten Arbeits-Schule verbunden, und wozu daher von
der Gemeinde ein schicklicher Platz angewiesen werden
soll, der übrigens bis jetzt nur in einigen wenigen Or-
ten des Königreichs wirklich angelegt zu seyn scheint,
nicht hinreichend --, die von anderen vorgeschlagene
Anweisung größerer Gemeinds-Ländereyen
aber, um solche durch die Kinder auf öffentliche Rech-

eine angemeſſene Art der Beſchaͤftigung zu ver-
ſchaffen. — Allerdings iſt die erſte Ruͤckſicht, welche
in dieſer Beziehung eintreten muß, offenbar der Stand
und kuͤnftige Beruf der Kinder
, wie dieß auch
die katholiſche Schul-Ordnung vom 10. Septbr. 1808
ausdruͤcklich vorſchreibt. — Die Kinder ſelbſt oder
wenigſtens ihre Eltern und Lehrer muͤſſen, wie ſchon
oben bemerkt wurde, einſehen und ſich uͤberzeugen koͤn-
nen, daß ihnen ihr Lernen und Arbeiten, waͤre es auch
nicht im Augenblicke, doch wenigſtens in Zukunft zu
etwas nuͤtze ſeyn werde, denn wenn dieß nicht der Fall
iſt, ſo muß ihnen ihr Geſchaͤfte als eine unnoͤthige
Plage erſcheinen, ſie muͤſſen alle Luſt zu dieſem Ge-
ſchaͤfte verlieren, und eigentliche wahre Arbeitſamkeit
und Jnduſtrie kann nie in ihnen erwachen.

§. 33.

Nun wird aber nahmentlich behauptet, daß es
nicht moͤglich ſey, die Kinder der Landleute in den
ſchweren land- und hauswirthſchaftlichen
Arbeiten
, welche doch ſowohl in Hinſicht auf ihre
Geſundheit, als auf ihre kuͤnftige Beſtimmung fuͤr ſie
die einzig zutraͤglichen ſeyen, in oͤffentlichen Jnduſtrie-
Schulen zu unterrichten und zu uͤben. — Allerdings
moͤchte hiezu der Wurzgarten, welcher nach der ka-
tholiſchen Schul-Ordnung mit einer jeden gut eingerich-
teten Arbeits-Schule verbunden, und wozu daher von
der Gemeinde ein ſchicklicher Platz angewieſen werden
ſoll, der uͤbrigens bis jetzt nur in einigen wenigen Or-
ten des Koͤnigreichs wirklich angelegt zu ſeyn ſcheint,
nicht hinreichend —, die von anderen vorgeſchlagene
Anweiſung groͤßerer Gemeinds-Laͤndereyen
aber, um ſolche durch die Kinder auf oͤffentliche Rech-

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[36/0046] eine angemeſſene Art der Beſchaͤftigung zu ver- ſchaffen. — Allerdings iſt die erſte Ruͤckſicht, welche in dieſer Beziehung eintreten muß, offenbar der Stand und kuͤnftige Beruf der Kinder, wie dieß auch die katholiſche Schul-Ordnung vom 10. Septbr. 1808 ausdruͤcklich vorſchreibt. — Die Kinder ſelbſt oder wenigſtens ihre Eltern und Lehrer muͤſſen, wie ſchon oben bemerkt wurde, einſehen und ſich uͤberzeugen koͤn- nen, daß ihnen ihr Lernen und Arbeiten, waͤre es auch nicht im Augenblicke, doch wenigſtens in Zukunft zu etwas nuͤtze ſeyn werde, denn wenn dieß nicht der Fall iſt, ſo muß ihnen ihr Geſchaͤfte als eine unnoͤthige Plage erſcheinen, ſie muͤſſen alle Luſt zu dieſem Ge- ſchaͤfte verlieren, und eigentliche wahre Arbeitſamkeit und Jnduſtrie kann nie in ihnen erwachen. §. 33. Nun wird aber nahmentlich behauptet, daß es nicht moͤglich ſey, die Kinder der Landleute in den ſchweren land- und hauswirthſchaftlichen Arbeiten, welche doch ſowohl in Hinſicht auf ihre Geſundheit, als auf ihre kuͤnftige Beſtimmung fuͤr ſie die einzig zutraͤglichen ſeyen, in oͤffentlichen Jnduſtrie- Schulen zu unterrichten und zu uͤben. — Allerdings moͤchte hiezu der Wurzgarten, welcher nach der ka- tholiſchen Schul-Ordnung mit einer jeden gut eingerich- teten Arbeits-Schule verbunden, und wozu daher von der Gemeinde ein ſchicklicher Platz angewieſen werden ſoll, der uͤbrigens bis jetzt nur in einigen wenigen Or- ten des Koͤnigreichs wirklich angelegt zu ſeyn ſcheint, nicht hinreichend —, die von anderen vorgeſchlagene Anweiſung groͤßerer Gemeinds-Laͤndereyen aber, um ſolche durch die Kinder auf oͤffentliche Rech-

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Zitationshilfe: Schmidlin, Johann Gottlieb: Ueber öffentliche Kinder-Industrie-Anstalten überhaupt, und insbesondere in Württemberg. Stuttgart, 1821, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidlin_kinderindustrie_1821/46>, abgerufen am 25.04.2024.