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Schmidlin, Johann Gottlieb: Ueber öffentliche Kinder-Industrie-Anstalten überhaupt, und insbesondere in Württemberg. Stuttgart, 1821.

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könnte. -- Mancher arme Mann findet zwar als Tag-
löhner
Gelegenheit zu solchen Geschäften, aber mei-
stens beschränkt sich dieß nur auf seine eigene Person,
und nicht zugleich auch auf seine Kinder, und an man-
chem Orte fehlt es, wenigstens zu mancher Zeit, dem
Familienvater selbst an Gelegenheit, im Taglohn zu
arbeiten. -- Manche Eltern können auch, um nicht
die Erwerbung ihres Unterhalts durch ihre eigene Hand-
arbeit zu versäumen, nicht allzuviele Zeit auf
die Anleitung ihrer Kinder zu solchen Arbeiten verwen-
den. -- Viele Eltern sind zu unwissend, uner-
fahren,
und ungeschickt, um ihre Kinder in nütz-
lichen Handarbeiten selbst unterrichten zu können, be-
sonders wenn diese Kinder vollends gar blind, oder
taubstumm, oder sonst schwerer als andere zu unterrich-
ten sind; auch sind manche Eltern zu arm, oder es
fällt ihnen wenigstens allzuschwer, um ihre Kinder in
einem solchen Falle durch andere geschicktere Personen
unterrichten zu lassen. Zuweilen können zwar in die-
sem Falle ältere Geschwister die Stelle der Eltern ver-
treten; auch gibt es Orte, wo sich gute Menschen
finden, welche armen Kindern unentgeldlich oder um
eine äußerst geringe Belohnung Unterricht in gewöhn-
lichen Arbeiten, die sie nicht bey ihren Eltern lernen
können, ertheilen; und die Vermöglicheren lassen ihre
Kinder auf eigene Kosten durch andere geschicktere
Personen, z. B. durch Näherinnen, im Nähen, Stri-
cken etc. in oder außer ihrem Hause unterrichten. Aber
an manchem Orte fehlt es ganz an Gelegenheit hiezu.
-- Manche arme Kinder werden zwar wohl auch
von vermöglicheren Verwandten, Nachbarn
und Fremden,
besonders in Städten und anderen
Orten, wo Fabriken und überhaupt mehr Gewerbe

koͤnnte. — Mancher arme Mann findet zwar als Tag-
loͤhner
Gelegenheit zu ſolchen Geſchaͤften, aber mei-
ſtens beſchraͤnkt ſich dieß nur auf ſeine eigene Perſon,
und nicht zugleich auch auf ſeine Kinder, und an man-
chem Orte fehlt es, wenigſtens zu mancher Zeit, dem
Familienvater ſelbſt an Gelegenheit, im Taglohn zu
arbeiten. — Manche Eltern koͤnnen auch, um nicht
die Erwerbung ihres Unterhalts durch ihre eigene Hand-
arbeit zu verſaͤumen, nicht allzuviele Zeit auf
die Anleitung ihrer Kinder zu ſolchen Arbeiten verwen-
den. — Viele Eltern ſind zu unwiſſend, uner-
fahren,
und ungeſchickt, um ihre Kinder in nuͤtz-
lichen Handarbeiten ſelbſt unterrichten zu koͤnnen, be-
ſonders wenn dieſe Kinder vollends gar blind, oder
taubſtumm, oder ſonſt ſchwerer als andere zu unterrich-
ten ſind; auch ſind manche Eltern zu arm, oder es
faͤllt ihnen wenigſtens allzuſchwer, um ihre Kinder in
einem ſolchen Falle durch andere geſchicktere Perſonen
unterrichten zu laſſen. Zuweilen koͤnnen zwar in die-
ſem Falle aͤltere Geſchwiſter die Stelle der Eltern ver-
treten; auch gibt es Orte, wo ſich gute Menſchen
finden, welche armen Kindern unentgeldlich oder um
eine aͤußerſt geringe Belohnung Unterricht in gewoͤhn-
lichen Arbeiten, die ſie nicht bey ihren Eltern lernen
koͤnnen, ertheilen; und die Vermoͤglicheren laſſen ihre
Kinder auf eigene Koſten durch andere geſchicktere
Perſonen, z. B. durch Naͤherinnen, im Naͤhen, Stri-
cken ꝛc. in oder außer ihrem Hauſe unterrichten. Aber
an manchem Orte fehlt es ganz an Gelegenheit hiezu.
Manche arme Kinder werden zwar wohl auch
von vermoͤglicheren Verwandten, Nachbarn
und Fremden,
beſonders in Staͤdten und anderen
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[20/0030] koͤnnte. — Mancher arme Mann findet zwar als Tag- loͤhner Gelegenheit zu ſolchen Geſchaͤften, aber mei- ſtens beſchraͤnkt ſich dieß nur auf ſeine eigene Perſon, und nicht zugleich auch auf ſeine Kinder, und an man- chem Orte fehlt es, wenigſtens zu mancher Zeit, dem Familienvater ſelbſt an Gelegenheit, im Taglohn zu arbeiten. — Manche Eltern koͤnnen auch, um nicht die Erwerbung ihres Unterhalts durch ihre eigene Hand- arbeit zu verſaͤumen, nicht allzuviele Zeit auf die Anleitung ihrer Kinder zu ſolchen Arbeiten verwen- den. — Viele Eltern ſind zu unwiſſend, uner- fahren, und ungeſchickt, um ihre Kinder in nuͤtz- lichen Handarbeiten ſelbſt unterrichten zu koͤnnen, be- ſonders wenn dieſe Kinder vollends gar blind, oder taubſtumm, oder ſonſt ſchwerer als andere zu unterrich- ten ſind; auch ſind manche Eltern zu arm, oder es faͤllt ihnen wenigſtens allzuſchwer, um ihre Kinder in einem ſolchen Falle durch andere geſchicktere Perſonen unterrichten zu laſſen. Zuweilen koͤnnen zwar in die- ſem Falle aͤltere Geſchwiſter die Stelle der Eltern ver- treten; auch gibt es Orte, wo ſich gute Menſchen finden, welche armen Kindern unentgeldlich oder um eine aͤußerſt geringe Belohnung Unterricht in gewoͤhn- lichen Arbeiten, die ſie nicht bey ihren Eltern lernen koͤnnen, ertheilen; und die Vermoͤglicheren laſſen ihre Kinder auf eigene Koſten durch andere geſchicktere Perſonen, z. B. durch Naͤherinnen, im Naͤhen, Stri- cken ꝛc. in oder außer ihrem Hauſe unterrichten. Aber an manchem Orte fehlt es ganz an Gelegenheit hiezu. — Manche arme Kinder werden zwar wohl auch von vermoͤglicheren Verwandten, Nachbarn und Fremden, beſonders in Staͤdten und anderen Orten, wo Fabriken und uͤberhaupt mehr Gewerbe

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Zitationshilfe: Schmidlin, Johann Gottlieb: Ueber öffentliche Kinder-Industrie-Anstalten überhaupt, und insbesondere in Württemberg. Stuttgart, 1821, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidlin_kinderindustrie_1821/30>, abgerufen am 28.03.2024.