Schmidlin, Johann Gottlieb: Ueber öffentliche Kinder-Industrie-Anstalten überhaupt, und insbesondere in Württemberg. Stuttgart, 1821.schäften des bürgerlichen Lebens ziemlich unbekannt ſchaͤften des buͤrgerlichen Lebens ziemlich unbekannt <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0111" n="101"/> ſchaͤften des buͤrgerlichen Lebens ziemlich unbekannt<lb/> bleiben, waͤhrend ſie ſich, da ihnen jeder Schritt, jede<lb/> Handlung vorgeſchrieben iſt, und ſie durchaus keinen<lb/> freyen Willen haben, nicht wohl an eigenes Nachden-<lb/> ken und eigene Thaͤtigkeit gewoͤhnen koͤnnen, da ſie in<lb/> einer ſo zahlreichen Geſellſchaft großentheils von Hauſe<lb/> aus verdorbener Geſchoͤpfe der Anſteckung mit phyſi-<lb/> ſchen und moraliſchen Uebeln verſchiedener Art mehr als<lb/> in Privathaͤuſern ausgeſezt zu ſeyn ſcheinen, waͤhrend<lb/> es den oͤffentlichen Aufſehern ſolcher Anſtalten weit<lb/> ſchwerer als den den Kindern viel naͤher bleibenden<lb/> Privathaus-Genoſſen werden duͤrfte, dergleiben Uebel<lb/> zu entdecken, und denſelben entgegen zu arbeiten, und<lb/> da uͤberdieß die Errichtung und Unterhaltung ſolcher<lb/> oͤffentlichen Verpflegungs- und Erziehungs-Anſtalten<lb/> ſehr koſtſpielig iſt; ſo moͤchte es in der Regel am<lb/> zweckmaͤßigſten ſeyn, dergleichen verwaiste und ver-<lb/> wahrloste Kinder ſoliden <hi rendition="#g">Privatperſonen</hi> gegen<lb/> ein aus irgend einer <hi rendition="#g">oͤffentlichen</hi> Caſſe zu bezah-<lb/> lendes <hi rendition="#g">Koſtgeld in's Haus zu geben</hi>, wie auch<lb/> wirklich in Wuͤrttemberg die Verordnung beſteht, daß<lb/> von den in die Staats-Waiſenhaͤuſer aufgenommenen<lb/> Kindern 200 außerhalb des Jnſtituts erzogen werden<lb/> ſollen. — Die <hi rendition="#g">Wahl eines ſolchen Koſthauſes</hi><lb/> erfordert jedoch, wenn der Zweck wirklich erreicht wer-<lb/> den ſoll, große Vorſicht. Kinder von ſtarkem Koͤrper-<lb/> bau, uͤberhaupt ſolche Kinder, welche beſtimmt ſind,<lb/> ſich kuͤnftig durch landwirthſchaftliche Arbeiten zu er-<lb/> naͤhren, ſollten immer <hi rendition="#g">aufs Land</hi> verlegt werden.<lb/> Hiebey ſollte man jedoch hauptſaͤchlich auf ſolche Orte<lb/> ſehen, wo ſich die Geiſtlichen und Schullehrer des<lb/> Ortes durch zweckmaͤßige Thaͤtigkeit auszeichnen, deß-<lb/> gleichen auf Orte, welche nicht zu entfernt ſind, um<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [101/0111]
ſchaͤften des buͤrgerlichen Lebens ziemlich unbekannt
bleiben, waͤhrend ſie ſich, da ihnen jeder Schritt, jede
Handlung vorgeſchrieben iſt, und ſie durchaus keinen
freyen Willen haben, nicht wohl an eigenes Nachden-
ken und eigene Thaͤtigkeit gewoͤhnen koͤnnen, da ſie in
einer ſo zahlreichen Geſellſchaft großentheils von Hauſe
aus verdorbener Geſchoͤpfe der Anſteckung mit phyſi-
ſchen und moraliſchen Uebeln verſchiedener Art mehr als
in Privathaͤuſern ausgeſezt zu ſeyn ſcheinen, waͤhrend
es den oͤffentlichen Aufſehern ſolcher Anſtalten weit
ſchwerer als den den Kindern viel naͤher bleibenden
Privathaus-Genoſſen werden duͤrfte, dergleiben Uebel
zu entdecken, und denſelben entgegen zu arbeiten, und
da uͤberdieß die Errichtung und Unterhaltung ſolcher
oͤffentlichen Verpflegungs- und Erziehungs-Anſtalten
ſehr koſtſpielig iſt; ſo moͤchte es in der Regel am
zweckmaͤßigſten ſeyn, dergleichen verwaiste und ver-
wahrloste Kinder ſoliden Privatperſonen gegen
ein aus irgend einer oͤffentlichen Caſſe zu bezah-
lendes Koſtgeld in's Haus zu geben, wie auch
wirklich in Wuͤrttemberg die Verordnung beſteht, daß
von den in die Staats-Waiſenhaͤuſer aufgenommenen
Kindern 200 außerhalb des Jnſtituts erzogen werden
ſollen. — Die Wahl eines ſolchen Koſthauſes
erfordert jedoch, wenn der Zweck wirklich erreicht wer-
den ſoll, große Vorſicht. Kinder von ſtarkem Koͤrper-
bau, uͤberhaupt ſolche Kinder, welche beſtimmt ſind,
ſich kuͤnftig durch landwirthſchaftliche Arbeiten zu er-
naͤhren, ſollten immer aufs Land verlegt werden.
Hiebey ſollte man jedoch hauptſaͤchlich auf ſolche Orte
ſehen, wo ſich die Geiſtlichen und Schullehrer des
Ortes durch zweckmaͤßige Thaͤtigkeit auszeichnen, deß-
gleichen auf Orte, welche nicht zu entfernt ſind, um
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