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Schmidlin, Johann Gottlieb: Ueber öffentliche Kinder-Industrie-Anstalten überhaupt, und insbesondere in Württemberg. Stuttgart, 1821.

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§. 76.

Bey unehlichen Kindern jedoch, deren El-
tern +. entweder noch nicht richterlich ausgemittelt, oder
aus gänzlicher Mittellosigkeit oder anderen Gründen nicht
zur Versorgung ihrer Kinder angehalten werden kön-
nen, bey Waisen, welche beyde Eltern oder wenig-
stens eines derselben verloren haben, bey sogenannten
moralischen Waisen, d. h. bey solchen Kindern,
deren Eltern aus Liederlichkeit sich um ihre Erziehung
nichts bekümmern, bey Soldatenkindern, und bey
Kindern armer Feldhirten, und solcher Ge-
werbsleute
, welche in dem ihnen angewiesenen
Wohnorte nicht beständig ihre Nahrung finden, und
daher ihrem Gewerbe auswärts nachziehen müssen,
bey Kindern entschiedener Bettler, welche,
da sie selbst von Bettlern abstammen, keine eigentliche
Heimath haben, und, obgleich jedem von ihnen seit
neuerer Zeit ein bestimmter Wohnort angewiesen wor-
den ist, aus Mangel und Gewohnheit ihr vagirendes
Bettlerleben entweder ohne alle Scheu, oder unter der
Maske unbedeutender Handthierungen fortsetzen, bey
Kindern von Jaunern, welche mit oder ohne
ihre Eltern aufgefangen werden, und bey anderen der-
gleichen unglücklichen und verwahrloßten
Kindern
möchten alle diese Maßregeln doch noch
nicht immer hinreichend seyn. --

Da diese Kinder von ihrer Geburt an nie die
Stimme der Religion, der Wahrheit, und des Rechts
vernehmen, und an keine Ordnung, keine guten Sit-
ten, keine Thätigkeit, überhaupt an nichts Gutes ge-
wöhnt, vielmehr von den Jhrigen im Drucke ihrer
armseligen Umstände, als eine ihr Elend vermehrende
Last, liebloß und hart behandelt werden, das schlechte

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§. 76.

Bey unehlichen Kindern jedoch, deren El-
tern †. entweder noch nicht richterlich ausgemittelt, oder
aus gaͤnzlicher Mittelloſigkeit oder anderen Gruͤnden nicht
zur Verſorgung ihrer Kinder angehalten werden koͤn-
nen, bey Waiſen, welche beyde Eltern oder wenig-
ſtens eines derſelben verloren haben, bey ſogenannten
moraliſchen Waiſen, d. h. bey ſolchen Kindern,
deren Eltern aus Liederlichkeit ſich um ihre Erziehung
nichts bekuͤmmern, bey Soldatenkindern, und bey
Kindern armer Feldhirten, und ſolcher Ge-
werbsleute
, welche in dem ihnen angewieſenen
Wohnorte nicht beſtaͤndig ihre Nahrung finden, und
daher ihrem Gewerbe auswaͤrts nachziehen muͤſſen,
bey Kindern entſchiedener Bettler, welche,
da ſie ſelbſt von Bettlern abſtammen, keine eigentliche
Heimath haben, und, obgleich jedem von ihnen ſeit
neuerer Zeit ein beſtimmter Wohnort angewieſen wor-
den iſt, aus Mangel und Gewohnheit ihr vagirendes
Bettlerleben entweder ohne alle Scheu, oder unter der
Maske unbedeutender Handthierungen fortſetzen, bey
Kindern von Jaunern, welche mit oder ohne
ihre Eltern aufgefangen werden, und bey anderen der-
gleichen ungluͤcklichen und verwahrloßten
Kindern
moͤchten alle dieſe Maßregeln doch noch
nicht immer hinreichend ſeyn. —

Da dieſe Kinder von ihrer Geburt an nie die
Stimme der Religion, der Wahrheit, und des Rechts
vernehmen, und an keine Ordnung, keine guten Sit-
ten, keine Thaͤtigkeit, uͤberhaupt an nichts Gutes ge-
woͤhnt, vielmehr von den Jhrigen im Drucke ihrer
armſeligen Umſtaͤnde, als eine ihr Elend vermehrende
Laſt, liebloß und hart behandelt werden, das ſchlechte

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[99/0109] §. 76. Bey unehlichen Kindern jedoch, deren El- tern †. entweder noch nicht richterlich ausgemittelt, oder aus gaͤnzlicher Mittelloſigkeit oder anderen Gruͤnden nicht zur Verſorgung ihrer Kinder angehalten werden koͤn- nen, bey Waiſen, welche beyde Eltern oder wenig- ſtens eines derſelben verloren haben, bey ſogenannten moraliſchen Waiſen, d. h. bey ſolchen Kindern, deren Eltern aus Liederlichkeit ſich um ihre Erziehung nichts bekuͤmmern, bey Soldatenkindern, und bey Kindern armer Feldhirten, und ſolcher Ge- werbsleute, welche in dem ihnen angewieſenen Wohnorte nicht beſtaͤndig ihre Nahrung finden, und daher ihrem Gewerbe auswaͤrts nachziehen muͤſſen, bey Kindern entſchiedener Bettler, welche, da ſie ſelbſt von Bettlern abſtammen, keine eigentliche Heimath haben, und, obgleich jedem von ihnen ſeit neuerer Zeit ein beſtimmter Wohnort angewieſen wor- den iſt, aus Mangel und Gewohnheit ihr vagirendes Bettlerleben entweder ohne alle Scheu, oder unter der Maske unbedeutender Handthierungen fortſetzen, bey Kindern von Jaunern, welche mit oder ohne ihre Eltern aufgefangen werden, und bey anderen der- gleichen ungluͤcklichen und verwahrloßten Kindern moͤchten alle dieſe Maßregeln doch noch nicht immer hinreichend ſeyn. — Da dieſe Kinder von ihrer Geburt an nie die Stimme der Religion, der Wahrheit, und des Rechts vernehmen, und an keine Ordnung, keine guten Sit- ten, keine Thaͤtigkeit, uͤberhaupt an nichts Gutes ge- woͤhnt, vielmehr von den Jhrigen im Drucke ihrer armſeligen Umſtaͤnde, als eine ihr Elend vermehrende Laſt, liebloß und hart behandelt werden, das ſchlechte 7 *

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Zitationshilfe: Schmidlin, Johann Gottlieb: Ueber öffentliche Kinder-Industrie-Anstalten überhaupt, und insbesondere in Württemberg. Stuttgart, 1821, S. 99. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmidlin_kinderindustrie_1821/109>, abgerufen am 22.11.2024.