Schmid, Hermann: Mohrenfranzl. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 16. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 88–178. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.von ihm losreißen wollte, und als müsse mit dem Stücke, wie seine Königsherrlichkeit, auch all sein Lebensglück zu Ende gehn! Auf Franzel dagegen hatte das Spiel und der Beifall die entgegengesetzte Wirkung geäußert. Die fieberhafte Aufregung, in der sie während desselben sich befunden hatte, war verraucht und eine desto tiefere Abspannung, eine Entmuthigung zurückgeblieben, die sich nur in Thränen zu äußern vermochte. Sie mußte sich Gewalt anthun, um den Ausbruch derselben zurückzuhalten. Franzel, rief Hanney, sage mir nur. Franzel, wie es möglich ist, daß du so spielen kannst? Wo hast du das gelernt? Gelernt! antwortete sie traurig. Kann man das lernen? Ich hab' mich eben hineingedacht, wie der armen Königin ums Herz gewesen sein muß, und da kommt Alles von selbst! Aber wenn man in so etwas so hineindenken soll, muß man doch etwas Aehnliches erlebt haben! Und du . . . Und ich? Hab' ich das etwa nicht? -- Ach! rief sie und die Thränen strömten unaufhaltsam vor, ich habe ja nur mich selber gespielt ... ich bin ja selber die unglückliche Königin von Saba! Sei nicht ungerecht, Franzel . . . Wie kannst du so was sagen? Ungerecht? Bin ich nicht ebenso schlimm, bin ich von ihm losreißen wollte, und als müsse mit dem Stücke, wie seine Königsherrlichkeit, auch all sein Lebensglück zu Ende gehn! Auf Franzel dagegen hatte das Spiel und der Beifall die entgegengesetzte Wirkung geäußert. Die fieberhafte Aufregung, in der sie während desselben sich befunden hatte, war verraucht und eine desto tiefere Abspannung, eine Entmuthigung zurückgeblieben, die sich nur in Thränen zu äußern vermochte. Sie mußte sich Gewalt anthun, um den Ausbruch derselben zurückzuhalten. Franzel, rief Hanney, sage mir nur. Franzel, wie es möglich ist, daß du so spielen kannst? Wo hast du das gelernt? Gelernt! antwortete sie traurig. Kann man das lernen? Ich hab' mich eben hineingedacht, wie der armen Königin ums Herz gewesen sein muß, und da kommt Alles von selbst! Aber wenn man in so etwas so hineindenken soll, muß man doch etwas Aehnliches erlebt haben! Und du . . . Und ich? Hab' ich das etwa nicht? — Ach! rief sie und die Thränen strömten unaufhaltsam vor, ich habe ja nur mich selber gespielt ... ich bin ja selber die unglückliche Königin von Saba! Sei nicht ungerecht, Franzel . . . Wie kannst du so was sagen? Ungerecht? Bin ich nicht ebenso schlimm, bin ich <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="2"> <p><pb facs="#f0061"/> von ihm losreißen wollte, und als müsse mit dem Stücke, wie seine Königsherrlichkeit, auch all sein Lebensglück zu Ende gehn!</p><lb/> <p>Auf Franzel dagegen hatte das Spiel und der Beifall die entgegengesetzte Wirkung geäußert. Die fieberhafte Aufregung, in der sie während desselben sich befunden hatte, war verraucht und eine desto tiefere Abspannung, eine Entmuthigung zurückgeblieben, die sich nur in Thränen zu äußern vermochte. Sie mußte sich Gewalt anthun, um den Ausbruch derselben zurückzuhalten.</p><lb/> <p>Franzel, rief Hanney, sage mir nur. Franzel, wie es möglich ist, daß du so spielen kannst? Wo hast du das gelernt?</p><lb/> <p>Gelernt! antwortete sie traurig. Kann man das lernen? Ich hab' mich eben hineingedacht, wie der armen Königin ums Herz gewesen sein muß, und da kommt Alles von selbst!</p><lb/> <p>Aber wenn man in so etwas so hineindenken soll, muß man doch etwas Aehnliches erlebt haben! Und du . . .</p><lb/> <p>Und ich? Hab' ich das etwa nicht? — Ach! rief sie und die Thränen strömten unaufhaltsam vor, ich habe ja nur mich selber gespielt ... ich bin ja selber die unglückliche Königin von Saba!</p><lb/> <p>Sei nicht ungerecht, Franzel . . . Wie kannst du so was sagen?</p><lb/> <p>Ungerecht? Bin ich nicht ebenso schlimm, bin ich<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0061]
von ihm losreißen wollte, und als müsse mit dem Stücke, wie seine Königsherrlichkeit, auch all sein Lebensglück zu Ende gehn!
Auf Franzel dagegen hatte das Spiel und der Beifall die entgegengesetzte Wirkung geäußert. Die fieberhafte Aufregung, in der sie während desselben sich befunden hatte, war verraucht und eine desto tiefere Abspannung, eine Entmuthigung zurückgeblieben, die sich nur in Thränen zu äußern vermochte. Sie mußte sich Gewalt anthun, um den Ausbruch derselben zurückzuhalten.
Franzel, rief Hanney, sage mir nur. Franzel, wie es möglich ist, daß du so spielen kannst? Wo hast du das gelernt?
Gelernt! antwortete sie traurig. Kann man das lernen? Ich hab' mich eben hineingedacht, wie der armen Königin ums Herz gewesen sein muß, und da kommt Alles von selbst!
Aber wenn man in so etwas so hineindenken soll, muß man doch etwas Aehnliches erlebt haben! Und du . . .
Und ich? Hab' ich das etwa nicht? — Ach! rief sie und die Thränen strömten unaufhaltsam vor, ich habe ja nur mich selber gespielt ... ich bin ja selber die unglückliche Königin von Saba!
Sei nicht ungerecht, Franzel . . . Wie kannst du so was sagen?
Ungerecht? Bin ich nicht ebenso schlimm, bin ich
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Zitationshilfe: | Schmid, Hermann: Mohrenfranzl. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 16. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 88–178. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmid_mohrenfranzl_1910/61>, abgerufen am 16.02.2025. |