Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schmid, Hermann: Mohrenfranzl. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 16. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 88–178. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

schlugen ein lautes, höhnisches Gelächter auf, und wiederholten sich die Witz- und Scherzworte, mit denen sie sich schon vorher belustigt hatten, als Franzels Wunsch für sie noch nicht mehr gewesen war, als eine bloße Vermuthung. Auch die Vorsteher konnten sich des Lachens nicht enthalten, und selbst um die ernsthaften Lippen des Zunftmeisters war ein verrätherisches Zucken bemerkbar. Er wußte sich jedoch zu bemeistern und gebot den Burschen Ruhe -- allein vergebens; die Lachlust hatte die Zügel zerrissen und war nicht so leicht zu bändigen.

Was aber der Zunftmeister nicht zu Wege brachte, das erreichte Franzel selbst. Ihr Gesicht ward dunkler vom aufsteigenden Zorn, unheimlich blitzten die weißen Augen, und mit der vernichtenden Geberde einer beleidigten Königin wendete sie sich rasch den Lachenden zu. Ueber was lacht ihr? sagte sie stolz. Ich meine, ihr dürftet vor der eignen Thür' kehren, und hättet damit so vollauf zu thun, daß die Schamröthe gar nicht mehr weggeht von euren weißen Gesichtern! Wartet, bis die Reihe mitzureden an euch kommt, und laßt den Meister reden!

Die gescholtenen Bursche waren von der Anrede verdutzt und wußten im Augenblick nichts zu erwidern. Der Alte aber sagte: Du kannst es dem jungen Volk nicht übel nehmen, wenn sie über dich lachen . . . wenn's auch gescheidter gewesen wäre, sie thäten's nicht, -- aber wenn du vernünftig bist, mußt du selber einsehn, daß du zum Theaterspielen nicht taugst . . .

schlugen ein lautes, höhnisches Gelächter auf, und wiederholten sich die Witz- und Scherzworte, mit denen sie sich schon vorher belustigt hatten, als Franzels Wunsch für sie noch nicht mehr gewesen war, als eine bloße Vermuthung. Auch die Vorsteher konnten sich des Lachens nicht enthalten, und selbst um die ernsthaften Lippen des Zunftmeisters war ein verrätherisches Zucken bemerkbar. Er wußte sich jedoch zu bemeistern und gebot den Burschen Ruhe — allein vergebens; die Lachlust hatte die Zügel zerrissen und war nicht so leicht zu bändigen.

Was aber der Zunftmeister nicht zu Wege brachte, das erreichte Franzel selbst. Ihr Gesicht ward dunkler vom aufsteigenden Zorn, unheimlich blitzten die weißen Augen, und mit der vernichtenden Geberde einer beleidigten Königin wendete sie sich rasch den Lachenden zu. Ueber was lacht ihr? sagte sie stolz. Ich meine, ihr dürftet vor der eignen Thür' kehren, und hättet damit so vollauf zu thun, daß die Schamröthe gar nicht mehr weggeht von euren weißen Gesichtern! Wartet, bis die Reihe mitzureden an euch kommt, und laßt den Meister reden!

Die gescholtenen Bursche waren von der Anrede verdutzt und wußten im Augenblick nichts zu erwidern. Der Alte aber sagte: Du kannst es dem jungen Volk nicht übel nehmen, wenn sie über dich lachen . . . wenn's auch gescheidter gewesen wäre, sie thäten's nicht, — aber wenn du vernünftig bist, mußt du selber einsehn, daß du zum Theaterspielen nicht taugst . . .

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="1">
        <p><pb facs="#f0029"/>
schlugen ein lautes, höhnisches Gelächter auf, und wiederholten                sich die Witz- und Scherzworte, mit denen sie sich schon vorher belustigt hatten, als                Franzels Wunsch für sie noch nicht mehr gewesen war, als eine bloße Vermuthung. Auch                die Vorsteher konnten sich des Lachens nicht enthalten, und selbst um die ernsthaften                Lippen des Zunftmeisters war ein verrätherisches Zucken bemerkbar. Er wußte sich                jedoch zu bemeistern und gebot den Burschen Ruhe &#x2014; allein vergebens; die Lachlust                hatte die Zügel zerrissen und war nicht so leicht zu bändigen.</p><lb/>
        <p>Was aber der Zunftmeister nicht zu Wege brachte, das erreichte Franzel selbst. Ihr                Gesicht ward dunkler vom aufsteigenden Zorn, unheimlich blitzten die weißen Augen,                und mit der vernichtenden Geberde einer beleidigten Königin wendete sie sich rasch                den Lachenden zu. Ueber was lacht ihr? sagte sie stolz. Ich meine, ihr dürftet vor                der eignen Thür' kehren, und hättet damit so vollauf zu thun, daß die Schamröthe gar                nicht mehr weggeht von euren weißen Gesichtern! Wartet, bis die Reihe mitzureden an                euch kommt, und laßt den Meister reden!</p><lb/>
        <p>Die gescholtenen Bursche waren von der Anrede verdutzt und wußten im Augenblick                nichts zu erwidern. Der Alte aber sagte: Du kannst es dem jungen Volk nicht übel                nehmen, wenn sie über dich lachen . . . wenn's auch gescheidter gewesen wäre, sie                thäten's nicht, &#x2014; aber wenn du vernünftig bist, mußt du selber einsehn, daß du zum                Theaterspielen nicht taugst . . .</p><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0029] schlugen ein lautes, höhnisches Gelächter auf, und wiederholten sich die Witz- und Scherzworte, mit denen sie sich schon vorher belustigt hatten, als Franzels Wunsch für sie noch nicht mehr gewesen war, als eine bloße Vermuthung. Auch die Vorsteher konnten sich des Lachens nicht enthalten, und selbst um die ernsthaften Lippen des Zunftmeisters war ein verrätherisches Zucken bemerkbar. Er wußte sich jedoch zu bemeistern und gebot den Burschen Ruhe — allein vergebens; die Lachlust hatte die Zügel zerrissen und war nicht so leicht zu bändigen. Was aber der Zunftmeister nicht zu Wege brachte, das erreichte Franzel selbst. Ihr Gesicht ward dunkler vom aufsteigenden Zorn, unheimlich blitzten die weißen Augen, und mit der vernichtenden Geberde einer beleidigten Königin wendete sie sich rasch den Lachenden zu. Ueber was lacht ihr? sagte sie stolz. Ich meine, ihr dürftet vor der eignen Thür' kehren, und hättet damit so vollauf zu thun, daß die Schamröthe gar nicht mehr weggeht von euren weißen Gesichtern! Wartet, bis die Reihe mitzureden an euch kommt, und laßt den Meister reden! Die gescholtenen Bursche waren von der Anrede verdutzt und wußten im Augenblick nichts zu erwidern. Der Alte aber sagte: Du kannst es dem jungen Volk nicht übel nehmen, wenn sie über dich lachen . . . wenn's auch gescheidter gewesen wäre, sie thäten's nicht, — aber wenn du vernünftig bist, mußt du selber einsehn, daß du zum Theaterspielen nicht taugst . . .

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T11:20:55Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T11:20:55Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schmid_mohrenfranzl_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schmid_mohrenfranzl_1910/29
Zitationshilfe: Schmid, Hermann: Mohrenfranzl. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 16. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 88–178. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schmid_mohrenfranzl_1910/29>, abgerufen am 23.11.2024.