Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schlözer, August Ludwig von: August Ludwig Schlözers [...] Vorstellung seiner Universal-Historie. Bd. 2. Göttingen u. a., 1773.

Bild:
<< vorherige Seite


torta vitrea commissae, ab initio quas-
dam aceti puri guttulas dimittebant; li-
quor postea transcendit pondere drachmae
semis circiter, magis magisque dulces-
cens, atque empyreuma parum olens;
eodem tempore sublimati quidquam sub
sorma florum in collo retortae conspicie-
batur.

Mir gehts mit dieser Stelle gerade so, wie
es Hrn. Herdern mit den meinigen geht: ich
-- verstehe nichts von, denn ich bin kein Chy-
miker. Aber ich bin Gottlob! des Schlusses
nicht fähig, daß der mir unverstandne Auctor
nur declamire, Schaumblasen siede, Linsen-
körner spiese.

VIII. Jm Tone Tacitus kan ich nicht
schreiben: wer kann das? Auch lassen sich
dogmatische Abhandlungen, wie Jdeale, ih-
rer Natur nach nicht in dessen Tone schreiben,
sondern nur Historien: Lebensläufe wol, aber
nicht Leichenpredigten. Nur eine Eigenschaft
des Schriftstellers Tacitus läßt sich bei allen
Gattungen von Aufsätzen anbringen, die
Gedrungenheit. Mein Styl kan alle mög-
liche Fehler haben, die Hr. H. nur ersinnen
kan: aber sollte unter diesen Felern auch Weit-
schweifigkeit
und Jdeen-Leere seyn? --
Uebrigens ist Tacitus wirklich kein Barbar.

ich


torta vitrea commiſſae, ab initio quas-
dam aceti puri guttulas dimittebant; li-
quor poſtea tranſcendit pondere drachmae
ſemis circiter, magis magisque dulceſ-
cens, atque empyreuma parum olens;
eodem tempore ſublimati quidquam ſub
ſorma florum in collo retortae conſpicie-
batur.

Mir gehts mit dieſer Stelle gerade ſo, wie
es Hrn. Herdern mit den meinigen geht: ich
— verſtehe nichts von, denn ich bin kein Chy-
miker. Aber ich bin Gottlob! des Schluſſes
nicht faͤhig, daß der mir unverſtandne Auctor
nur declamire, Schaumblaſen ſiede, Linſen-
körner ſpieſe.

VIII. Jm Tone Tacitus kan ich nicht
ſchreiben: wer kann das? Auch laſſen ſich
dogmatiſche Abhandlungen, wie Jdeale, ih-
rer Natur nach nicht in deſſen Tone ſchreiben,
ſondern nur Hiſtorien: Lebenslaͤufe wol, aber
nicht Leichenpredigten. Nur eine Eigenſchaft
des Schriftſtellers Tacitus laͤßt ſich bei allen
Gattungen von Aufſaͤtzen anbringen, die
Gedrungenheit. Mein Styl kan alle moͤg-
liche Fehler haben, die Hr. H. nur erſinnen
kan: aber ſollte unter dieſen Felern auch Weit-
ſchweifigkeit
und Jdeen-Leere ſeyn? —
Uebrigens iſt Tacitus wirklich kein Barbar.

ich
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <cit>
            <quote>
              <pb facs="#f0175" n="379[155]"/>
              <fw place="top" type="header">
                <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
              </fw> <hi rendition="#et"> <hi rendition="#aq">torta vitrea commi&#x017F;&#x017F;ae, ab initio quas-<lb/>
dam aceti puri guttulas dimittebant; li-<lb/>
quor po&#x017F;tea tran&#x017F;cendit pondere drachmae<lb/>
&#x017F;emis circiter, magis magisque dulce&#x017F;-<lb/>
cens, atque empyreuma parum olens;<lb/>
eodem tempore &#x017F;ublimati quidquam &#x017F;ub<lb/>
&#x017F;orma florum in collo retortae con&#x017F;picie-<lb/>
batur.</hi> </hi> </quote>
          </cit><lb/>
          <p>Mir gehts mit die&#x017F;er Stelle gerade &#x017F;o, wie<lb/>
es Hrn. Herdern mit den meinigen geht: ich<lb/>
&#x2014; ver&#x017F;tehe nichts von, denn ich bin kein Chy-<lb/>
miker. Aber ich bin Gottlob! des Schlu&#x017F;&#x017F;es<lb/>
nicht fa&#x0364;hig, daß der mir unver&#x017F;tandne Auctor<lb/>
nur <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">declamire, Schaumbla&#x017F;en &#x017F;iede, Lin&#x017F;en-<lb/>
körner &#x017F;pie&#x017F;e.</hi></hi></p><lb/>
          <p><hi rendition="#aq">VIII.</hi><hi rendition="#fr">Jm</hi><hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">Tone Tacitus</hi></hi> kan ich nicht<lb/>
&#x017F;chreiben: wer kann das? Auch la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich<lb/>
dogmati&#x017F;che Abhandlungen, wie Jdeale, ih-<lb/>
rer Natur nach nicht in de&#x017F;&#x017F;en Tone &#x017F;chreiben,<lb/>
&#x017F;ondern nur Hi&#x017F;torien: Lebensla&#x0364;ufe wol, aber<lb/>
nicht Leichenpredigten. Nur eine Eigen&#x017F;chaft<lb/>
des Schrift&#x017F;tellers Tacitus la&#x0364;ßt &#x017F;ich bei allen<lb/>
Gattungen von Auf&#x017F;a&#x0364;tzen anbringen, die<lb/><hi rendition="#fr">Gedrungenheit.</hi> Mein Styl kan alle mo&#x0364;g-<lb/>
liche Fehler haben, die Hr. H. nur er&#x017F;innen<lb/>
kan: aber &#x017F;ollte unter die&#x017F;en Felern auch <hi rendition="#fr">Weit-<lb/>
&#x017F;chweifigkeit</hi> und Jdeen-<hi rendition="#fr">Leere</hi> &#x017F;eyn? &#x2014;<lb/>
Uebrigens i&#x017F;t Tacitus wirklich <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">kein Barbar.</hi></hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ich</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[379[155]/0175] torta vitrea commiſſae, ab initio quas- dam aceti puri guttulas dimittebant; li- quor poſtea tranſcendit pondere drachmae ſemis circiter, magis magisque dulceſ- cens, atque empyreuma parum olens; eodem tempore ſublimati quidquam ſub ſorma florum in collo retortae conſpicie- batur. Mir gehts mit dieſer Stelle gerade ſo, wie es Hrn. Herdern mit den meinigen geht: ich — verſtehe nichts von, denn ich bin kein Chy- miker. Aber ich bin Gottlob! des Schluſſes nicht faͤhig, daß der mir unverſtandne Auctor nur declamire, Schaumblaſen ſiede, Linſen- körner ſpieſe. VIII. Jm Tone Tacitus kan ich nicht ſchreiben: wer kann das? Auch laſſen ſich dogmatiſche Abhandlungen, wie Jdeale, ih- rer Natur nach nicht in deſſen Tone ſchreiben, ſondern nur Hiſtorien: Lebenslaͤufe wol, aber nicht Leichenpredigten. Nur eine Eigenſchaft des Schriftſtellers Tacitus laͤßt ſich bei allen Gattungen von Aufſaͤtzen anbringen, die Gedrungenheit. Mein Styl kan alle moͤg- liche Fehler haben, die Hr. H. nur erſinnen kan: aber ſollte unter dieſen Felern auch Weit- ſchweifigkeit und Jdeen-Leere ſeyn? — Uebrigens iſt Tacitus wirklich kein Barbar. ich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schloezer_universalhistorie02_1773
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schloezer_universalhistorie02_1773/175
Zitationshilfe: Schlözer, August Ludwig von: August Ludwig Schlözers [...] Vorstellung seiner Universal-Historie. Bd. 2. Göttingen u. a., 1773, S. 379[155]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schloezer_universalhistorie02_1773/175>, abgerufen am 24.11.2024.