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Schliemann, Heinrich: Trojanische Alterthümer. Bericht über die Ausgrabungen in Troja. Leipzig, 1874.

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das uralte bett des skamander.
an seinen Ufern befindliche, ununterbrochene Reihe von
Bäumen von hier aus erkenne. Zwischen dem Skamander
und Hissarlik, nur 15 Minuten Wegs von letzterm
entfernt, wird die Ebene ferner durchschnitten vom
Flusse Kalifatli-Asmak, der aus den Sümpfen von Batak
(Thymbria) entspringt, und nur im Spätherbst, Winter
und Frühjahr fliessendes Wasser hat, in den heissen
Sommermonaten aber, bis Ende October, aus einer un-
unterbrochenen Reihe tiefer Pfützen besteht. Dieser
Strom hat, selbst bei den lange anhaltenden starken
Winterregen, im Verhältniss zu seinem herrlichen, un-
geheuer breiten Flussbett nur ein sehr geringfügiges
Quantum Wasser, ja nie soviel, um auch nur den zehn-
ten Theil seines Bettes in der Breite zu bedecken. Ich
glaube daher mit Bestimmtheit, dass sein gewaltiges
Bett einst das Bett des Skamander war; ich glaube
dies um so mehr, als noch heute der Simois sich eine
Viertelstunde Weges nördlich vor Ilium, wo ich grabe,
in den Kalifatli-Asmak ergiesst. Indem man dies Fluss-
bett, welches man bis zum Hellespont, nahe beim Cap
von Rhöteum, sieht, mit dem uralten Flussbett des Ska-
mander identificirt, beseitigt man die andernfalls ganz
unüberwindlichen Schwierigkeiten der Homerischen To-
pographie der Ebene von Troja; denn hätte der Ska-
mander zur Zeit des Trojanischen Krieges sein jetziges
Bett gehabt, so wäre er durch das griechische Lager
geflossen und Homer hätte vielfach Gelegenheit gehabt,
diesen wichtigen Umstand anzuführen. Da er aber
nie eines Flusses im Lager erwähnt, so konnte auch
keiner da sein. Ausserdem bleibt der Simois jetzt eine
halbe Stunde Weges vom Skamander entfernt, während

das uralte bett des skamander.
an seinen Ufern befindliche, ununterbrochene Reihe von
Bäumen von hier aus erkenne. Zwischen dem Skamander
und Hissarlik, nur 15 Minuten Wegs von letzterm
entfernt, wird die Ebene ferner durchschnitten vom
Flusse Kalifatli-Asmak, der aus den Sümpfen von Batak
(Thymbria) entspringt, und nur im Spätherbst, Winter
und Frühjahr fliessendes Wasser hat, in den heissen
Sommermonaten aber, bis Ende October, aus einer un-
unterbrochenen Reihe tiefer Pfützen besteht. Dieser
Strom hat, selbst bei den lange anhaltenden starken
Winterregen, im Verhältniss zu seinem herrlichen, un-
geheuer breiten Flussbett nur ein sehr geringfügiges
Quantum Wasser, ja nie soviel, um auch nur den zehn-
ten Theil seines Bettes in der Breite zu bedecken. Ich
glaube daher mit Bestimmtheit, dass sein gewaltiges
Bett einst das Bett des Skamander war; ich glaube
dies um so mehr, als noch heute der Simoïs sich eine
Viertelstunde Weges nördlich vor Ilium, wo ich grabe,
in den Kalifatli-Asmak ergiesst. Indem man dies Fluss-
bett, welches man bis zum Hellespont, nahe beim Cap
von Rhöteum, sieht, mit dem uralten Flussbett des Ska-
mander identificirt, beseitigt man die andernfalls ganz
unüberwindlichen Schwierigkeiten der Homerischen To-
pographie der Ebene von Troja; denn hätte der Ska-
mander zur Zeit des Trojanischen Krieges sein jetziges
Bett gehabt, so wäre er durch das griechische Lager
geflossen und Homer hätte vielfach Gelegenheit gehabt,
diesen wichtigen Umstand anzuführen. Da er aber
nie eines Flusses im Lager erwähnt, so konnte auch
keiner da sein. Ausserdem bleibt der Simoïs jetzt eine
halbe Stunde Weges vom Skamander entfernt, während

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[18/0084] das uralte bett des skamander. an seinen Ufern befindliche, ununterbrochene Reihe von Bäumen von hier aus erkenne. Zwischen dem Skamander und Hissarlik, nur 15 Minuten Wegs von letzterm entfernt, wird die Ebene ferner durchschnitten vom Flusse Kalifatli-Asmak, der aus den Sümpfen von Batak (Thymbria) entspringt, und nur im Spätherbst, Winter und Frühjahr fliessendes Wasser hat, in den heissen Sommermonaten aber, bis Ende October, aus einer un- unterbrochenen Reihe tiefer Pfützen besteht. Dieser Strom hat, selbst bei den lange anhaltenden starken Winterregen, im Verhältniss zu seinem herrlichen, un- geheuer breiten Flussbett nur ein sehr geringfügiges Quantum Wasser, ja nie soviel, um auch nur den zehn- ten Theil seines Bettes in der Breite zu bedecken. Ich glaube daher mit Bestimmtheit, dass sein gewaltiges Bett einst das Bett des Skamander war; ich glaube dies um so mehr, als noch heute der Simoïs sich eine Viertelstunde Weges nördlich vor Ilium, wo ich grabe, in den Kalifatli-Asmak ergiesst. Indem man dies Fluss- bett, welches man bis zum Hellespont, nahe beim Cap von Rhöteum, sieht, mit dem uralten Flussbett des Ska- mander identificirt, beseitigt man die andernfalls ganz unüberwindlichen Schwierigkeiten der Homerischen To- pographie der Ebene von Troja; denn hätte der Ska- mander zur Zeit des Trojanischen Krieges sein jetziges Bett gehabt, so wäre er durch das griechische Lager geflossen und Homer hätte vielfach Gelegenheit gehabt, diesen wichtigen Umstand anzuführen. Da er aber nie eines Flusses im Lager erwähnt, so konnte auch keiner da sein. Ausserdem bleibt der Simoïs jetzt eine halbe Stunde Weges vom Skamander entfernt, während

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Zitationshilfe: Schliemann, Heinrich: Trojanische Alterthümer. Bericht über die Ausgrabungen in Troja. Leipzig, 1874, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schliemann_trojanische_1874/84>, abgerufen am 30.04.2024.