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Schliemann, Heinrich: Trojanische Alterthümer. Bericht über die Ausgrabungen in Troja. Leipzig, 1874.

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thymbria.
keine schnellen Füsse zu haben, um zu entkommen.
Kurz, nach jener Stelle der Ilias kann man unmöglicher-
weise jenes Grab mit dem des Aesyetes identificiren,
mag man nun das alte Troja auf die Höhen von Bunar-
baschi oder nach Ilium, wo ich grabe, verlegen. Zwi-
schen den beiden letztgenannten Grabhügeln sieht man
über das hohe Ufer des Aegeischen Meeres die Insel
Tenedos hervorragen. Gegen Süden erblickt man die
trojanische Ebene, die sich noch zwei Stunden weit bis
zu den Anhöhen von Bunarbaschi ausdehnt, über welche
der mit ewigem Schnee bedeckte Gargarus des Ida-
gebirges, von welchem Jupiter den Kämpfen der Tro-
janer und Griechen zusah, majestätisch emporragt. Eine
halbe Stunde links von Bunarbaschi liegt das meinem
geehrten Freunde, dem Herrn Frederik Calvert, gehö-
rige, 5000 Acres grosse schöne Landgut Batak, welcher
Name jetzt in Thymbria umgewandelt ist. Es verdient aber
diesen Namen aus mehr als einem Grunde, denn nicht
nur wird es vom Flusse Thymbrios (jetzt Kemer) durch-
strömt, sondern es umfasst auch die ganze Baustelle der
alten Stadt Thymbria mit ihrem Tempel des Apollo, in
dessen Trümmern des Besitzers Bruder, Herr Frank
Calvert, der durch seine archäologischen Forschungen
bekannt ist, Nachgrabungen gemacht und mehrere
werthvolle Inschriften gefunden hat, unter anderm auch
ein Inventarverzeichniss des Tempels. Dieses Landgut
umfasst ferner auch die dem Anschein nach stellenweise
von Ringmauern umgebene Baustelle einer alten Stadt,
welche mit Topfscherben bedeckt ist und so sehr mit
Strabo's Angaben hinsichtlich Lage, Abstand u. s. w.
übereinstimmt, dass es jedenfalls dessen Ilieon kome sein

thymbria.
keine schnellen Füsse zu haben, um zu entkommen.
Kurz, nach jener Stelle der Ilias kann man unmöglicher-
weise jenes Grab mit dem des Aesyetes identificiren,
mag man nun das alte Troja auf die Höhen von Bunar-
baschi oder nach Ilium, wo ich grabe, verlegen. Zwi-
schen den beiden letztgenannten Grabhügeln sieht man
über das hohe Ufer des Aegeischen Meeres die Insel
Tenedos hervorragen. Gegen Süden erblickt man die
trojanische Ebene, die sich noch zwei Stunden weit bis
zu den Anhöhen von Bunarbaschi ausdehnt, über welche
der mit ewigem Schnee bedeckte Gargarus des Ida-
gebirges, von welchem Jupiter den Kämpfen der Tro-
janer und Griechen zusah, majestätisch emporragt. Eine
halbe Stunde links von Bunarbaschi liegt das meinem
geehrten Freunde, dem Herrn Frederik Calvert, gehö-
rige, 5000 Acres grosse schöne Landgut Batak, welcher
Name jetzt in Thymbria umgewandelt ist. Es verdient aber
diesen Namen aus mehr als einem Grunde, denn nicht
nur wird es vom Flusse Thymbrios (jetzt Kemer) durch-
strömt, sondern es umfasst auch die ganze Baustelle der
alten Stadt Thymbria mit ihrem Tempel des Apollo, in
dessen Trümmern des Besitzers Bruder, Herr Frank
Calvert, der durch seine archäologischen Forschungen
bekannt ist, Nachgrabungen gemacht und mehrere
werthvolle Inschriften gefunden hat, unter anderm auch
ein Inventarverzeichniss des Tempels. Dieses Landgut
umfasst ferner auch die dem Anschein nach stellenweise
von Ringmauern umgebene Baustelle einer alten Stadt,
welche mit Topfscherben bedeckt ist und so sehr mit
Strabo’s Angaben hinsichtlich Lage, Abstand u. s. w.
übereinstimmt, dass es jedenfalls dessen Ἰλιέων κώμη sein

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[15/0081] thymbria. keine schnellen Füsse zu haben, um zu entkommen. Kurz, nach jener Stelle der Ilias kann man unmöglicher- weise jenes Grab mit dem des Aesyetes identificiren, mag man nun das alte Troja auf die Höhen von Bunar- baschi oder nach Ilium, wo ich grabe, verlegen. Zwi- schen den beiden letztgenannten Grabhügeln sieht man über das hohe Ufer des Aegeischen Meeres die Insel Tenedos hervorragen. Gegen Süden erblickt man die trojanische Ebene, die sich noch zwei Stunden weit bis zu den Anhöhen von Bunarbaschi ausdehnt, über welche der mit ewigem Schnee bedeckte Gargarus des Ida- gebirges, von welchem Jupiter den Kämpfen der Tro- janer und Griechen zusah, majestätisch emporragt. Eine halbe Stunde links von Bunarbaschi liegt das meinem geehrten Freunde, dem Herrn Frederik Calvert, gehö- rige, 5000 Acres grosse schöne Landgut Batak, welcher Name jetzt in Thymbria umgewandelt ist. Es verdient aber diesen Namen aus mehr als einem Grunde, denn nicht nur wird es vom Flusse Thymbrios (jetzt Kemer) durch- strömt, sondern es umfasst auch die ganze Baustelle der alten Stadt Thymbria mit ihrem Tempel des Apollo, in dessen Trümmern des Besitzers Bruder, Herr Frank Calvert, der durch seine archäologischen Forschungen bekannt ist, Nachgrabungen gemacht und mehrere werthvolle Inschriften gefunden hat, unter anderm auch ein Inventarverzeichniss des Tempels. Dieses Landgut umfasst ferner auch die dem Anschein nach stellenweise von Ringmauern umgebene Baustelle einer alten Stadt, welche mit Topfscherben bedeckt ist und so sehr mit Strabo’s Angaben hinsichtlich Lage, Abstand u. s. w. übereinstimmt, dass es jedenfalls dessen Ἰλιέων κώμη sein

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Zitationshilfe: Schliemann, Heinrich: Trojanische Alterthümer. Bericht über die Ausgrabungen in Troja. Leipzig, 1874, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schliemann_trojanische_1874/81>, abgerufen am 30.04.2024.