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Schliemann, Heinrich: Trojanische Alterthümer. Bericht über die Ausgrabungen in Troja. Leipzig, 1874.

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die heldengräber der ebene von troja.
Klöstern bedeckten berühmten Berg Athos oder Monte-
Santo, an dessen nordwestlicher Seite man noch jetzt
die Spuren jenes grossen Schiffskanals sieht, den, nach
Herodot (VII, 22--23), Xerxes dort graben liess, um die
stürmische Umfahrt des Caps Athos zu vermeiden.

Wieder zur trojanischen Ebene zurückkehrend, sieht
man am rechten Ende derselben, auf einem Ausläufer
des Vorgebirges von Rhöteum, den Grabhügel des
Ajax, am Fusse des gegenüberliegenden Vorgebirges
von Sigeion den des Patroklos, und auf einem Ausläufer
desselben das Denkmal des Achilleus; links von letzterm,
auf jenem Vorgebirge selbst, das Dorf Jenischahir. Von
dort wird die zwei Stunden breite Ebene gegen Westen
durch das im Durchschnitt 40 Meter hohe Ufer des
Aegeischen Meeres begrenzt, auf dem man zuerst den
Grabhügel des Festus, des vertrauten Freundes von
Caracalla, sieht, den dieser Kaiser (nach Herodian, IV)
bei seinem Besuch in Ilium vergiften liess, um das von
Homer (Ilias, XXIII) beschriebene Leichenbegängniss
nachahmen zu können, welches Achilleus seinem Freunde
Patroklos weihte. Dann folgt auf derselben Küste ein,
Udjek-Tepe genannter, 24 Meter hoher Grabhügel,
welcher von den meisten Archäologen als der des Greises
Aesyetes angesehen wird, von dem aus Polites, im Ver-
trauen auf die Schnelligkeit seiner Füsse (Ilias II, 791--
794), spähte, wann das griechische Heer von den Schiffen
hervorstürmen würde. Die Entfernung dieses Hügels
vom griechischen Lager am Hellespont ist aber volle
3 1/2 Stunden, während man auf einen Abstand von einer
Viertelstunde keinen Menschen sehen kann. Ferner
brauchte Polites in einer Entfernung von 3 1/2 Stunden

die heldengräber der ebene von troja.
Klöstern bedeckten berühmten Berg Athos oder Monte-
Santo, an dessen nordwestlicher Seite man noch jetzt
die Spuren jenes grossen Schiffskanals sieht, den, nach
Herodot (VII, 22—23), Xerxes dort graben liess, um die
stürmische Umfahrt des Caps Athos zu vermeiden.

Wieder zur trojanischen Ebene zurückkehrend, sieht
man am rechten Ende derselben, auf einem Ausläufer
des Vorgebirges von Rhöteum, den Grabhügel des
Ajax, am Fusse des gegenüberliegenden Vorgebirges
von Sigeion den des Patroklos, und auf einem Ausläufer
desselben das Denkmal des Achilleus; links von letzterm,
auf jenem Vorgebirge selbst, das Dorf Jenischahir. Von
dort wird die zwei Stunden breite Ebene gegen Westen
durch das im Durchschnitt 40 Meter hohe Ufer des
Aegeischen Meeres begrenzt, auf dem man zuerst den
Grabhügel des Festus, des vertrauten Freundes von
Caracalla, sieht, den dieser Kaiser (nach Herodian, IV)
bei seinem Besuch in Ilium vergiften liess, um das von
Homer (Ilias, XXIII) beschriebene Leichenbegängniss
nachahmen zu können, welches Achilleus seinem Freunde
Patroklos weihte. Dann folgt auf derselben Küste ein,
Udjek-Tépé genannter, 24 Meter hoher Grabhügel,
welcher von den meisten Archäologen als der des Greises
Aesyetes angesehen wird, von dem aus Polites, im Ver-
trauen auf die Schnelligkeit seiner Füsse (Ilias II, 791—
794), spähte, wann das griechische Heer von den Schiffen
hervorstürmen würde. Die Entfernung dieses Hügels
vom griechischen Lager am Hellespont ist aber volle
3 ½ Stunden, während man auf einen Abstand von einer
Viertelstunde keinen Menschen sehen kann. Ferner
brauchte Polites in einer Entfernung von 3 ½ Stunden

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[14/0080] die heldengräber der ebene von troja. Klöstern bedeckten berühmten Berg Athos oder Monte- Santo, an dessen nordwestlicher Seite man noch jetzt die Spuren jenes grossen Schiffskanals sieht, den, nach Herodot (VII, 22—23), Xerxes dort graben liess, um die stürmische Umfahrt des Caps Athos zu vermeiden. Wieder zur trojanischen Ebene zurückkehrend, sieht man am rechten Ende derselben, auf einem Ausläufer des Vorgebirges von Rhöteum, den Grabhügel des Ajax, am Fusse des gegenüberliegenden Vorgebirges von Sigeion den des Patroklos, und auf einem Ausläufer desselben das Denkmal des Achilleus; links von letzterm, auf jenem Vorgebirge selbst, das Dorf Jenischahir. Von dort wird die zwei Stunden breite Ebene gegen Westen durch das im Durchschnitt 40 Meter hohe Ufer des Aegeischen Meeres begrenzt, auf dem man zuerst den Grabhügel des Festus, des vertrauten Freundes von Caracalla, sieht, den dieser Kaiser (nach Herodian, IV) bei seinem Besuch in Ilium vergiften liess, um das von Homer (Ilias, XXIII) beschriebene Leichenbegängniss nachahmen zu können, welches Achilleus seinem Freunde Patroklos weihte. Dann folgt auf derselben Küste ein, Udjek-Tépé genannter, 24 Meter hoher Grabhügel, welcher von den meisten Archäologen als der des Greises Aesyetes angesehen wird, von dem aus Polites, im Ver- trauen auf die Schnelligkeit seiner Füsse (Ilias II, 791— 794), spähte, wann das griechische Heer von den Schiffen hervorstürmen würde. Die Entfernung dieses Hügels vom griechischen Lager am Hellespont ist aber volle 3 ½ Stunden, während man auf einen Abstand von einer Viertelstunde keinen Menschen sehen kann. Ferner brauchte Polites in einer Entfernung von 3 ½ Stunden

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Zitationshilfe: Schliemann, Heinrich: Trojanische Alterthümer. Bericht über die Ausgrabungen in Troja. Leipzig, 1874, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schliemann_trojanische_1874/80>, abgerufen am 30.04.2024.