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Schliemann, Heinrich: Trojanische Alterthümer. Bericht über die Ausgrabungen in Troja. Leipzig, 1874.

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der schatz des priamos.
knöpfe, die aber nicht zusammengeschmiedet, sondern
zusammengesteckt sind, denn aus der Höhlung des
einen Knopfes tritt eine 6 Millimeter lange Röhre
(auliskos), aus der andern eine ebenso lange Stange
(embolon) hervor, und steckt man einfach die Stange in die
Röhre, um den Doppelknopf zu bilden. Diese Doppel-
knöpfe können wol nur als Zierathen von ledernen
Sachen, so z. B. an Schwert-, Schild- oder Messerge-
henken (telamones) gebraucht worden sein. Ich fand
dort auch zwei goldene Cylinder von 3 Millimeter Dicke
und 19 Millimeter Länge, sowie ein goldenes Stäbchen
von 21 Millimeter Länge und 11/2 bis 2 Millimeter Dicke;
es hat an einem Ende ein durchgehendes Loch zum
Aufhängen, an der andern Seite sechs herumgehende
Einschnitte, welche dem Gegenstand das Ansehen einer
Schraube geben; nur mittels einer Loupe erkennt man,
dass es keine wirkliche Schraube ist.

Noch fand ich dort zwei Stücke Gold, wovon das
eine 43/4, das andere 51/4 Centimeter lang ist; jedes der-
selben hat 21 Durchbohrungen.

Derjenige, welcher versucht hat, den Schatz zu
retten, hat glücklicherweise die Geistesgegenwart ge-
habt, die grosse silberne Vase mit den beschriebenen
Kostbarkeiten aufrecht in die Kiste zu stellen, so-
dass nicht eine Perle heraus gefallen und alles unver-
sehrt geblieben ist.

Mein geehrter Freund, der durch seine Entdeckun-
gen und Schriften bekannte Chemiker Landerer in
Athen, welcher alle im Schatze enthaltenen kupfernen
Gegenstände aufs genaueste untersucht und Bruchstücke
davon analysirt hat, findet, dass alle, ohne jegliche Bei-

der schatz des priamos.
knöpfe, die aber nicht zusammengeschmiedet, sondern
zusammengesteckt sind, denn aus der Höhlung des
einen Knopfes tritt eine 6 Millimeter lange Röhre
(αὐλίσκος), aus der andern eine ebenso lange Stange
(ἔμβολον) hervor, und steckt man einfach die Stange in die
Röhre, um den Doppelknopf zu bilden. Diese Doppel-
knöpfe können wol nur als Zierathen von ledernen
Sachen, so z. B. an Schwert-, Schild- oder Messerge-
henken (τελαμῶνες) gebraucht worden sein. Ich fand
dort auch zwei goldene Cylinder von 3 Millimeter Dicke
und 19 Millimeter Länge, sowie ein goldenes Stäbchen
von 21 Millimeter Länge und 1½ bis 2 Millimeter Dicke;
es hat an einem Ende ein durchgehendes Loch zum
Aufhängen, an der andern Seite sechs herumgehende
Einschnitte, welche dem Gegenstand das Ansehen einer
Schraube geben; nur mittels einer Loupe erkennt man,
dass es keine wirkliche Schraube ist.

Noch fand ich dort zwei Stücke Gold, wovon das
eine 4¾, das andere 5¼ Centimeter lang ist; jedes der-
selben hat 21 Durchbohrungen.

Derjenige, welcher versucht hat, den Schatz zu
retten, hat glücklicherweise die Geistesgegenwart ge-
habt, die grosse silberne Vase mit den beschriebenen
Kostbarkeiten aufrecht in die Kiste zu stellen, so-
dass nicht eine Perle heraus gefallen und alles unver-
sehrt geblieben ist.

Mein geehrter Freund, der durch seine Entdeckun-
gen und Schriften bekannte Chemiker Landerer in
Athen, welcher alle im Schatze enthaltenen kupfernen
Gegenstände aufs genaueste untersucht und Bruchstücke
davon analysirt hat, findet, dass alle, ohne jegliche Bei-

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[301/0367] der schatz des priamos. knöpfe, die aber nicht zusammengeschmiedet, sondern zusammengesteckt sind, denn aus der Höhlung des einen Knopfes tritt eine 6 Millimeter lange Röhre (αὐλίσκος), aus der andern eine ebenso lange Stange (ἔμβολον) hervor, und steckt man einfach die Stange in die Röhre, um den Doppelknopf zu bilden. Diese Doppel- knöpfe können wol nur als Zierathen von ledernen Sachen, so z. B. an Schwert-, Schild- oder Messerge- henken (τελαμῶνες) gebraucht worden sein. Ich fand dort auch zwei goldene Cylinder von 3 Millimeter Dicke und 19 Millimeter Länge, sowie ein goldenes Stäbchen von 21 Millimeter Länge und 1½ bis 2 Millimeter Dicke; es hat an einem Ende ein durchgehendes Loch zum Aufhängen, an der andern Seite sechs herumgehende Einschnitte, welche dem Gegenstand das Ansehen einer Schraube geben; nur mittels einer Loupe erkennt man, dass es keine wirkliche Schraube ist. Noch fand ich dort zwei Stücke Gold, wovon das eine 4¾, das andere 5¼ Centimeter lang ist; jedes der- selben hat 21 Durchbohrungen. Derjenige, welcher versucht hat, den Schatz zu retten, hat glücklicherweise die Geistesgegenwart ge- habt, die grosse silberne Vase mit den beschriebenen Kostbarkeiten aufrecht in die Kiste zu stellen, so- dass nicht eine Perle heraus gefallen und alles unver- sehrt geblieben ist. Mein geehrter Freund, der durch seine Entdeckun- gen und Schriften bekannte Chemiker Landerer in Athen, welcher alle im Schatze enthaltenen kupfernen Gegenstände aufs genaueste untersucht und Bruchstücke davon analysirt hat, findet, dass alle, ohne jegliche Bei-

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Zitationshilfe: Schliemann, Heinrich: Trojanische Alterthümer. Bericht über die Ausgrabungen in Troja. Leipzig, 1874, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schliemann_trojanische_1874/367>, abgerufen am 02.05.2024.