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Schliemann, Heinrich: Trojanische Alterthümer. Bericht über die Ausgrabungen in Troja. Leipzig, 1874.

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bedeutung des thurmes.
imposant war und man von ihm nicht nur die ganze
trojanische Ebene, sondern auch das Meer mit den In-
seln Tenedos, Imbros und Samothrake überschauen konnte.
Es gab und gibt auf Trojas Baustelle keine erhabenere
Lage als diese, und ich vermuthe daher, dass er Iliums
grosser Thurm war, auf welchen Andromache stieg, weil
sie gehört hatte, die Trojaner seien bedrängt und ge-
waltig sei der Achäer Obmacht:

all epi purgon ebe megan Ilinu ounek akousen
teiresthai Troas, mega de kratos einai Akhaion.

(Ilias, VI, 386--387).

Nachdem dieser Thurm 31 Jahrhunderte lang tief unter
dem Schutt begraben war und jahrtausendelang ein
Volk nach dem andern seine Häuser und Paläste hoch
über seinem Gipfel erbaut hatte, ist er jetzt wieder ans
Licht gekommen und übersieht, wenn auch nicht die
ganze Ebene, doch wenigstens den nördlichen Theil
derselben und den Hellespont. Möge dies heilige, er-
habene Denkmal von Griechenlands Heldenruhm fortan
auf ewige Zeiten die Blicke der durch den Hellespont
Fahrenden fesseln, möge es ein Wallfahrtsort werden
für die wissbegierige Jugend aller künftigen Genera-
tionen und sie begeistern für die Wissenschaft, beson-
ders für die herrliche griechische Sprache und Litera-
tur; möge es die Veranlassung werden zur baldigen
vollständigen Aufdeckung von Trojas Ringmauern,
die nothwendigerweise mit diesem Thurme, höchst
wahrscheinlich auch mit der auf der Nordseite von mir
blossgelegten Mauer in Verbindung stehen müssen und
deren Aufdeckung jetzt sehr leicht ist.

Schliemann, Troja. 11

bedeutung des thurmes.
imposant war und man von ihm nicht nur die ganze
trojanische Ebene, sondern auch das Meer mit den In-
seln Tenedos, Imbros und Samothrake überschauen konnte.
Es gab und gibt auf Trojas Baustelle keine erhabenere
Lage als diese, und ich vermuthe daher, dass er Iliums
grosser Thurm war, auf welchen Andromache stieg, weil
sie gehört hatte, die Trojaner seien bedrängt und ge-
waltig sei der Achäer Obmacht:

ἀλλ̛ ἐπὶ πύργον ἔβη μέγαν Ἰλίνυ οὕνεκ̕ ἄκουσεν
τείρεσϑαι Τρῶας, μέγα δὲ κράτος εἶναι Ἀχαιῶν.

(Ilias, VI, 386—387).

Nachdem dieser Thurm 31 Jahrhunderte lang tief unter
dem Schutt begraben war und jahrtausendelang ein
Volk nach dem andern seine Häuser und Paläste hoch
über seinem Gipfel erbaut hatte, ist er jetzt wieder ans
Licht gekommen und übersieht, wenn auch nicht die
ganze Ebene, doch wenigstens den nördlichen Theil
derselben und den Hellespont. Möge dies heilige, er-
habene Denkmal von Griechenlands Heldenruhm fortan
auf ewige Zeiten die Blicke der durch den Hellespont
Fahrenden fesseln, möge es ein Wallfahrtsort werden
für die wissbegierige Jugend aller künftigen Genera-
tionen und sie begeistern für die Wissenschaft, beson-
ders für die herrliche griechische Sprache und Litera-
tur; möge es die Veranlassung werden zur baldigen
vollständigen Aufdeckung von Trojas Ringmauern,
die nothwendigerweise mit diesem Thurme, höchst
wahrscheinlich auch mit der auf der Nordseite von mir
blossgelegten Mauer in Verbindung stehen müssen und
deren Aufdeckung jetzt sehr leicht ist.

Schliemann, Troja. 11
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[161/0227] bedeutung des thurmes. imposant war und man von ihm nicht nur die ganze trojanische Ebene, sondern auch das Meer mit den In- seln Tenedos, Imbros und Samothrake überschauen konnte. Es gab und gibt auf Trojas Baustelle keine erhabenere Lage als diese, und ich vermuthe daher, dass er Iliums grosser Thurm war, auf welchen Andromache stieg, weil sie gehört hatte, die Trojaner seien bedrängt und ge- waltig sei der Achäer Obmacht: ἀλλ̛ ἐπὶ πύργον ἔβη μέγαν Ἰλίνυ οὕνεκ̕ ἄκουσεν τείρεσϑαι Τρῶας, μέγα δὲ κράτος εἶναι Ἀχαιῶν. (Ilias, VI, 386—387). Nachdem dieser Thurm 31 Jahrhunderte lang tief unter dem Schutt begraben war und jahrtausendelang ein Volk nach dem andern seine Häuser und Paläste hoch über seinem Gipfel erbaut hatte, ist er jetzt wieder ans Licht gekommen und übersieht, wenn auch nicht die ganze Ebene, doch wenigstens den nördlichen Theil derselben und den Hellespont. Möge dies heilige, er- habene Denkmal von Griechenlands Heldenruhm fortan auf ewige Zeiten die Blicke der durch den Hellespont Fahrenden fesseln, möge es ein Wallfahrtsort werden für die wissbegierige Jugend aller künftigen Genera- tionen und sie begeistern für die Wissenschaft, beson- ders für die herrliche griechische Sprache und Litera- tur; möge es die Veranlassung werden zur baldigen vollständigen Aufdeckung von Trojas Ringmauern, die nothwendigerweise mit diesem Thurme, höchst wahrscheinlich auch mit der auf der Nordseite von mir blossgelegten Mauer in Verbindung stehen müssen und deren Aufdeckung jetzt sehr leicht ist. Schliemann, Troja. 11

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Zitationshilfe: Schliemann, Heinrich: Trojanische Alterthümer. Bericht über die Ausgrabungen in Troja. Leipzig, 1874, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schliemann_trojanische_1874/227>, abgerufen am 28.04.2024.