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Schliemann, Heinrich: Trojanische Alterthümer. Bericht über die Ausgrabungen in Troja. Leipzig, 1874.

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gebrauch der terracotten; lampen.
ihnen als Münzen im Gebrauch gewesen sein müssen.
Beides scheint mir aber unmöglich. Als Amulete sind sie
viel zu gross und schwer, denn sie haben 3, 5 und selbst
6 Centimeter im Durchmesser und 1 bis 5 Centimeter
Höhe; auch würde es ungemein unbequem sein, auch nur
ein einziges dieser schweren Stücke um den Hals oder
auf der Brust zu tragen. Der Gebrauch derselben
als Münzen scheint mir wegen der religiösen symbo-
lischen Zeichen nicht denkbar; auch müssten sie, als
Münzen benutzt, durch den fortwährenden Austausch
abgenutzt sein. Dann scheint gegen den Gebrauch als
Münzen auch die weisse Masse zu sprechen, mit der die
Verzierungen ausgefüllt sind und die bei dem fortwähren-
den Wandern von Hand zu Hand gar bald hätte verschwin-
den müssen; ferner der Umstand, dass sie auch in den
Trümmerschichten der griechischen Colonie vorkommen,
in denen ich viele kupferne, auch einige silberne Mün-
zen von Ilium finde. Uebrigens sind letztere meistens
aus der römischen Kaiserzeit, und ich kann nicht mit
Bestimmtheit behaupten, dass sie über unsere Zeitrech-
nung hinausgehen. Es finden sich indess Münzen von
Sigeion, die wahrscheinlich aus dem 2. Jahrhundert vor
Christo sind, denn diese Stadt war schon zu Strabo's
Zeit zerstört.

In 14 Meter Tiefe finde ich unter andern merk-
würdigen Gegenständen kleine runde Näpfe, von nur
41/2 Centimeter Durchmesser; einige derselben haben
am Rande des Bodens herum vier Füsschen mit einem
durchgehenden Loch, während sich ein fünftes Füsschen
ohne Loch in der Mitte befindet. Andere Näpfe gleicher
Grösse haben vier Füsschen, wovon nur zwei ein durch-

Schliemann, Troja. 10

gebrauch der terracotten; lampen.
ihnen als Münzen im Gebrauch gewesen sein müssen.
Beides scheint mir aber unmöglich. Als Amulete sind sie
viel zu gross und schwer, denn sie haben 3, 5 und selbst
6 Centimeter im Durchmesser und 1 bis 5 Centimeter
Höhe; auch würde es ungemein unbequem sein, auch nur
ein einziges dieser schweren Stücke um den Hals oder
auf der Brust zu tragen. Der Gebrauch derselben
als Münzen scheint mir wegen der religiösen symbo-
lischen Zeichen nicht denkbar; auch müssten sie, als
Münzen benutzt, durch den fortwährenden Austausch
abgenutzt sein. Dann scheint gegen den Gebrauch als
Münzen auch die weisse Masse zu sprechen, mit der die
Verzierungen ausgefüllt sind und die bei dem fortwähren-
den Wandern von Hand zu Hand gar bald hätte verschwin-
den müssen; ferner der Umstand, dass sie auch in den
Trümmerschichten der griechischen Colonie vorkommen,
in denen ich viele kupferne, auch einige silberne Mün-
zen von Ilium finde. Uebrigens sind letztere meistens
aus der römischen Kaiserzeit, und ich kann nicht mit
Bestimmtheit behaupten, dass sie über unsere Zeitrech-
nung hinausgehen. Es finden sich indess Münzen von
Sigeion, die wahrscheinlich aus dem 2. Jahrhundert vor
Christo sind, denn diese Stadt war schon zu Strabo’s
Zeit zerstört.

In 14 Meter Tiefe finde ich unter andern merk-
würdigen Gegenständen kleine runde Näpfe, von nur
4½ Centimeter Durchmesser; einige derselben haben
am Rande des Bodens herum vier Füsschen mit einem
durchgehenden Loch, während sich ein fünftes Füsschen
ohne Loch in der Mitte befindet. Andere Näpfe gleicher
Grösse haben vier Füsschen, wovon nur zwei ein durch-

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[145/0211] gebrauch der terracotten; lampen. ihnen als Münzen im Gebrauch gewesen sein müssen. Beides scheint mir aber unmöglich. Als Amulete sind sie viel zu gross und schwer, denn sie haben 3, 5 und selbst 6 Centimeter im Durchmesser und 1 bis 5 Centimeter Höhe; auch würde es ungemein unbequem sein, auch nur ein einziges dieser schweren Stücke um den Hals oder auf der Brust zu tragen. Der Gebrauch derselben als Münzen scheint mir wegen der religiösen symbo- lischen Zeichen nicht denkbar; auch müssten sie, als Münzen benutzt, durch den fortwährenden Austausch abgenutzt sein. Dann scheint gegen den Gebrauch als Münzen auch die weisse Masse zu sprechen, mit der die Verzierungen ausgefüllt sind und die bei dem fortwähren- den Wandern von Hand zu Hand gar bald hätte verschwin- den müssen; ferner der Umstand, dass sie auch in den Trümmerschichten der griechischen Colonie vorkommen, in denen ich viele kupferne, auch einige silberne Mün- zen von Ilium finde. Uebrigens sind letztere meistens aus der römischen Kaiserzeit, und ich kann nicht mit Bestimmtheit behaupten, dass sie über unsere Zeitrech- nung hinausgehen. Es finden sich indess Münzen von Sigeion, die wahrscheinlich aus dem 2. Jahrhundert vor Christo sind, denn diese Stadt war schon zu Strabo’s Zeit zerstört. In 14 Meter Tiefe finde ich unter andern merk- würdigen Gegenständen kleine runde Näpfe, von nur 4½ Centimeter Durchmesser; einige derselben haben am Rande des Bodens herum vier Füsschen mit einem durchgehenden Loch, während sich ein fünftes Füsschen ohne Loch in der Mitte befindet. Andere Näpfe gleicher Grösse haben vier Füsschen, wovon nur zwei ein durch- Schliemann, Troja. 10

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Zitationshilfe: Schliemann, Heinrich: Trojanische Alterthümer. Bericht über die Ausgrabungen in Troja. Leipzig, 1874, S. 145. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schliemann_trojanische_1874/211>, abgerufen am 27.04.2024.