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Schliemann, Heinrich: Trojanische Alterthümer. Bericht über die Ausgrabungen in Troja. Leipzig, 1874.

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widerlegung der ansicht des herrn nikolaides.
und dass er diese Mittheilung Strabo's irrthümlich dahin
abänderte, dass die Astypaläer im 6. Jahrhundert v.
Chr. Ilium Novum gebaut hätten. Im darauffolgenden
Satze sagt Strabo, dass die Stadt (Ilium) unter der
Herrschaft der Lydier 797 v. Chr. anfing. Woher
kann Herr Nikolaides die Kunde haben, dass der Bau
der Stadt im 6. Jahrhundert stattgefunden hat?

"Herr Nikolaides sagt weiter, dass Homer jedenfalls
die Nachkommen des Aeneas in Troja hat herrschen
sehen, indem er sonst nicht die prophetischen Worte:

nun de de Aineiao bie Troessin anaxei
kai paidon paides, toi ken metopisthe genontai

(Ilias, XX, 307--308. Ja bald werden über die Trojaner
herrschen Aeneas und die Söhne seiner Söhne, und die,
welche später geboren werden) dem Poseidon hätte in
den Mund legen können. Auch ich war immer dersel-
ben Ansicht, bis meine Ausgrabungen dieselbe als
irrig erwiesen und über jeden Zweifel herausstellten,
dass Troja von Grund aus zerstört und von einem
andern Volke wieder aufgebaut wurde. Als weitern
Beweis, dass das homerische Ilium auf den Höhen von
Bunarbaschi lag, führt Herr Nikolaides an, dass die
Trojaner einen Kundschafter auf dem Grabhügel des
Aesyetes aufgestellt hatten, um zu erspähen, wann die
Achäer aus den Schiffen hervorstürmen würden, und er
meint, dass, des geringen Abstandes vom Hellespont
wegen, dies Spähen überflüssig und widersinnig gewe-
sen sein würde, wenn, wie ich sage, Troja auf der Bau-
stelle von Ilium, welches Herr Nikolaides Ilium Novum
nennt, gestanden hätte. Ich erstaune auch über diese

widerlegung der ansicht des herrn nikolaïdes.
und dass er diese Mittheilung Strabo’s irrthümlich dahin
abänderte, dass die Astypaläer im 6. Jahrhundert v.
Chr. Ilium Novum gebaut hätten. Im darauffolgenden
Satze sagt Strabo, dass die Stadt (Ilium) unter der
Herrschaft der Lydier 797 v. Chr. anfing. Woher
kann Herr Nikolaïdes die Kunde haben, dass der Bau
der Stadt im 6. Jahrhundert stattgefunden hat?

„Herr Nikolaïdes sagt weiter, dass Homer jedenfalls
die Nachkommen des Aeneas in Troja hat herrschen
sehen, indem er sonst nicht die prophetischen Worte:

νῦν δὲ δὴ Αἰνείαο βίη Τρώεσσιν ἀνα΄ξει
καὶ παίδων παῖδες, τοί κεν μετόπισϑε γένωνται

(Ilias, XX, 307—308. Ja bald werden über die Trojaner
herrschen Aeneas und die Söhne seiner Söhne, und die,
welche später geboren werden) dem Poseidon hätte in
den Mund legen können. Auch ich war immer dersel-
ben Ansicht, bis meine Ausgrabungen dieselbe als
irrig erwiesen und über jeden Zweifel herausstellten,
dass Troja von Grund aus zerstört und von einem
andern Volke wieder aufgebaut wurde. Als weitern
Beweis, dass das homerische Ilium auf den Höhen von
Bunarbaschi lag, führt Herr Nikolaïdes an, dass die
Trojaner einen Kundschafter auf dem Grabhügel des
Aesyetes aufgestellt hatten, um zu erspähen, wann die
Achäer aus den Schiffen hervorstürmen würden, und er
meint, dass, des geringen Abstandes vom Hellespont
wegen, dies Spähen überflüssig und widersinnig gewe-
sen sein würde, wenn, wie ich sage, Troja auf der Bau-
stelle von Ilium, welches Herr Nikolaïdes Ilium Novum
nennt, gestanden hätte. Ich erstaune auch über diese

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[136/0202] widerlegung der ansicht des herrn nikolaïdes. und dass er diese Mittheilung Strabo’s irrthümlich dahin abänderte, dass die Astypaläer im 6. Jahrhundert v. Chr. Ilium Novum gebaut hätten. Im darauffolgenden Satze sagt Strabo, dass die Stadt (Ilium) unter der Herrschaft der Lydier 797 v. Chr. anfing. Woher kann Herr Nikolaïdes die Kunde haben, dass der Bau der Stadt im 6. Jahrhundert stattgefunden hat? „Herr Nikolaïdes sagt weiter, dass Homer jedenfalls die Nachkommen des Aeneas in Troja hat herrschen sehen, indem er sonst nicht die prophetischen Worte: νῦν δὲ δὴ Αἰνείαο βίη Τρώεσσιν ἀνα΄ξει καὶ παίδων παῖδες, τοί κεν μετόπισϑε γένωνται (Ilias, XX, 307—308. Ja bald werden über die Trojaner herrschen Aeneas und die Söhne seiner Söhne, und die, welche später geboren werden) dem Poseidon hätte in den Mund legen können. Auch ich war immer dersel- ben Ansicht, bis meine Ausgrabungen dieselbe als irrig erwiesen und über jeden Zweifel herausstellten, dass Troja von Grund aus zerstört und von einem andern Volke wieder aufgebaut wurde. Als weitern Beweis, dass das homerische Ilium auf den Höhen von Bunarbaschi lag, führt Herr Nikolaïdes an, dass die Trojaner einen Kundschafter auf dem Grabhügel des Aesyetes aufgestellt hatten, um zu erspähen, wann die Achäer aus den Schiffen hervorstürmen würden, und er meint, dass, des geringen Abstandes vom Hellespont wegen, dies Spähen überflüssig und widersinnig gewe- sen sein würde, wenn, wie ich sage, Troja auf der Bau- stelle von Ilium, welches Herr Nikolaïdes Ilium Novum nennt, gestanden hätte. Ich erstaune auch über diese

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Zitationshilfe: Schliemann, Heinrich: Trojanische Alterthümer. Bericht über die Ausgrabungen in Troja. Leipzig, 1874, S. 136. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schliemann_trojanische_1874/202>, abgerufen am 28.04.2024.