glaux und ope, und, wie ich durch eine ungeheure Masse von Beweisstücken in corpore darthue, ist nur die wörtliche Uebersetzung "mit Eulengesicht" möglich, die bisherige Uebersetzung "mit blauen, feurigen oder funkelnden Augen" aber durchaus falsch. Die natürliche Schlussfolgerung ist, dass, als bei fortschreitender Civi- lisation Minerva ein menschliches Gesicht erhielt, aus ihrem frühern Eulenkopf ihr Lieblingsvogel, die Eule, wurde, welche als solcher dem Homer unbekannt ist. Die fernere Schlussfolgerung ist, dass der Cultus der Minerva als Schutzgöttin von Troja dem Homer wohl- bekannt war, dass folglich ein Troja existirte und dass es auf der heiligen Stätte lag, deren Tiefen ich er- forsche.
Auf gleiche Weise wird man ohne allen Zweifel bei Nachgrabungen im Heraeon zwischen Argos und Mykene und auf der Baustelle des uralten Tempels der Juno auf Samos auf Idolen, Bechern und Vasen das Bild dieser Göttin mit einem Ochsenkopf finden; denn "boopis", das gewöhnliche Beiwort der Juno im Homer, kann ur- sprünglich nichts anderes bedeutet haben als "mit Ochsengesicht". Da aber Homer das Beiwort boopis auch einigemal für sterbliche Frauen anwendet, so ist es wahrscheinlich, dass man zu seiner Zeit es schon hässlich fand, Juno, die Frau des mächtigsten aller Götter, mit einem Ochsengesicht darzustellen, dass man daher schon angefangen hatte, sie mit Frauengesicht, aber mit Ochsenaugen, d. h. mit sehr grossen Augen, abzubilden, und dass folglich das im Sprachgebrauch befindliche und früher nur für die Juno mit der Bedeu-
bedeutung von ΓΛΑϒΚΩΠΙΣ und ΒΟΩΠΙΣ.
γλαῦξ und ὠπή, und, wie ich durch eine ungeheure Masse von Beweisstücken in corpore darthue, ist nur die wörtliche Uebersetzung „mit Eulengesicht“ möglich, die bisherige Uebersetzung „mit blauen, feurigen oder funkelnden Augen“ aber durchaus falsch. Die natürliche Schlussfolgerung ist, dass, als bei fortschreitender Civi- lisation Minerva ein menschliches Gesicht erhielt, aus ihrem frühern Eulenkopf ihr Lieblingsvogel, die Eule, wurde, welche als solcher dem Homer unbekannt ist. Die fernere Schlussfolgerung ist, dass der Cultus der Minerva als Schutzgöttin von Troja dem Homer wohl- bekannt war, dass folglich ein Troja existirte und dass es auf der heiligen Stätte lag, deren Tiefen ich er- forsche.
Auf gleiche Weise wird man ohne allen Zweifel bei Nachgrabungen im Heraeon zwischen Argos und Mykene und auf der Baustelle des uralten Tempels der Juno auf Samos auf Idolen, Bechern und Vasen das Bild dieser Göttin mit einem Ochsenkopf finden; denn „βοῶπις“, das gewöhnliche Beiwort der Juno im Homer, kann ur- sprünglich nichts anderes bedeutet haben als „mit Ochsengesicht“. Da aber Homer das Beiwort βοῶπις auch einigemal für sterbliche Frauen anwendet, so ist es wahrscheinlich, dass man zu seiner Zeit es schon hässlich fand, Juno, die Frau des mächtigsten aller Götter, mit einem Ochsengesicht darzustellen, dass man daher schon angefangen hatte, sie mit Frauengesicht, aber mit Ochsenaugen, d. h. mit sehr grossen Augen, abzubilden, und dass folglich das im Sprachgebrauch befindliche und früher nur für die Juno mit der Bedeu-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0132"n="66"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#k">bedeutung von ΓΛΑϒΚΩΠΙΣ und ΒΟΩΠΙΣ</hi>.</fw><lb/>γλαῦξ und ὠπή, und, wie ich durch eine ungeheure<lb/>
Masse von Beweisstücken in corpore darthue, ist nur<lb/>
die wörtliche Uebersetzung „mit Eulengesicht“ möglich,<lb/>
die bisherige Uebersetzung „mit blauen, feurigen oder<lb/>
funkelnden Augen“ aber durchaus falsch. Die natürliche<lb/>
Schlussfolgerung ist, dass, als bei fortschreitender Civi-<lb/>
lisation Minerva ein menschliches Gesicht erhielt, aus<lb/>
ihrem frühern Eulenkopf ihr Lieblingsvogel, die Eule,<lb/>
wurde, welche als solcher dem Homer unbekannt ist.<lb/>
Die fernere Schlussfolgerung ist, dass der Cultus der<lb/>
Minerva als Schutzgöttin von Troja dem Homer wohl-<lb/>
bekannt war, dass folglich ein Troja existirte und dass<lb/>
es auf der heiligen Stätte lag, deren Tiefen ich er-<lb/>
forsche.</p><lb/><p>Auf gleiche Weise wird man ohne allen Zweifel bei<lb/>
Nachgrabungen im Heraeon zwischen Argos und Mykene<lb/>
und auf der Baustelle des uralten Tempels der Juno auf<lb/>
Samos auf Idolen, Bechern und Vasen das Bild dieser<lb/>
Göttin mit einem Ochsenkopf finden; denn „βοῶπις“, das<lb/>
gewöhnliche Beiwort der Juno im Homer, kann ur-<lb/>
sprünglich nichts anderes bedeutet haben als „<hirendition="#g">mit<lb/>
Ochsengesicht</hi>“. Da aber Homer das Beiwort βοῶπις<lb/>
auch einigemal für sterbliche Frauen anwendet, so ist<lb/>
es wahrscheinlich, dass man zu seiner Zeit es schon<lb/>
hässlich fand, Juno, die Frau des mächtigsten aller<lb/>
Götter, mit einem Ochsengesicht darzustellen, dass man<lb/>
daher schon angefangen hatte, sie mit Frauengesicht,<lb/>
aber mit Ochsenaugen, d. h. mit sehr grossen Augen,<lb/>
abzubilden, und dass folglich das im Sprachgebrauch<lb/>
befindliche und früher nur für die Juno mit der Bedeu-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[66/0132]
bedeutung von ΓΛΑϒΚΩΠΙΣ und ΒΟΩΠΙΣ.
γλαῦξ und ὠπή, und, wie ich durch eine ungeheure
Masse von Beweisstücken in corpore darthue, ist nur
die wörtliche Uebersetzung „mit Eulengesicht“ möglich,
die bisherige Uebersetzung „mit blauen, feurigen oder
funkelnden Augen“ aber durchaus falsch. Die natürliche
Schlussfolgerung ist, dass, als bei fortschreitender Civi-
lisation Minerva ein menschliches Gesicht erhielt, aus
ihrem frühern Eulenkopf ihr Lieblingsvogel, die Eule,
wurde, welche als solcher dem Homer unbekannt ist.
Die fernere Schlussfolgerung ist, dass der Cultus der
Minerva als Schutzgöttin von Troja dem Homer wohl-
bekannt war, dass folglich ein Troja existirte und dass
es auf der heiligen Stätte lag, deren Tiefen ich er-
forsche.
Auf gleiche Weise wird man ohne allen Zweifel bei
Nachgrabungen im Heraeon zwischen Argos und Mykene
und auf der Baustelle des uralten Tempels der Juno auf
Samos auf Idolen, Bechern und Vasen das Bild dieser
Göttin mit einem Ochsenkopf finden; denn „βοῶπις“, das
gewöhnliche Beiwort der Juno im Homer, kann ur-
sprünglich nichts anderes bedeutet haben als „mit
Ochsengesicht“. Da aber Homer das Beiwort βοῶπις
auch einigemal für sterbliche Frauen anwendet, so ist
es wahrscheinlich, dass man zu seiner Zeit es schon
hässlich fand, Juno, die Frau des mächtigsten aller
Götter, mit einem Ochsengesicht darzustellen, dass man
daher schon angefangen hatte, sie mit Frauengesicht,
aber mit Ochsenaugen, d. h. mit sehr grossen Augen,
abzubilden, und dass folglich das im Sprachgebrauch
befindliche und früher nur für die Juno mit der Bedeu-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schliemann, Heinrich: Trojanische Alterthümer. Bericht über die Ausgrabungen in Troja. Leipzig, 1874, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schliemann_trojanische_1874/132>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.