Schliemann, Heinrich: Trojanische Alterthümer. Bericht über die Ausgrabungen in Troja. Leipzig, 1874.gebäudetrümmer; urnen. dicht aufeinanderliegen, dass sie das Ansehen wirklicherMauern haben. Aber man findet gar bald, dass alle diese Steinmassen nothwendigerweise von grossartigen Gebäuden herrühren, die hier gestanden und durch eine furchtbare Katastrophe zu Grunde gegangen sein müssen. Die Gebäude können unmöglich von diesen Steinen ohne ein Verbindungsmittel gebaut worden sein, und vermuthe ich, dass es blosse Erde gewesen ist, denn von Kalk oder Cement finde ich keine Spur. Zwischen den ungeheuern Steinmassen sind mehr oder we- niger grosse Zwischenräume von sehr festem und oft steinhartem Schutt, in welchem sehr viele Knochen, Muscheln und Massen anderer Ueberbleibsel von Haus- haltungen vorkommen. Von interessanten Gegenständen irgendwelcher Art war aber in der ganzen 70 Meter langen, 5 Meter hohen Schuttwand, ausser einer kleinen herrlich gearbeiteten, aber vom Rost zerstörten silbernen Haar- oder Tuchnadel noch keine Spur gefunden, als heute in derselben, in 14 Meter senkrechter Tiefe, ein 8 Centimeter langes, 6 Centimeter breites schön geschlif- fenes Stück Glimmerschiefer mit Mulden zum Giessen von zwei Brustnadeln und zwei andern mir ganz unbe- kannten Schmucksachen -- alles höchst phantastischer Art -- gefunden wurde; ferner eine leider ganz zer- brochene Grab- oder Wasserurne mit Verzierungen in der Form von zwei flachen Kränzen, die ganz herum- gehen; es muss dieselbe eine Höhe von 11/2 Meter und und eine Breite von wenigstens 70 Centimeter gehabt haben. In den beiden Kränzen ist eine ununterbrochene Reihe Keileindrücke, die auf den ersten Blick ent- schieden assyrische Keilinschriften zu sein scheinen. Bei gebäudetrümmer; urnen. dicht aufeinanderliegen, dass sie das Ansehen wirklicherMauern haben. Aber man findet gar bald, dass alle diese Steinmassen nothwendigerweise von grossartigen Gebäuden herrühren, die hier gestanden und durch eine furchtbare Katastrophe zu Grunde gegangen sein müssen. Die Gebäude können unmöglich von diesen Steinen ohne ein Verbindungsmittel gebaut worden sein, und vermuthe ich, dass es blosse Erde gewesen ist, denn von Kalk oder Cement finde ich keine Spur. Zwischen den ungeheuern Steinmassen sind mehr oder we- niger grosse Zwischenräume von sehr festem und oft steinhartem Schutt, in welchem sehr viele Knochen, Muscheln und Massen anderer Ueberbleibsel von Haus- haltungen vorkommen. Von interessanten Gegenständen irgendwelcher Art war aber in der ganzen 70 Meter langen, 5 Meter hohen Schuttwand, ausser einer kleinen herrlich gearbeiteten, aber vom Rost zerstörten silbernen Haar- oder Tuchnadel noch keine Spur gefunden, als heute in derselben, in 14 Meter senkrechter Tiefe, ein 8 Centimeter langes, 6 Centimeter breites schön geschlif- fenes Stück Glimmerschiefer mit Mulden zum Giessen von zwei Brustnadeln und zwei andern mir ganz unbe- kannten Schmucksachen — alles höchst phantastischer Art — gefunden wurde; ferner eine leider ganz zer- brochene Grab- oder Wasserurne mit Verzierungen in der Form von zwei flachen Kränzen, die ganz herum- gehen; es muss dieselbe eine Höhe von 1½ Meter und und eine Breite von wenigstens 70 Centimeter gehabt haben. In den beiden Kränzen ist eine ununterbrochene Reihe Keileindrücke, die auf den ersten Blick ent- schieden assyrische Keilinschriften zu sein scheinen. 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gebäudetrümmer; urnen.
dicht aufeinanderliegen, dass sie das Ansehen wirklicher
Mauern haben. Aber man findet gar bald, dass alle
diese Steinmassen nothwendigerweise von grossartigen
Gebäuden herrühren, die hier gestanden und durch eine
furchtbare Katastrophe zu Grunde gegangen sein müssen.
Die Gebäude können unmöglich von diesen Steinen
ohne ein Verbindungsmittel gebaut worden sein, und
vermuthe ich, dass es blosse Erde gewesen ist, denn
von Kalk oder Cement finde ich keine Spur. Zwischen
den ungeheuern Steinmassen sind mehr oder we-
niger grosse Zwischenräume von sehr festem und oft
steinhartem Schutt, in welchem sehr viele Knochen,
Muscheln und Massen anderer Ueberbleibsel von Haus-
haltungen vorkommen. Von interessanten Gegenständen
irgendwelcher Art war aber in der ganzen 70 Meter
langen, 5 Meter hohen Schuttwand, ausser einer kleinen
herrlich gearbeiteten, aber vom Rost zerstörten silbernen
Haar- oder Tuchnadel noch keine Spur gefunden, als
heute in derselben, in 14 Meter senkrechter Tiefe, ein
8 Centimeter langes, 6 Centimeter breites schön geschlif-
fenes Stück Glimmerschiefer mit Mulden zum Giessen
von zwei Brustnadeln und zwei andern mir ganz unbe-
kannten Schmucksachen — alles höchst phantastischer
Art — gefunden wurde; ferner eine leider ganz zer-
brochene Grab- oder Wasserurne mit Verzierungen in
der Form von zwei flachen Kränzen, die ganz herum-
gehen; es muss dieselbe eine Höhe von 1½ Meter und
und eine Breite von wenigstens 70 Centimeter gehabt
haben. In den beiden Kränzen ist eine ununterbrochene
Reihe Keileindrücke, die auf den ersten Blick ent-
schieden assyrische Keilinschriften zu sein scheinen. Bei
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