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Schliemann, Heinrich: Trojanische Alterthümer. Bericht über die Ausgrabungen in Troja. Leipzig, 1874.

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ausgrabungen in ILIEON KOME.
vorkommt und beidemal auch nur "einritzen" bedeutet,
so bin ich dennoch fest überzeugt, dass im alten Troja
die Buchstabenschrift bekannt war, und ich hege die
bestimmteste Hoffnung, im nächsten Frühjahr durch In-
schriften und durch andere Monumente, die keinem
Zweifel unterliegen können, zu beweisen, dass ich die
Trümmer des lange theoretisch aufgesuchten Troja end-
lich praktisch, in 33 Fuss Tiefe, seit vorgestern aufzu-
decken angefangen habe. Von allem, was ich finde,
werde ich natürlich die getreueste und sorgfältigste Be-
schreibung geben.

Meine Ausgrabungen von Ilieon kome sind, wie
übrigens nicht anders zu erwarten war, entschieden un-
günstig für Strabo und Demetrius von Skepsis ausge-
fallen, denn die kleine, weit fortlaufende, steile Anhöhe
enthält keine Spur von Mauer und besteht aus grobem
Sand ohne die geringste Beimischung von Schutt. Auch
glaube ich, gegen die Behauptung des Besitzers von
Thymbria, meines geehrten Freundes Herrn Frederik
Calvert, nicht an die Existenz einer heissen Quelle am
Fusse der Anhöhe von Ilieon kome, denn mit einem
Thermometer in der Hand habe ich jetzt den ganzen
Sumpf untersucht und finde nirgends, weder im stehenden
noch im fliessenden Wasser, den geringsten Temperatur-
unterschied. Kalte Quellen gibt es dort jedenfalls mehr
als eine, aber erst nach völliger Austrocknung des
Sumpfes, welcher jetzt aus schwimmenden Inseln be-
steht, wird es möglich sein, die Zahl derselben anzu-
geben.

Wenn ich nun das Ergebniss meiner Ausgrabungen
zusammenfasse, so fand ich nur nahe an der Oberfläche

ausgrabungen in ἸΛΙΕΩΝ ΚΩΜΗ.
vorkommt und beidemal auch nur „einritzen“ bedeutet,
so bin ich dennoch fest überzeugt, dass im alten Troja
die Buchstabenschrift bekannt war, und ich hege die
bestimmteste Hoffnung, im nächsten Frühjahr durch In-
schriften und durch andere Monumente, die keinem
Zweifel unterliegen können, zu beweisen, dass ich die
Trümmer des lange theoretisch aufgesuchten Troja end-
lich praktisch, in 33 Fuss Tiefe, seit vorgestern aufzu-
decken angefangen habe. Von allem, was ich finde,
werde ich natürlich die getreueste und sorgfältigste Be-
schreibung geben.

Meine Ausgrabungen von Ἰλιέων κώμη sind, wie
übrigens nicht anders zu erwarten war, entschieden un-
günstig für Strabo und Demetrius von Skepsis ausge-
fallen, denn die kleine, weit fortlaufende, steile Anhöhe
enthält keine Spur von Mauer und besteht aus grobem
Sand ohne die geringste Beimischung von Schutt. Auch
glaube ich, gegen die Behauptung des Besitzers von
Thymbria, meines geehrten Freundes Herrn Frederik
Calvert, nicht an die Existenz einer heissen Quelle am
Fusse der Anhöhe von Ἰλιέων κώμη, denn mit einem
Thermometer in der Hand habe ich jetzt den ganzen
Sumpf untersucht und finde nirgends, weder im stehenden
noch im fliessenden Wasser, den geringsten Temperatur-
unterschied. Kalte Quellen gibt es dort jedenfalls mehr
als eine, aber erst nach völliger Austrocknung des
Sumpfes, welcher jetzt aus schwimmenden Inseln be-
steht, wird es möglich sein, die Zahl derselben anzu-
geben.

Wenn ich nun das Ergebniss meiner Ausgrabungen
zusammenfasse, so fand ich nur nahe an der Oberfläche

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[39/0105] ausgrabungen in ἸΛΙΕΩΝ ΚΩΜΗ. vorkommt und beidemal auch nur „einritzen“ bedeutet, so bin ich dennoch fest überzeugt, dass im alten Troja die Buchstabenschrift bekannt war, und ich hege die bestimmteste Hoffnung, im nächsten Frühjahr durch In- schriften und durch andere Monumente, die keinem Zweifel unterliegen können, zu beweisen, dass ich die Trümmer des lange theoretisch aufgesuchten Troja end- lich praktisch, in 33 Fuss Tiefe, seit vorgestern aufzu- decken angefangen habe. Von allem, was ich finde, werde ich natürlich die getreueste und sorgfältigste Be- schreibung geben. Meine Ausgrabungen von Ἰλιέων κώμη sind, wie übrigens nicht anders zu erwarten war, entschieden un- günstig für Strabo und Demetrius von Skepsis ausge- fallen, denn die kleine, weit fortlaufende, steile Anhöhe enthält keine Spur von Mauer und besteht aus grobem Sand ohne die geringste Beimischung von Schutt. Auch glaube ich, gegen die Behauptung des Besitzers von Thymbria, meines geehrten Freundes Herrn Frederik Calvert, nicht an die Existenz einer heissen Quelle am Fusse der Anhöhe von Ἰλιέων κώμη, denn mit einem Thermometer in der Hand habe ich jetzt den ganzen Sumpf untersucht und finde nirgends, weder im stehenden noch im fliessenden Wasser, den geringsten Temperatur- unterschied. Kalte Quellen gibt es dort jedenfalls mehr als eine, aber erst nach völliger Austrocknung des Sumpfes, welcher jetzt aus schwimmenden Inseln be- steht, wird es möglich sein, die Zahl derselben anzu- geben. Wenn ich nun das Ergebniss meiner Ausgrabungen zusammenfasse, so fand ich nur nahe an der Oberfläche

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Zitationshilfe: Schliemann, Heinrich: Trojanische Alterthümer. Bericht über die Ausgrabungen in Troja. Leipzig, 1874, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schliemann_trojanische_1874/105>, abgerufen am 02.05.2024.