was einen bedeutenden Einfluß haben kann, so ist dieß in jedem einzelnen Falle eine höchst wichtige und bedeutende Untersuchung, die eben auf die Constituirung des Textes keinen Einfluß hat. So hat der Socinianer Crell zu beweisen gesucht, theou en o logos sei die ursprüngliche Leseart. Giebt man dieser Stelle dogmatische Wichtigkeit, so ist es eine wichtige Frage, ob die Leseart echt ist oder nicht. Aber indem Crell dieß zu beweisen sucht aus der Art wie die Stelle gebraucht wird und aus den Vorstellungen die in den Schriften der ältesten Kirchenlehrer ent- halten sind, so liegt der ganze Streit jenseits der Constituirung des Textes. Es ist dieß nur ein Ausnahmsfall, wo anderweitige Data auf Anderes schließen lassen, als die Abschriften geben. Ließe es sich auch durchaus beweisen, so dürfte man es doch wol nicht in den Text aufnehmen, weil es ein anderes constituirtes Element wäre, als der übrige Text, eine Conjectur. Überhaupt aber sind unter den eigentlichen Varianten nur wenige, welche ein bedeutendes dogmatisches Interesse haben.
Wenn wir nun aber von dem philologischen Interesse aus- gehen, und uns so auf den unmittelbar kritischen Standpunkt stellen, so daß es uns vorzugsweise darauf ankommt, den Sprach- gebrauch der einzelnen neutestam. Schriftsteller festzustellen, so können wir nur zurückgehen wollen auf das was mit Sicherheit zu bestimmen ist. Vergeblich werden wir versuchen, uns auf den Standpunkt der ursprünglichen Leser der einzelnen Schriften zu versezen, und eben so vergeblich, den Standpunkt der ersten Leser der Sammlung zu erreichen. Die Differenzen sind älter, als die Sammlung. Nur annäherungsweise können wir auf eine Zeit zurückgehen, worüber wir schon kritische Angaben und Urkunden genug aufzuweisen haben. Aber wenn wir dann dar- nach fragen, was zu einer bestimmten Zeit die verbreitetste Gestalt des N. T. war, so werden wir doch nie rein Gleichmäßiges finden, sondern immer Verschiedenes neben einander.
In Beziehung nun auf die zweifache Art der kritischen Aus- gabe des N. T., entweder einen gleichförmigen Text von einer
was einen bedeutenden Einfluß haben kann, ſo iſt dieß in jedem einzelnen Falle eine hoͤchſt wichtige und bedeutende Unterſuchung, die eben auf die Conſtituirung des Textes keinen Einfluß hat. So hat der Socinianer Crell zu beweiſen geſucht, ϑεοῦ ἦν ὁ λὁγος ſei die urſpruͤngliche Leſeart. Giebt man dieſer Stelle dogmatiſche Wichtigkeit, ſo iſt es eine wichtige Frage, ob die Leſeart echt iſt oder nicht. Aber indem Crell dieß zu beweiſen ſucht aus der Art wie die Stelle gebraucht wird und aus den Vorſtellungen die in den Schriften der aͤlteſten Kirchenlehrer ent- halten ſind, ſo liegt der ganze Streit jenſeits der Conſtituirung des Textes. Es iſt dieß nur ein Ausnahmsfall, wo anderweitige Data auf Anderes ſchließen laſſen, als die Abſchriften geben. Ließe es ſich auch durchaus beweiſen, ſo duͤrfte man es doch wol nicht in den Text aufnehmen, weil es ein anderes conſtituirtes Element waͤre, als der uͤbrige Text, eine Conjectur. Überhaupt aber ſind unter den eigentlichen Varianten nur wenige, welche ein bedeutendes dogmatiſches Intereſſe haben.
Wenn wir nun aber von dem philologiſchen Intereſſe aus- gehen, und uns ſo auf den unmittelbar kritiſchen Standpunkt ſtellen, ſo daß es uns vorzugsweiſe darauf ankommt, den Sprach- gebrauch der einzelnen neuteſtam. Schriftſteller feſtzuſtellen, ſo koͤnnen wir nur zuruͤckgehen wollen auf das was mit Sicherheit zu beſtimmen iſt. Vergeblich werden wir verſuchen, uns auf den Standpunkt der urſpruͤnglichen Leſer der einzelnen Schriften zu verſezen, und eben ſo vergeblich, den Standpunkt der erſten Leſer der Sammlung zu erreichen. Die Differenzen ſind aͤlter, als die Sammlung. Nur annaͤherungsweiſe koͤnnen wir auf eine Zeit zuruͤckgehen, woruͤber wir ſchon kritiſche Angaben und Urkunden genug aufzuweiſen haben. Aber wenn wir dann dar- nach fragen, was zu einer beſtimmten Zeit die verbreitetſte Geſtalt des N. T. war, ſo werden wir doch nie rein Gleichmaͤßiges finden, ſondern immer Verſchiedenes neben einander.
In Beziehung nun auf die zweifache Art der kritiſchen Aus- gabe des N. T., entweder einen gleichfoͤrmigen Text von einer
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was einen bedeutenden Einfluß haben kann, ſo iſt dieß in jedem
einzelnen Falle eine hoͤchſt wichtige und bedeutende Unterſuchung,
die eben auf die Conſtituirung des Textes keinen Einfluß hat.
So hat der Socinianer Crell zu beweiſen geſucht, ϑεοῦ ἦν ὁ
λὁγος ſei die urſpruͤngliche Leſeart. Giebt man dieſer Stelle
dogmatiſche Wichtigkeit, ſo iſt es eine wichtige Frage, ob die
Leſeart echt iſt oder nicht. Aber indem Crell dieß zu beweiſen
ſucht aus der Art wie die Stelle gebraucht wird und aus den
Vorſtellungen die in den Schriften der aͤlteſten Kirchenlehrer ent-
halten ſind, ſo liegt der ganze Streit jenſeits der Conſtituirung
des Textes. Es iſt dieß nur ein Ausnahmsfall, wo anderweitige
Data auf Anderes ſchließen laſſen, als die Abſchriften geben.
Ließe es ſich auch durchaus beweiſen, ſo duͤrfte man es doch wol
nicht in den Text aufnehmen, weil es ein anderes conſtituirtes
Element waͤre, als der uͤbrige Text, eine Conjectur. Überhaupt
aber ſind unter den eigentlichen Varianten nur wenige, welche
ein bedeutendes dogmatiſches Intereſſe haben.
Wenn wir nun aber von dem philologiſchen Intereſſe aus-
gehen, und uns ſo auf den unmittelbar kritiſchen Standpunkt
ſtellen, ſo daß es uns vorzugsweiſe darauf ankommt, den Sprach-
gebrauch der einzelnen neuteſtam. Schriftſteller feſtzuſtellen, ſo
koͤnnen wir nur zuruͤckgehen wollen auf das was mit Sicherheit
zu beſtimmen iſt. Vergeblich werden wir verſuchen, uns auf
den Standpunkt der urſpruͤnglichen Leſer der einzelnen Schriften
zu verſezen, und eben ſo vergeblich, den Standpunkt der erſten
Leſer der Sammlung zu erreichen. Die Differenzen ſind aͤlter,
als die Sammlung. Nur annaͤherungsweiſe koͤnnen wir auf
eine Zeit zuruͤckgehen, woruͤber wir ſchon kritiſche Angaben und
Urkunden genug aufzuweiſen haben. Aber wenn wir dann dar-
nach fragen, was zu einer beſtimmten Zeit die verbreitetſte Geſtalt
des N. T. war, ſo werden wir doch nie rein Gleichmaͤßiges finden,
ſondern immer Verſchiedenes neben einander.
In Beziehung nun auf die zweifache Art der kritiſchen Aus-
gabe des N. T., entweder einen gleichfoͤrmigen Text von einer
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Schleiermacher, Friedrich: Hermeneutik und Kritik. Berlin, 1838, S. 309. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleiermacher_hermeneutik_1838/333>, abgerufen am 22.12.2024.
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