lagen jetzt so häufigen Schneebeere (Symphoricarpos racemosa) ent- fernt, so stößt man auf eine Masse, welche aus kleinen, etwas schlüpf- rigen, glänzend weißen Körnchen besteht. Jedes davon ist eine ein- zelne vollständige Zelle. (Taf. I. Fig. 1.) Wenn man die derbere Oberhaut von dem Blatte einer Gartennelke abzieht, so findet man darunter ein sammtartiges grünes Gewebe, von welchem sich leicht et- was abschaben läßt. Dieses vertheilt sich im Wasser zu kleinen grünen Pünctchen; auch diese sind vollständige Zellen, welche sich von den vorigen nur dadurch unterscheiden, daß sie außer einem zähen gelb- lichen und einem flüssigen wasserhellen Safte noch grün gefärbte Kör- ner enthalten. (Taf. I. Fig. 2.) -- Beide Arten von Zellen und ähnlich alle lebendig vegetirenden Zellen haben das gemein, daß ihre Wand aus einer doppelten Schicht besteht, einer festeren farblosen, der eigent- lichen Zellenhaut und einer halbflüssigen zähen etwas gelblichen Sub- stanz, welche die innere Fläche jener Zellenhaut vollkommen überzieht und so die Zelle auskleidet. Diese letztere Schicht ist aufs Engste mit dem Leben der Zelle verknüpft. Nicht selten findet man sie ohne daß sie sich gerade nothwendig von der Zellenwand entfernt, ganz oder in einzelnen etwas dickeren streifenartigen Partien in einer fortströmenden Bewegung, die man die Circulation des Zellensaftes nennt. Die eigentliche Zellenwand ist eine aus Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff gebildete Substanz, der Zellstoff; die halbflüssige Ausklei- dung dagegen, von Hugo von Mohl Primordialschlauch genannt, ent- hält außerdem noch Stickstoff. Man kann sie leicht dadurch deutlicher machen, daß man eine Zelle mit etwas Salpetersäure betupft, denn da sie ein dem Eiweiß sehr ähnlicher Stoff ist, so gerinnt sie durch die Einwirkung der Säure und zieht sich zusammen, so daß sie dann wie ein loses Säckchen in der Zelle liegt. (Taf. I. Fig. 3.) --
Ueber die Entstehung der Zelle ist man noch keineswegs völlig im Reinen, so viel ist gewiß, daß dabei ein eigenthümliches dem Pri- mordialschlauch angehöriges Körperchen, der Zellenkern genannt (Taf. I. Fig. 1, a.), eine sehr wesentliche Rolle spielt.
Diese Zellen schließen sich nun bei weiterer Entwicklung dicht
lagen jetzt ſo häufigen Schneebeere (Symphoricarpos racemosa) ent- fernt, ſo ſtößt man auf eine Maſſe, welche aus kleinen, etwas ſchlüpf- rigen, glänzend weißen Körnchen beſteht. Jedes davon iſt eine ein- zelne vollſtändige Zelle. (Taf. I. Fig. 1.) Wenn man die derbere Oberhaut von dem Blatte einer Gartennelke abzieht, ſo findet man darunter ein ſammtartiges grünes Gewebe, von welchem ſich leicht et- was abſchaben läßt. Dieſes vertheilt ſich im Waſſer zu kleinen grünen Pünctchen; auch dieſe ſind vollſtändige Zellen, welche ſich von den vorigen nur dadurch unterſcheiden, daß ſie außer einem zähen gelb- lichen und einem flüſſigen waſſerhellen Safte noch grün gefärbte Kör- ner enthalten. (Taf. I. Fig. 2.) — Beide Arten von Zellen und ähnlich alle lebendig vegetirenden Zellen haben das gemein, daß ihre Wand aus einer doppelten Schicht beſteht, einer feſteren farbloſen, der eigent- lichen Zellenhaut und einer halbflüſſigen zähen etwas gelblichen Sub- ſtanz, welche die innere Fläche jener Zellenhaut vollkommen überzieht und ſo die Zelle auskleidet. Dieſe letztere Schicht iſt aufs Engſte mit dem Leben der Zelle verknüpft. Nicht ſelten findet man ſie ohne daß ſie ſich gerade nothwendig von der Zellenwand entfernt, ganz oder in einzelnen etwas dickeren ſtreifenartigen Partien in einer fortſtrömenden Bewegung, die man die Circulation des Zellenſaftes nennt. Die eigentliche Zellenwand iſt eine aus Kohlenſtoff, Waſſerſtoff und Sauerſtoff gebildete Subſtanz, der Zellſtoff; die halbflüſſige Ausklei- dung dagegen, von Hugo von Mohl Primordialſchlauch genannt, ent- hält außerdem noch Stickſtoff. Man kann ſie leicht dadurch deutlicher machen, daß man eine Zelle mit etwas Salpeterſäure betupft, denn da ſie ein dem Eiweiß ſehr ähnlicher Stoff iſt, ſo gerinnt ſie durch die Einwirkung der Säure und zieht ſich zuſammen, ſo daß ſie dann wie ein loſes Säckchen in der Zelle liegt. (Taf. I. Fig. 3.) —
Ueber die Entſtehung der Zelle iſt man noch keineswegs völlig im Reinen, ſo viel iſt gewiß, daß dabei ein eigenthümliches dem Pri- mordialſchlauch angehöriges Körperchen, der Zellenkern genannt (Taf. I. Fig. 1, a.), eine ſehr weſentliche Rolle ſpielt.
Dieſe Zellen ſchließen ſich nun bei weiterer Entwicklung dicht
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lagen jetzt ſo häufigen Schneebeere (Symphoricarpos racemosa) ent-
fernt, ſo ſtößt man auf eine Maſſe, welche aus kleinen, etwas ſchlüpf-
rigen, glänzend weißen Körnchen beſteht. Jedes davon iſt eine ein-
zelne vollſtändige Zelle. (Taf. I. Fig. 1.) Wenn man die derbere
Oberhaut von dem Blatte einer Gartennelke abzieht, ſo findet man
darunter ein ſammtartiges grünes Gewebe, von welchem ſich leicht et-
was abſchaben läßt. Dieſes vertheilt ſich im Waſſer zu kleinen grünen
Pünctchen; auch dieſe ſind vollſtändige Zellen, welche ſich von den
vorigen nur dadurch unterſcheiden, daß ſie außer einem zähen gelb-
lichen und einem flüſſigen waſſerhellen Safte noch grün gefärbte Kör-
ner enthalten. (Taf. I. Fig. 2.) — Beide Arten von Zellen und ähnlich
alle lebendig vegetirenden Zellen haben das gemein, daß ihre Wand
aus einer doppelten Schicht beſteht, einer feſteren farbloſen, der eigent-
lichen Zellenhaut und einer halbflüſſigen zähen etwas gelblichen Sub-
ſtanz, welche die innere Fläche jener Zellenhaut vollkommen überzieht
und ſo die Zelle auskleidet. Dieſe letztere Schicht iſt aufs Engſte mit
dem Leben der Zelle verknüpft. Nicht ſelten findet man ſie ohne daß
ſie ſich gerade nothwendig von der Zellenwand entfernt, ganz oder in
einzelnen etwas dickeren ſtreifenartigen Partien in einer fortſtrömenden
Bewegung, die man die Circulation des Zellenſaftes nennt. Die
eigentliche Zellenwand iſt eine aus Kohlenſtoff, Waſſerſtoff und
Sauerſtoff gebildete Subſtanz, der Zellſtoff; die halbflüſſige Ausklei-
dung dagegen, von Hugo von Mohl Primordialſchlauch genannt, ent-
hält außerdem noch Stickſtoff. Man kann ſie leicht dadurch deutlicher
machen, daß man eine Zelle mit etwas Salpeterſäure betupft, denn
da ſie ein dem Eiweiß ſehr ähnlicher Stoff iſt, ſo gerinnt ſie durch die
Einwirkung der Säure und zieht ſich zuſammen, ſo daß ſie dann wie
ein loſes Säckchen in der Zelle liegt. (Taf. I. Fig. 3.) —
Ueber die Entſtehung der Zelle iſt man noch keineswegs völlig im
Reinen, ſo viel iſt gewiß, daß dabei ein eigenthümliches dem Pri-
mordialſchlauch angehöriges Körperchen, der Zellenkern genannt
(Taf. I. Fig. 1, a.), eine ſehr weſentliche Rolle ſpielt.
Dieſe Zellen ſchließen ſich nun bei weiterer Entwicklung dicht
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Schleiden, Matthias Jacob: Die Pflanze und ihr Leben. Leipzig, 1848, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schleiden_pflanze_1848/56>, abgerufen am 04.05.2024.
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